Michael Widlowski-Küfer hat gerechnet, hin- und her überlegt, sich mit seiner Frau beraten und wieder gerechnet. Dann stand die Entscheidung fest: Das Pulvertürmle, das er im Februar 2009 eröffnet hat, wird schließen. An Pfingstmontag, 29. Mai, wird das Restaurant in der Gerberstraße zum letzten Mal öffnen.

„Wirtschaftlich nicht mehr darstellbar“

„Die Entscheidung ist mir total schwergefallen“, sagt der Koch. „Das Pulvertürmle war mein Baby, darin steckt ich mein ganzes Herzblut.“ Doch er sagt auch: „Es ist wirtschaftlich nicht mehr darstellbar.“

Mittlerweile seien Pachtschulden aufgelaufen, hinzu komme eine Steuernachzahlung im fünfstelligen Bereich, die aus dem Erhalt der Corona-Hilfen resultiere, und seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine explodierende Einkaufs- und vor allem Energiekosten.

Beliebtes Restaurant, gefragter Ort zum Feiern

Von 2009 bis Ende 2019 konnte der Villinger im Pulvertürmle seinen Traum vom eigenen Restaurant leben: Mit regionaler deutscher Küche und vielen Stammgästen, die das Restaurant auch gerne für Familienfeste, Weihnachtsfeiern oder Hochzeiten buchten. Platz war genug da, vor allem, nachdem die ehemalige Kegelbahn in ein großzügiges Nebenzimmer umgebaut worden war.

Weiße Tischdecken, dezentes Licht, bunte Bleiglasfenster: So kennt man das Villinger Pulvertürmle.
Weiße Tischdecken, dezentes Licht, bunte Bleiglasfenster: So kennt man das Villinger Pulvertürmle. | Bild: Göbel, Nathalie

Ein Highlight jedes Jahr: Der Abend des Fasnetsamstag, wenn sich Größen der Kneipenfasnet wie die Glonki-Blechtrommler oder die Dörr-Brüder die Klinke in die Hand gaben. Und auch nachts um eins nach vielen Auftritten noch ein warmes Essen bekamen, erinnert sich Widlowski-Küfer. „Die Erinnerungen an die Fasnet, das ist schon eine emotionale Sache.“

Dann kam das Jahr 2020 – und mit ihm Corona. Wochenlange Schließungen, eine Wiedereröffnung mit zahlreichen Vorschriften und Einschränkungen, für alle eine harte Zeit. „Vielleicht hätten wir das irgendwie gemeistert“, resümiert Michael Widlowski-Küfer.

„Was ich an Gewinnen erwirtschaftet habe, habe ich immer ins Restaurant investiert.“
Michael Widlowski-Küfer

An Ideen mangelte es nicht: Neben Gerichten zum Mitnehmen bot er an Weihnachten 2020 ein vakuumiertes mehrgängiges Menü zum Abholen und zu Hause fertig kochen an.

Gewinne ins Restaurant investiert

Michael Widlowski-Küfer war immer stolz darauf, sich seinen Lebenstraum mit wenig Mitteln erfüllt zu haben. „Was ich an Gewinnen erwirtschaftet habe, habe ich immer ins Restaurant investiert.“ Rücklagen habe er praktisch nicht, im Gegenteil. „Meine Altersvorsorge habe ich gekündigt.“

Michael Widlowski-Küfer weiß noch nicht, wohin es ihn beruflich verschlägt. In der Gastro-Branche will der gelernte Koch aber auf jeden ...
Michael Widlowski-Küfer weiß noch nicht, wohin es ihn beruflich verschlägt. In der Gastro-Branche will der gelernte Koch aber auf jeden Fall bleiben. | Bild: Göbel, Nathalie

Das Aus begann schleichend im Frühjahr 2022 mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine: „Die Nebenkosten explodierten, die Lebensmittelpreise wurden immer höher, viele Stammgäste konnten es sich nicht mehr leisten, regelmäßig essen zu gehen“, blickt der 50-Jährige auf die vergangenen 13 Monate zurück. Schon die Nebenkosten-Nachzahlung für das erste Halbjahr 2022 habe er nicht bezahlen können.

Die Schmerzgrenze erkennen

Im Einkauf hätten sich die Lebensmittelkosten um 25 bis 30 Prozent verteuert. Seine Speisekarte hat er schon im Herbst angepasst, 20 Prozent mehr kostet es seitdem. „Das reicht zwar bei weitem nicht, aber man muss auch wissen, wann die Schmerzgrenze beim Gast erreicht ist.“

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Sein Team – einst waren es zehn Mitarbeiter – besteht seit der Corona-Zeit noch aus vier fest Angestellten und zwei Aushilfen. Vier weitere Aushilfen hatten sich während der Pandemie beruflich neu orientiert.

Michael Widloswki-Küfer vor dem Pulvertürmle. „Das war mein Baby, darin steckt mein ganzes Herzblut.“
Michael Widloswki-Küfer vor dem Pulvertürmle. „Das war mein Baby, darin steckt mein ganzes Herzblut.“ | Bild: Göbel, Nathalie

Wie es für ihn selbst beruflich weitergeht, stehe noch in den Sternen. Einfach dürfte es nicht werden: „Ich werde leider nicht vorzeitig aus meinem Pachtvertrag entlassen.“

„Ich war schon immer ein Kämpfer“

Mit einem Gehalt als angestellter Koch dürfte es nicht einfach werden, die Pacht für ein nicht mehr geöffnetes Restaurant aufzubringen und Pachtschulden aus der Energiekrise zu tilgen. Den Kopf in den Sand stecken will er jedoch nicht. „Ich war schon immer ein Kämpfer und auch hier werden sich hoffentlich Wege auftun.“

Die Familie gibt ihm Kraft

Die größte Stütze sei momentan seine Frau Marina, die nicht nur das Familienleben mit vier Kindern managt, sondern auch als Hebamme einen Teil des Einkommens sichert. „Wenn ich sie nicht hätte. Eine Wahnsinnsfrau.“