Beim Wirtschaftsempfang der Stadt Villingen-Schwenningen sind in der Neckarhalle am Dienstagabend alle Krisen scheinbar wie ausgesperrt: Inflation? Die gereichten Häppchen gibt es gratis. Energiekrise? Mit Strahlern beleuchtete Säulen in der Halle tauchten das Szenario in betörend rotes Licht. Die Euro-Schwäche an den Devisenmärkten? Im Foyer prickelt Schampus in den Sektflöten.
Wie prickelnd sind die Aussichten im Oberzentrum aber nun wirklich?
Matthais Jendryschik, städtische Wirtschafts- und Tourismus GmbH
„Ja, die Situation ist tatsächlich besser, als viele meinen.“ Er kann seine Replik vor allem auf eigene Erfahrungen stützen. „Die heimische Wirtschaft ist bei uns stark, sie schaut nach vorne und erarbeitet sich viele Perspektiven“, sagt er.
Als Indikator verweist er auf die „hohe Nachfrage nach Gewerbegrundstücken“. Es seien vor allem Firmen aus der Region, die sich auf solche Offerten meldeten. „Dasa ist ein sehr positives Zeichen“, schloss er.
Birgit Hakenjos, IHK-Präsidentin
Ist die Lage besser als die Stimmung, Frau Präsidentin? „Ja, durchaus“, sagt Birgit Hakenjos, die auch Inhaberin eines mittelständischen Schwenninger Familienunternehmens ist, das Präzisionswerkzeuge herstellt. „Viele Firmen bei uns könnten die Herausforderungen managen.“ Sie erklärt das so: „Höhere Kosten können auch weitergegeben werden.“
„Wenn es einigen schlechter geht, heißt das noch lange nicht, dass es der gesamten Industrie schlecht geht.“ Beispiele für aus ihrer Sicht gesicherte Branchen zum Jahresfinale 2022? Sie antwortet: „Dem Maschinenbau geht es gut und beispielsweise auch der Verpackungsindustrie.“
Michael Steiger, Geschäftsführer Irish-Pub
„Das Jahr 2022 war gut“, sagt Michael Steiger, der sich seit vielen Jahren auch führend im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga engagiert.
Die Branche habe vom Geschäft mit Gesellschaften wie Hochzeiten profitieren können, „bei der Außenbewirtung habe das gute Wetter dazu beigetragen“, die Umsätze zu beflügeln. Er schickt ein Aber hinterher: Die Wirte hätten jetzt auch dringend eine gute Phase gebraucht. „Wir müssen Speck ansetzen“, sagt er mit Blick auf die Monate bis zum Frühjahr, die viele Ungewissheiten mit sich bringen.
Joachim Müller, Präsident Gewerbeverband Oberzentrum
„Die Lage ist ernst“, sagt der Architekt und verweist auf den aus seiner Sicht „kränkelnden Wohnungsbau“. Die gute Nachricht kommt im zweiten Satz. „Der Industriebau läuft sehr gut“, sagt er ohne weitere Einschränkungen.
Es gebe viele Planungen, die nach vorne zeigten, führt er aus und mischt dann noch eine grundsätzliche Positionierung hinzu: „Wichtig ist, ich bin positiv motiviert“, sagt er angesichts des krisenhaften Umfeldes wie stark steigenden Zinsen und Inflation. Diese Grundhaltung unterstreicht er gleich, mehrfach im Gespräch. Er lacht dazu auch und ergänzt: „Eine andere Stimmung führt doch zu gar nichts.“
Rainer Wagner, Geschäftsführer die Außenstelle der Handwerkskammer
Ist die Lage besser als die Stimmung? „Nein“, sagt er und erklärt: Auf den Handwerksbetrieben laste derzeit zur viel an Problemen. Er beschreibt das so: Zusätzlich zu Faktoren wie teurer gewordene Finanzierungen und eine „merkliche Zurückhaltung von privaten Auftraggebern“ erschwerten die internationalen Rahmenbedingungen einen guten Umsatz.
„Wer einen Kundenauftrag erhält, der hat aber noch nicht das Material dafür geliefert bekommen, das er als Handwerksbetrieb gerne verwenden möchte“, beschreibt er die Situation, die allerdings „von Gewerk zu Gewerk verschieden“ sein könne.