Am Ende des Tages zeigt sich der Journalist Dirk Werner bestens gelaunt und überaus zufrieden auf dem Areal des ehemaligen Schwenninger Schlachthofes. Der Koordinator des Medienkunstfestivals „Instandsetzung VS“ hat auch allen Grund dazu. Er und seine Mitveranstalter, die Architekturstudentin Jill Bürk von der Universität Liechtenstein und der Furtwanger Professor für Musikdesign Norbert Schnell, können auf zwei erfolgreiche und sehr gut besuchte Tage zurückblicken.

Die Sängerin Pina Galofaro war als Teil der lebendigen Klanginstallation „Panta Rhei“ erleben. Bilder: Stefan Simon
Die Sängerin Pina Galofaro war als Teil der lebendigen Klanginstallation „Panta Rhei“ erleben. Bilder: Stefan Simon | Bild: Stefan Simon

Ein Festival auf einem seit zwei Jahrzehnten verlassenen Gelände und in Gebäuden, an denen nach 100 Jahren der Zahn der Zeit mehr als deutlich nagt, und das zu unsicheren Coronazeiten? Kann das gut gehen? Dirk Werner war im Vorfeld fest überzeugt davon: „Die Besucher erwartet bei dem Medienfestival etwas ganz Besonderes!“ Und er sollte mit seiner Vision recht behalten. Dafür haben auch die Rahmenbedingungen gestimmt. Ideales Wetter und ein bis ins Detail ausgereiftes Hygienekonzept boten dem Publikum ein besonderes Experimentierfeld, das das ehemalige Schlachthofgelände ganz wörtlich in neuem Licht zeigte.

Eine „interaktive Klanginstallation“ für die Besucher.
Eine „interaktive Klanginstallation“ für die Besucher. | Bild: Stefan Simon

Nicht unerheblich für das Gelingen des Projekts war auch die Unterstützung durch die Firmengruppe Haller, die das Gelände zur Verfügung stellte und als Mäzen fungierte. Das Areal wurde zudem radikal durchgeforstet und rund 300 Meter Bauzäune aufgestellt, um riskante Ausflüge auf dem Gelände zu verhindern. Allesamt notwendige Maßnahmen, die dem Besucher faszinierende Einblicke auf diesem für Fotografen überaus begehrten „Lost Place“ (am besten übersetzt mit aufgegebener Liegenschaft) ermöglichten.

So bunt sah das illuminierte das Gelände in der Nacht aus.
So bunt sah das illuminierte das Gelände in der Nacht aus. | Bild: Stefan Simon

Zunächst galt es zu Beginn des Rundgangs sich einen Überblick über die Historie dieses längst ungenutzten und vergessenen Areals zu verschaffen. Die Architekturstudentin Jill Bürk hat eine Ausstellung organisiert, bei der ein Video eines ehemaligen Mitarbeiters und Dokumente aus dem Stadtarchiv gezeigt wurden. Diese Ausstellung war dabei auch Teil der Fragestellung, wie zukünftig mit solchen verlassenen Geländen verfahren werden könnte. „Den Besuchern sollen die Potenziale des Ortes aufgezeigt werden“, so Bürk.

Dirk Werner ist der Mitinitiator des Kunstmedien-Festifals auf dem Schlachthof Schwenningen.
Dirk Werner ist der Mitinitiator des Kunstmedien-Festifals auf dem Schlachthof Schwenningen. | Bild: Stefan Simon

Derart eingestimmt führte der Parcours entlang unterschiedlicher Klang- und Lichtinstallationen durch den Charme morbider Vergänglichkeit gezeichneter Räume. Auch wenn die Architektur des ehemaligen Kühltraktes dem Verfall freigegeben scheint, medientechnisch zeigten sich die Installationen auf der Höhe der Zeit. Wobei der Faktor Zeit in vielen Kunstprojekten eine wesentliche Rolle spielte. So konnte man die Sängerin Pina Galofaro als Teil der lebendigen Klanginstallation „Panta Rhei“ erleben. Der Fluss der Zeit visualisierte das interdisziplinär arbeitende Künstlerkollektiv Shining, indem sie eine Momentaufnahme von Passanten über Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit spannte.

Eine künstlerische Farbintervention auf dem „Lost Place“ Schlachthof Schwenningen.
Eine künstlerische Farbintervention auf dem „Lost Place“ Schlachthof Schwenningen. | Bild: Stefan Simon

Auf einen essentiellen Aspekt der Jetztzeit ging Kevin Lesar mit seiner partizipativen Videoinstallation Mundfremd 0.2 ein. Der Furtwanger Student beschäftigte sich mit der Thematik der Maskenpflicht. Die Liveauftritte des Trios „BernsteinZimmer ft. t:u:s:k“ sorgten zudem am Abend für eine weitere schillernde Facette des Festivals.

Als „Initialzündung“ für das, was auf diesem Gelände zukünftig passieren soll, sehen die Veranstalter dieses Medienkunst-Festival. Wie geht es nun wirklich weiter mit dem Ort, der etwas von Schandfleck, Chance und pittoreskem Anblick hat? Eigentlich sollte der Abriss der alten Gebäude schon erfolgt sein. „Aber man verliebt sich ein bisschen in die Gegebenheiten“, gesteht Eigentümer Hans-Walter Haller. Nun sollen nicht nur das Verwaltungsgebäude sondern auch der Turm sowie ein Teil des Kühlhauses erhalten bleiben. „Das Areal ist ein ungeschliffener Diamant“, so Werner. Man kann gespannt sein, wie seine Zukunft einmal aussehen wird.