Donnerstag, 15. Oktober 2020. Der Tag, als Villingen-Schwenningen und der Landkreis Schwarzwald-Baar zum Corona-Risikogebiet wurden. Nachmittags am Donnerstag meldete das Landesgesundheitsamt die entscheidende Zahl ins Landratsamt in Villingen: Die Region hat bei der Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 50 erreicht. 50,5, 50,6 waren es zunächst.
Der neue Corona-Wert
Gegen Abend dann die 56,0. Das ist der Wert, bei den sich der Landkreis Schwarzwald-Baar am Donnerstag einpendelte. Damit ist die Region ein Corona-Risikogebiet: Erste Folgen: Maskengebot auf allen Wochenmärkten aber noch nicht in den Citys. Viele Veranstaltungen müssen abgesagt werden. Elternabende werden virtuell abgehalten, wie jetzt schon am Deutenberg-Gymnasium. Auch Kitas sollen solche Treffen nur virtuell abhalten. Es geht immer darum, Ansteckungen zu unterbinden.
Gastronomie soll ab 23 Uhr im Landkreis schließen müssen: Sperrzeit. Auch ein Alkoholausschankverbot ab 23 Uhr ist dieser Maßnahme angeknüpft.
Neu auch: Die Regie für die Verfügung geht an den Landkreis über. Die Städte sind raus, müssen aber ihrerseits die Maßnahmen überwachen. Diese Kompetenzverschiebung vollzieht sich automatisch mit Überschreiten der 50er-Grenze bei den Neuinfektionen auf sieben Tage gerechnet.
Auch sogenannte Ansammlungen im öffentlichen Raum werden auf 10 Personen beschränkt. Aber: Das Demonstrations- und Kundgebungsrecht bleibt uneingeschränkt.
Befürchtet wird ein weiterer Anstieg der Zahlen am Wochenende. Dann hoffen die Verantwortlichen auf ein Nachlassen der stark ansteigenden Infektionszahlen – wenn die Maßnahmen ausreichen und greifen.
Auf der Kippe stehen nun zuvorderst Großveranstaltungen. Basketball in Schwenningen Freitagabend? Muss offensichtlich angesagt werden. Der kleine Kick auf dem Dorffußballplatz aber nicht, da im Freien und bis zu 100 Zuschauer sind möglich. Training mit Hallensportarten? Geht noch, da keine Zuschauer. Fitnessstudios? Privater Raum, aber mit gutem Hygienekonzept möglich.
Schon in der Nacht zum Donnerstag meldete das Robert-Koch-Institut in einer Übersicht für die baden-württembergischen Landkreise eine Sieben-Tage-Inzidenz von 45,2. Die Quote stellt einen Durchschnittswert dar und benennt die umgerechnete Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner . Der Landkreis hat aktuell rund 212.000 Einwohner. VS-Oberbürgermeister Jürgen Roth kommentierte schon um die Mittagszeit: „Das kommt was auf uns zu.“
Die Stadtverwaltung und die Kommunen im Kreis hatten schon am Mittwochabend eine Verfügung in Kraft gesetzt, die für die Übergangszeit galt: Eingeschränkte Privatfeiern waren dabei zunächst der einzige Punkt. Schon am Abend des Donnerstags war das hinfällig, die Zahlen waren wie befürchtet weiter angestiegen.
Die neue Corona-Verfügung des Landkreises gilt mit Beginn des Freitags, 16. Oktober. Noch in den Abendstunden wurde im Landratsamt an dem Text gefeilt, alles wurde geprüft und doppelt gecheckt. In den späten Abendstunden sollte das Papier stehen.
Die Zahl der aktuell an COVID-19 Infizierten lag am Donnerstagvormittag bei 124 Personen. Bislang notiert der Landkreis seit Ausbruch der Viruskrise Ende Februar, Anfang März insgesamt 826 amtlich festgestellte Infektionsfälle. 667 Personen davon gelten als genesen. 35 Todesfälle mussten in den vergangenen Monaten in Folge einer Corona-Infektion vom Gesundheitsamt verzeichnet werden.
Der Landesschnitt liegt bei 34,5 in der Sieben-Tage-Inzidenz. Die Nachbarkreise: Rottweil 20,0. Tuttlingen 36,2.Waldshut 11,1. Konstanz 15,0 (Quelle Robert-Koch-Institut, Zahlenbasis vom Mittwoch).
Deshalb die Steigerungen
Weshalb steigen im Schwarzwald-Baar-Kreis die Zahlen so stark an? Eine liegt in betroffenen Schulen und Kitas. Im Bereich Furtwangen ist eine Bildungseinrichtung geschlossen, in Brigachtal eine Kita. Hier wie dort gab es mehrere Corona-Infektionen. Diese breiteten sich auch weiter aus. Personal, Kinder und Eltern sind in Quarantäne, um diese Ansteckungskette zu brechen. In Furtwangen gab es zum Mittwoch 23 aktive Fälle, in Brigachtal elf. In Brigachtal sagt Bürgermeister Schmitt, alle dieser elf Fälle hätten ihren Ursprung in der geschlossenen Kita. Die Ansteckung soll sich bei einem Elternabend vollzogen haben. Hier sei eine infizierte, aber noch nicht getestete Person anwesend gewesen. Bei dem Abend steckten sich zunächst drei Erzieherinnen an. Beim Elternabend gab es Desinfektionsmittel, Anstandsgebot, Masken seien beim Betreten und Verlassen des Raums getragen worden. Teilnehmer berichten dem SÜDKURIER, die Fenster seien während des Treffens geöffnet gewesen.
Über das vergangene Wochenende hatten sich die Infektionszahlen zum Montag um 35 Fälle erhöht, zum Mittwoch dieser Woche stiegen sie um weitere 31 Fälle an.
Schon eine Woche zuvor herrschte Alarmstimmung im Oberzentrum. In der Schule des Teilorts Weigheim sowie an der Bickeberg- und Klosterringschule mussten Schulklassen in Quarantäne befohlen werden.
Nach wochenlanger Konzertvorbereitung unter strengen Hygienevorschriften muss das Konzert der Stadtmusik Schwenningen am Wochenende, 17. und 18. Oktober, nun abgesagt werden. Das geht aus einer Pressemitteilung der Stadtmusik hervor. Neben den steigenden Infektionszahlen sei dies erforderlich geworden, da ein Corona-Kontakt aufgetreten ist und die Stadtmusik möchte sich und ihre Zuhörer keinem Risiko aussetzen. Die Stadtmusik steht im Austausch mit dem Gesundheits- und Bürgeramt und wird alle erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. Die Musiker/innen sind zuversichtlich, dass diese Situation gemeinsam mit den zuständigen Ämtern gut bewältigt werden kann, heißt es weiter. Auch nach Rücksprache mit dem Kulturamt VS wurde dieser Schritt entschieden. Stadtmusikdirektor Wolfgang Wössner zeigt sich zu tiefst enttäuscht: „Im Frühjahr mussten wir unser Konzert drei Wochen vor dem eigentlichen Termin absagen und jetzt drei Tage vorher. Das ist für die Musiker und die Zuhörer, die sich auf dieses Konzert gefreut haben eine große Enttäuschung, aber die Gesundheit geht nun mal vor!“ Bereits gekaufte Konzertkarten können selbstverständlich zurückgegeben werden. Wann das Konzert nachgeholt werden kann, ist ungewiss. Sobald es die Situation erlaubt, soll ein neuer Konzerttermin geplant werden. Doch bis dorthin und für den Moment haben Gesundheit und der Schutz aller die oberste Priorität, heißt es abschließend.
Auch der Jazzclub Villingen hat die für Samstag geplante Konzertveranstaltung in der Markuskirche mit „Roger Hanschel & String Thing“ schweren Herzens abgesagt. Das Hotel teilte dem Jazzclub mit, dass die Kölner Musiker negative Corona-Tests vorlegen müssen, da sie aus einem Risikogebiet kommen.
Amt bittet um Unterstützung
Der Appell des Gesundheitsamtes lautet weiterhin an die Bürgerinnen und Bürger: „Prüfen Sie zusätzlich zu den nun ergriffenen Maßnahmen auch selbst, was derzeit noch angebracht ist und was nicht. Denken Sie bitte immer auch an die „AHA + A + L-Regel“ – Halten Sie Abstand! Beachten Sie die Hygiene! Tragen Sie eine Alltagsmaske! Nutzen Sie die Corona-Warn-App! Und ergänzend für die nun bevorstehenden kälteren Tage: Lüften Sie bitte regelmäßig! Weiter ist es angezeigt, vermehrt Kontakte zu reduzieren. Nur so können wir die Verbreitung des Coronavirus eindämmen. Bitte prüfen Sie, ob Termine, Veranstaltungen, Feiern oder Begegnungen wirklich erforderlich sind.“
Die Details zu den neuen Regeln: