Sie geben sich als Polizisten aus, als Überbringer eines „Geldgewinns“ oder auch als Freund des angeblich in finanziellen Schwierigkeiten steckenden Enkels: Telefonbetrüger. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass im Pressebericht der Polizei über Betrugsmaschen am Telefon berichtet wird.

Leer geräumte Konten

Seit einiger Zeit besonders beliebt: der angebliche Microsoft-Mitarbeiter. Unter dem Vorwand, ein technisches Problem lösen zu wollen, verschafft er sich Zugang zum Rechner der Geschädigten, lässt sich Passwörter und Geheimzahlen nennen und räumt im schlimmsten Fall ein ganzes Bankkonto leer.

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Bei Hans-Georg Reinsch aus Villingen sind die Betrüger in der vergangenen Woche an den Falschen geraten. Er hat sich beim SÜDKURIER gemeldet und seine Geschichte erzählt. „Ich finde es wichtig, darauf aufmerksam zu machen, denn es fallen ja doch immer wieder Menschen auf diese linke Tour herein“, sagt er.

Anrufe an drei Tagen

An drei aufeinanderfolgenden Tagen hatten ihn angebliche Microsoft-Mitarbeiter angerufen, berichtet er. „Beim ersten Mal war es eine Frau, die auf Englisch los plapperte“, schilderte er. Als er ihr zu verstehen gab, dass er kein Englisch spreche, habe sie relativ schnell aufgelegt.

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Am folgenden Tag erneut ein Anruf: Wieder meldete sich ein Microsoft-jemand auf Englisch, wieder machte der Villinger klar, dass er kein Englisch spreche. „Dann hat der Anrufer in recht holprigem Deutsch erklärt, an meinem PC wäre etwas nicht in Ordnung“, sagt Hans-Georg Reinsch. Er machte sich einen Spaß daraus, dem Anrufer zu sagen, er habe gar keinen Computer. „Das stimmt zwar nicht, aber das ist ja egal“, sagt er lachend. Der angebliche Microsoft-Mitarbeiter legte auf.

Erneuter Anruf

Am dritten Tag dann erneut ein Anruf. Auf Reinsch‘ Hinweis, dass er kein Englisch spreche, gab man ihm zu verstehen, er solle in der Leitung bleiben, ein Deutsch sprechender Mitarbeiter werde geholt. „Die Warterei wurde mir dann zu dumm und ich habe aufgelegt“, schildert er. Wenig später rief erneut ein Mann an.

„Ich hab ihn reden lassen“

„Den hab‘ ich dann erstmal reden lassen, ich hatte richtig Lust, ihn zu veräppeln“, schildert der Villinger amüsiert. Zum Schluss der langen Ausführungen eröffnete er dem Mann erneut, dass er gar keinen Computer besitze. „Da wurde er dann etwas panisch und fragte, ob ich denn auch kein Laptop oder Tablet hätte.“ Als er wieder verneinte, legte der Mann schließlich auf.

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Seitdem ist Ruhe – wie lange, ist ungewiss. „Ich bin schon oft angerufen worden“, sagt Hans-Georg Reinsch. Eine Zeitlang sei Ruhe gewesen, jetzt klingle das Telefon wieder öfter.

Polizei registriert mehr Fälle

Sandra Kratzer von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz bestätigt auf Anfrage, dass der Polizei vermehrt Betrugsanrufe gemeldet werden. „Wir bemerken eine Zunahme der Fälle schon seit zwei bis drei Jahren, seit Beginn der Coronakrise aber noch häufiger.“ Ob es tatsächlich mehr Anrufe sind oder ob das daran liegt, dass momentan mehr Menschen zu Hause und damit erreichbar sind, lässt sich zwar kaum beurteilen, Fakt ist aber: Der Polizei werden verstärkt Fälle gemeldet.

Jeder Fall ist einer zu viel

Zwar würden die meisten Angerufenen die Masche durchschauen und sich auf kein Gespräch einlassen. Immer wieder können die Betrüger jedoch auch einen Erfolg für sich verbuchen. So etwa im vergangenen August, als ein 76-Jähriger um 20 000 Euro gebracht wurde, nachdem er einem angeblichen Microsoft-Mitarbeiter sensible Daten mitgeteilt hatte. Die Polizei versucht deshalb, durch Prävention möglichst viele Menschen zu erreichen. „Denn jeder Fall ist immer noch einer zu viel“, sagt Sandra Kratzer.

Betrugsmaschen und wie man sich schützen kann

Die Betrugsmaschen ähneln sich im Grunde, ihr Ziel ist ohnehin das gleiche: Arglose Angerufene um Geld oder Wertgegenstände zu bringen.

  • Die Betrugsmaschen: Neben falschen Polizeibeamten und angeblichen Microsoft-Mitarbeitern findet sich auch der Enkeltrick immer wieder im polizeilichen Vorkommnis. Teilweise werden die Maschen auch kombiniert, indem zuerst der Enkeltrick versucht wird. Scheitert dieser, rufen wenig später falsche Polizisten an und geben vor, im Fall des Enkeltricks zu ermitteln. Beim Enkeltrick rufen Betrüger Senioren an und berichten von einer angeblichen finanziellen Notlage eines Enkels. Das dringend benötigte Bargeld soll wenig später abgeholt werden. Auch falsche Gewinnversprechen, bei denen zunächst eine „Bearbeitungsgebühr“ bezahlt werden soll, gebe es häufig. Relativ neu sind Wohnungsannoncen auf Immobilienportalen, bei denen Traumwohnungen zum Schnäppchen-Mietpreis angeboten werden. Auf Nachfrage befindet sich der angebliche Wohnungseigentümer im Ausland. Nachdem eine Kaution überwiesen sei, werde er die Schlüssel per Post schicken – was natürlich nie geschieht. Ebenfalls relativ neu ist der Betrug mit Guthabenkarten, etwa von Amazon, iTunes oder Google Play. Dabei sollen die Angerufenen die Karten erwerben, damit in Vorkasse für einen Gewinn gehen und dem Anrufer den freigerubbelten Code nennen. Mit diesem wiederum kann dieser das bereits bezahlte Guthaben nutzen.
  • Das rät die Polizei: „Es ist wichtig, dass Jüngere ihre älteren Mitmenschen sensibilisieren“, sagt Polizeisprecherin Sandra Kratzer. „Das heißt, mit Oma und Opa sprechen und ihnen klarmachen: Bitte übergib nichts an der Tür, gib keine Infos und Daten am Telefon heraus, lass dich auf kein Gespräch ein.“ Die Betrüger seien rhetorisch zumeist sehr gut geschult und durchaus in der Lage, die Menschen in teilweise mehrstündigen Gesprächen dazu zu bringen, sensible Daten preiszugeben. „Man sollte in der Familie auch besprechen, wie reagiert wird, wenn zum Beispiel ein Enkel finanzielle Probleme hat.“ Dass also niemals ein angeblicher Freund am Telefon darum bitten wird, ihm wenig später an der Tür Bargeld auszuhändigen. Oft helfe es auch, gezielt nachzufragen, etwa, ob überhaupt an einem Gewinnspiel teilgenommen wurde.
  • Das Geld ist weg: Wenn der schlimmste Fall einritt und Menschen tatsächlich um ihr Geld gebracht werden, sind die Erfolgsaussichten gering, den Betrag jemals wieder zu bekommen. „Wenn Geld überwiesen wird, handelt es sich meist um ausländische Konten“, weiß Sandra Kratzer. „Da wird es extrem schwierig.“ Gleiches gelte für die Übergabe von Bargeld oder den Betrug mit Guthabenkarten.
  • Weitere Informationen: Auf einer eigens eingerichteten Internetseite hat die Polizei viele Tipps und Videos zusammengestellt, wie man sich vor Betrug schützen kann: http://www.polizei-beratung.de