„Krokodil entsorgt“ – so lautet vor einigen Tagen eine Pressemitteilung aus dem Polizeipräsidium Konstanz. Spaziergänger hatten das Reptil im Bereich einer Baustelle im Schwenninger Mühlweg gefunden und die Polizei verständigt.
Reptil lebt nicht mehr
Die Beamten stellten fest, dass das etwa einen Meter lange Tier augenscheinlich gar nicht mehr lebte. Letztlich wurde die Tierrettung Südbaden verständigt, die zwei Helfer zur Abholung schickte. Zu retten hatten die Ehrenamtlichen jedoch tatsächlich nichts mehr. Das Reptil war tot und wurde der Tierkörperbeseitigung übergeben.
Wie aber kam das Krokodil in den Mühlweg? Und weshalb entsorgt jemand ein Tierpräparat, das man vermutlich auch einem Museum oder einer Schule schenken könnte? Beim Polizeirevier Schwenningen jedenfalls sind – Stand 11. Mai – noch keine Hinweise auf den Besitzer des präparierten Reptils eingegangen, wie eine Nachfrage ergab.
Verwesungsgeruch
Eine Nachfrage bei der Tierrettung Südbaden ergibt: Das Tier war nicht professionell präpariert, im Gegenteil. Das Schwanzende war abgeschnitten, offenbar mit dem Ziel, die Organe zu entnehmen. Und: Es war vor nicht allzu langer Zeit noch am Leben, denn den Helfern schlug Verwesungsgeruch entgegen.
Zwei Helfer rücken aus
„Das roch extrem. Im Inneren waren noch Reste“, sagt Bernd Metzger. Er ist Vorsitzender der Tierrettung mit Sitz in Radolfzell. Fünf Ehrenamtliche sind im Schwarzwald-Baar-Kreis aktiv. Zwei von ihnen waren ausgerückt, um das Krokodil zu bergen.
Wobei es sich streng genommen um gar kein Krokodil handelte: „Ich würde sagen, das ist ein Brillenkaiman, so weit man das auf dem Foto erkennen kann“, erklärt Stefan Broghammer aus Weigheim.

Der Reptilienexperte ist seit mehr als 30 Jahren Terraristik-Händler. Brillenkaimane wiederum gehören zur Familie der Alligatoren. Mit seiner Länge von einem Meter dürfte das Tier etwa zehn Jahre alt gewesen sein, schätzt Broghammer. Der 50-Jährige beschäftigt sich schon „praktisch mein ganzes Leben lang“ mit Reptilien. Sein erster eigener Exot: Ein Königspython namens Cleo, die vor drei Jahren starb.
Krokodile wachsen ihr Leben lang, sagt er. Erst schnell, später geht es nicht mehr so rasant. Die Tiere würden nur selten als Haustier gehalten, schon aus dem einfachen Grund, dass sie unheimlich viel Platz bräuchten.
Meist lebendige Tiere
Mit Exoten haben die Helfer der Tierrettung Südbaden oft zu tun, sagt Bernd Metzger: Schlangen, Echsen, Schildkröten seien es zumeist, und „alle zehn Jahre mal ein Affe“. In 98 Prozent der Fälle seien es aber lebendige Tiere. Der ausgestopfte und für lebend gehaltene Fuchs, zu dessen Bergung die Helfer auch schon gerufen wurden, habe eher Seltenheitswert. Ein Tier jedoch, an dem sich ein Möchtegern-Präparator versucht hat – das hat Bernd Metzger in vielen Jahren Tierrettung noch nie erlebt.
Präparieren ist aufwändig
„Wenn man das nicht fachmännisch macht, setzt ja der Verwesungsprozess ein“, sagt er. Aus diesem Grund hatte der Schwenninger Kaiman auch intensiven Geruch ausgeströmt – vermutlich der Grund, warum er einfach so entsorgt wurde. Lässt man ein Tier von einem Fachmann präparieren, muss man mit Kosten im mindestens dreistelligen Bereich rechnen. „Ich habe vor 25 Jahren mal ein kleines Krokodil präparieren lassen“, erinnert sich Stefan Broghammer. „Das kostete damals schon um die 500 Mark.“
Heute bewegt man sich im vierstelligen Bereich. Für das Präparat eines Tieres von der Größe des Brillenkaimans müsse man mit rund 1000 Euro rechnen, sagt Manfred Erdeljan aus Kappel. Er ist seit mehr als 30 Jahren staatlich-zoologisch anerkannter Präparator. Kaum ein Tier, das er noch nicht für die Ewigkeit aufbereitet hat.
Mehrere Tage Arbeit
Eine aufwändige Arbeit: Zunächst werde die Haut abgezogen, gesalzen, desinfiziert und getrocknet. Eine spezialisierte Gerberei verarbeitet sie zunächst weiter. „Das mache ich nicht selber, das ginge gar nicht“, sagt Manfred Erdeljan. „Zurück kommt die Haut ganz sauber, wie feuchtes Leder“, erklärt er. Dann beginnt die eigentliche Arbeit, für ein normal großes Tier rechnet er zwei bis drei Tage. Die Hülle wird mit einem Kunststoffkörper gefüllt, es wird modelliert und Glasaugen werden eingesetzt – bis zum Schluss das Standbild eines Wildtieres geschaffen ist.