Die Industrie hat weiter Flächenhunger, aber in Villingen-Schwenningen werden die verfügbaren Flächen für Gewerbe- und Industrieansiedlungen immer knapper.

„Die Nachfrage ist ungebrochen. Es drohen einige Betriebe abzuwandern“, berichtete Karsten Frech von der städtischen Wirtschaftsförderung im Gemeinderat.

Potenzial für neue Flächen ist zwar im Blick, aber es gibt dabei noch so manche Hürden.

Der klassische Konflikt

Das Thema neue Gewerbe- und Industrieflächen ist im Gemeinderat umstritten. Die Grünen drängen darauf, dass der Flächenverbrauch in Villingen-Schwenningen aus Umwelt- und Klimaschutzgründen gebremst und eines Tags auf Null gebracht wird.

Die meisten anderen Fraktionen sind der Auffassung, das es ohne neue Gewerbeflächen nicht gehen wird, will man Wohlstand und Arbeitsplätze erhalten.

Das Stadtplanungsamt mit Matthias Hausmann und die Wirtschaftsförderung der Stadt (WIR-GmbH) legten jetzt dem Gemeinderat auf Antrag der Freien Wähler-Fraktion einen Sachstandsbericht zum Konzept ihrer Gewerbeflächenentwicklung vor.

Hier gibt es noch Reserveflächen

Daraus wurde deutlich: Die größten gewerblichen Flächenreserven der Stadt liegen im Zentralbereich zwischen Schwarzwald-Baar-Klinik und der Schwenninger Steig neben der Landesstraße 173.

Hier sind die Flächen aber vor allem für Dienstleister im Bereich Gesundheitsbranche und Wissenschaft vorgesehen.

Für produzierende Betriebe mit einem größeren Flächenbedarf steht im Bereich Salzgrube noch eine erschlossene Fläche von 9,5 Hektar zur Verfügung. Im Bereich Nunnensteig gibt es noch ein paar kleinere Flächen.

Vogelperspektive auf den mittleren Zentralbereich zwischen Villingen und Schwenningen. Links der Landesstraße 173 gibt es zwischen dem ...
Vogelperspektive auf den mittleren Zentralbereich zwischen Villingen und Schwenningen. Links der Landesstraße 173 gibt es zwischen dem Klinikum (oben) und dem Wildi-Kreisverkehr (unten) auch noch größere Gewerbeflächen für Dienstleistungsbetriebe (Archivbild Juli 2023). | Bild: Hans-Jürgen Götz

Weitere 15 Hektar sind zwar im Gebiet „Salzgrube“ im Flächennutzungsplan der Stadt ausgewiesen. Doch um diese zu aktivieren, wären umfangreiche planerische Vorbereitungen sowie ein Ausbau des Straßennetzes erforderlich.

Zumal die Stadt auf der gegenüberliegenden Seite des Nordrings auch noch ein großes Wohngebiet im „Lämmlisgrund“ plant. Um den daraus erwartbaren zusätzlichen Straßenverkehr aufzufangen, muss nach Überzeugung der Stadtplaner der Nordring ausgebaut werden.

Sofortmaßahme in der Salzgrube

Das alles kostet viel Zeit. Als Sofortmaßnahme könnte indes eine 3,6 Hektar großen Teilfläche der „Salzgrube“ kurzfristig aktiviert werden und wäre bis Sommer 2025 verkaufsreif. „Der zweite Teil der Salzgrube ist eher langfristig zu sehen“, betonte Stadtplaner Hausmann.

Für den mittelfristigen Flächenbedarf hat das Planungsamt mittlerweile einen Prozess gestartet, um neue Gewerbe- und Industrieflächen zu identifiziert. Bis diese im Erfolgsfall aber in den Flächennutzungsplan aufgenommen werden können, dauert es mindestens zwei Jahre.

Zu wenig Personal für Gewerbebrachen

Ulrike Salat, die Fraktionssprecherin der Grünen, begrüßte den Bericht, zeigte sich aber enttäuscht, dass die Stadt nicht zusätzliches Personal einsetze, um brachliegende ältere Gewebeflächen stärker zu aktivieren.

Matthias Hausmann erklärte, die Vorstellung, dass sich eine Person im Planungsamt ausschließlich um die Belebung eines Altgebietes kümmere, „können wir mit unserem Personal nicht leisten“.

Wirtschaftsförderer Karsten Frech ergänzte, dass auch seine Abteilung in der Bestandspflege tätig sei. Doch aufgrund der Flächenzuschnitte von Bestandsimmobilien „gelingt es sehr selten, dass wir Angebot und Nachfrage zusammenbekommen“, beschreibt er die praktischen Schwierigkeiten.

Soll heißen: Mit der Idee, Industriebrachen zu verwerten, lässt sich die Nachfrage allein nicht befriedigen.

Andreas Flöß, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, rief dazu auf, bei der Ausweisung von Gewerbeflächen eine „große Lösung“ anzukurbeln. „Sonst machen es andere.“

Betriebe würden dann nach Bad Dürrheim, Niedereschach oder anderswo abwandern. Das Oberzentrum habe hier eine hoheitliche Aufgabe, den industriellen Schwerpunkt in der Region zu bilden.

Selbstverständlich mache es auch Sinn, leerstehende Gewerbeflächen wieder zu aktivieren, betonte Flöß. Ein gelungenes Beispiel sei der ehemalige Schlachthof in Schwenningen, wo ein moderner Dienstleistungsbereich entstanden sei.

Richtig seien auch Vorgaben der Stadt, damit Flächen nicht verschleudert werden. Einstöckige Garagenparks, die wie auf der Schwenninger Steig „die Landschaft verhunzen“, sollten möglichst verhindert werden.

Erfolge bei der Bestandspflege

Baubürgermeister Detlev Bührer unterstrich ebenfalls die Notwendigkeit der Bestandspflege. „Das sind wir dran.“

Dies sei sehr gut beim Schlachthof Schwenningen, beim neuen Gewerbepark Burger-Spritzguss in Villingen oder beim IVO-Baumer-Areal in Schwenningen gelungen.

Bei letzterem hatte der Gemeinderat eine Veränderungssperre verhängt, um das Areal für eine weitere gewerbliche Nutzung zu erhalten.

Aus alt mach neu: In den sanierten ehemaligen Werkshallen von Burger Spritzguss in der Golden-Bühl-Straße in Villingen entsteht neues ...
Aus alt mach neu: In den sanierten ehemaligen Werkshallen von Burger Spritzguss in der Golden-Bühl-Straße in Villingen entsteht neues Leben. Geplant ist eine „Art Factory“, eine neue Heimat für Firmen, Dienstleister und Kreative (Archivbild Mai 2023). | Bild: Burger, Tatjana

„Für die Zukunft ist es wichtig, Gewerbeflächen zu schaffen, damit die Menschen hier leben und arbeiten können“, betonte SPD-Fraktionschef Nicola Schurr.

Allerdings sollte die Stadt dem produzierenden Gewerbe den Vorrang vor der Ansiedlung weiterer Speditions-Unternehmen geben, die viel Fläche für vergleichsweise wenige Arbeitsplätze benötigten.