Es sind noch gut zwei Stunden bis zur offiziellen Eröffnung der Schwenninger Kulturnacht. In der ganzen Stadt herrscht bereits reges Treiben. Instrumente werden gestimmt, Stände aufgebaut, Tische und Bänke transportiert, Lebensmittel und Getränke angeliefert. Die Stimmung ist gut, die Vorfreude spürbar.
Beim Spaziergang durch die Innenstadt kann man an diesem Samstagnachmittag die ganze Welt entdecken, zumindest kulinarisch. Sanja Ilic und Jovan Markovic von der Serbisch Orthodoxen Kirche VS sind eben damit beschäftigt Bierbänke zu reinigen, bevor der große Besucheransturm losgeht. „Wir freuen uns sehr auf das Festival“, erzählt Sanja Ilic. Es sei eine leider viel zu seltene Gelegenheit sich gegenseitig kulturell zu begegnen, meint sie.
„Wir präsentieren unsere Kultur, unsere kulinarischen Spezialitäten und haben gleichzeitig die Möglichkeit, die anderen Kulturen in unserer Stadt zu entdecken“, meint Jovan Markovic. Die beiden sind bereits zum dritten Mal dabei und begeistert von der verbindenden Idee der Veranstaltung. „Wir werden nachher Cevapcici anbieten, das läuft immer sehr gut. Unsere Gemeinde zeigt später auch noch traditionelle Tänze aus Serbien“, erklärt Markovic.
Traditionelle Tänze aus ihrer Heimat zeigt an diesem Tag auch eine Gruppe der Tamilischen Vereinigung Schwarzwald-Baar. „Unsere Kinder werden später traditionelle Tempeltänze aus unserer Heimat Sri-Lanka zeigen“, erzählen Pavala Nathanpirakash und Arumuga Kokulan. Sie sind mit der Zubereitung von Kothuroddi beschäftigt, einer Spezialität die aus Mehl, Lammfleisch, Eiern und Masala Pulver hergestellt wird.
„Die Leute lieben unser Essen, das freut uns sehr“, erzählt Arumuga Kokulan. Manchen würde es so gut schmecken, dass sie selbst einmal nach Sri-Lanka reisen möchten, scherzt er. Für alle die zuerst einmal eine kulinarische Reise durch das Land machen wollen, bietet die Tamilische Vereinigung einen bunten Querschnitt durch die heimatliche Küche. Ob nun vegetarische Kadalai Vadai aus Linsen und rotem Chili oder traditionelle Lammröllchen mit Kartoffeln und Fenchel, für jeden ist etwas dabei.

Auch der Verein M.K. Atatürk D.D V.S. bereitet sich auf die Veranstaltung vor. Neben den Klassikern Köfte und Döner Kebap bietet der türkische Verein, der seit vielen Jahren bei der Schwenninger Kulturnacht vertreten ist, auch ausgefallenere Köstlichkeiten wie Baklava und Sarma (gefüllte Weinblätter) an.
„Wir freuen uns nach Corona endlich wieder dieses kulturell vielfältige Fest feiern zu dürfen. Es ist so wichtig für unsere Stadt“, sagt Sevgi Celik vom Verein. Man sei stolz, seine traditionellen Köstlichkeiten präsentieren zu können und das kulinarische Angebot zusätzlich mit Darbietungen wie Bauchtanz abzurunden.
Konstantin Kühne vom Rotaract Club Schwarzwald-Baar bereitet sich mit seinem Team ebenfalls auf den Abend vor: „Wir werden heute alkoholische und alkoholfreie Cocktails anbieten. Den Erlös spenden wir an ein Kinderheim“, berichtet er. Auch der Rotaract Club, die Jugendorganisation des Rotary Club, wolle sich an dieser tollen Veranstaltung beteiligen und einen Beitrag leisten.
Um 18.10 Uhr eröffnet Bürgermeister Jürgen Roth dann auf die Minute pünktlich die Lange Schwenninger Kulturnacht auf dem Muslenplatz.

Auch Kulturamtsleiter Lutz Schwarz wendet sich an die Besucherinnen und Besucher und wünscht allen ein schönes, friedliches und erfolgreiches Fest. Noch ist die Menschenmenge auf dem Platz überschaubar, doch das ändert sich bald.

Als auf der Festbühne die Band „DIVA“ übernimmt und die Stimmung langsam ansteigt, werden der Muslenplatz und die Straßen der Innenstadt immer voller. Überall beginnen jetzt kleine Veranstaltungen, viel zu viele, um sie alle zu besuchen, vor allem auch weil das Fortbewegen durch die vollen Straßen immer schwerer wird.

„Wir freuen uns, dass nach Corona jetzt endlich wieder die Schwenninger Kulturnacht stattfindet“, sagt Claudia Komposch und ihre Freundin Simone Ströhle. Und sie fügt hinzu: „Und dass wir es endlich wieder ohne Maske erleben dürfen, gerade hier, wo es so viele unterschiedliche Menschen und Kulturen zu entdecken gibt.“
Auch Werner Ressdorf freut sich, dass endlich wieder Leben in die Stadt kommt: „Kultur ist so wichtig, ich werde versuchen, heute so viele Highlights wie möglich mitzunehmen“, erzählt er.
Auch für die kleinen Gäste ist viel geboten. So gibt es beispielsweise ein Kasperletheater der Villinger Puppenbühne, ein Improvisationstheater mit Straßenclown Uwe Spille und eine ganze Reihe von Angeboten der Stadtbibliothek Schwenningen.

Man kann sich dort beispielsweise ein kostenloses Air-Brush Tattoo machen lassen oder eine Portion Zuckerwatte abholen.

In den Katakomben des ehemaligen Büchermagazins der Bibliothek findet parallel ein Bücherflohmarkt statt, bei dem gebrauchte Medien günstig erworben werden können.

Auf dem Hockenplatz hat sich mittlerweile die Volkstanzgruppe der NK Zagreb versammelt und präsentiert traditionelle kroatische Tänze.
„Unsere Gruppe gibt es seit mittlerweile 25 Jahren und wir waren schon sehr oft bei der Kulturnacht dabei. Wir freuen uns, dass sich heute ganz Europa hier in Schwenningen präsentieren kann“, sagt Christiane Festeris von der NK Zagreb.
Insgesamt zehn Tänzerinnen in traditioneller kroatischer Tracht zeigen die mitreißenden Tänze ihrer Heimat an diesem Abend.
Je später es wird, je voller werden die Straßen. Überall ist Musik, in gefühlt jeder Straße ist ein anderes Stück der Welt vertreten. Um null Uhr beendet ein Feuerwerk die Veranstaltung dann offiziell.
Doch in dieser Nacht dürfte die Stadt wohl kaum zur Ruhe gekommen sein, auch wenn die Stände bereits leergeräumt und die Instrumente eingepackt waren.