Das war fast klar, am Mentigmorgen sticht der Hafer halt doch gewaltig: Ein Spontanumzug von Hästrägern zog durch Villingen, als gelte es, das Corona-Jahr wegzudrängen.
Von der Niederen Straße ging es zum Zentrum, die Bickenstraße runter udn wie immer durch die Bärengasse, Obere Straße. Einige Maschgere hatten abgekürzt, waren – der Besonderheit des Jahres geschuldet – von der Niederen- direkt in die Rietstraße abgebogen, so als ginge es darum, als Erste im Stüble zu sein. Doch auch die haben dieses Jahr alle geschlossen.
Dafür war die Stimmung an der Strecke – man darf sagen: Überrascht-erfreut bei den Passanten. Die Narri-Rufe der Schementräger wurden mit Narro erwidert, es wurde aus der Distanz etwas gestrählt, besonders vertraulich waren diese Zwiegespräche dann nicht, jeder Umstehende konnte mithören: „Du, los emol...“, so gingen die Juxereien los wie immer.
Ein paar Trieber pflitzten gekonnt einen Butzesel vor sich her, der mit einem vergleichweise kurzen Reisig-Ast durch die Straßen stöberte und unterwegs immer bockte, so wie man das kennt von dieser Tierfigur der Villinger Brauchtumsfasnet.
Auf einem Schild eines Blauhemdträgers steht: „1. Historische Corona-Austreibung in Villingen.“ Mittlerweile bezieht auch das Ordnungsamt Position am Rande des Geschehens. Vor allem zwischen 10 und 12 Uhr staut sich der Menschenauftrieb in der Stadt. Ein Fahrzeug des Kommunalen Ordnungsdienstes ist mit zwei Mann besetzt am Straßenkreuz in der Innenstadt in Position. Nichts passiert. Es strömen immer mehr Leute herbei. Um 12.30 Uhr trifft sich eine junge Männergruppe an der Rietstraße. Sie stehen mit Abstand da und haben Weinflaschen auf einem Podest abgestellt. Es wird hin und her gegrölt. Bange Frage: Was kommt da noch?
Ohne richtige Musik aber doch mit Narromarsch zog die Gruppe von nicht ganz 50 Hästrägern durch die Stadt. Der Sound für den Narro schepperte aus einem Leiterwagen heraus, den ein Begleiter übers Trottoir am Rande der Geschehens zog. Immerhin: Villingens Fasnetmusik und die im Sprung erklingenden Rollen ergaben einen Hauch von klassischer Villinger Mentigmorgenszenerie.
Am Schluss, da kamen die: Hexen. Eine Handvoll wuselte aufgeregt übers Pflaster, eine junge Dame wurde kurzzeitig durch die Luft geschaukelt und keine zehn Sekunden später wieder artig abgesetzt. Am Straßenkreuz waren zwei Glonkis zu sehen, die Gilde übt sich 2021 zusammen mit der Katzenmusik in betonter Zurückhaltung.
Auch die Polizei war vor Ort, begleitete das Geschehen aber mit Zurückhaltung. Nur ein Zuschauer wurde ermahnt, er war ohne Mund-Nasen-Schutz unterwegs. So als würde gleich das nächste Ereignis losbrechen, blieben Streifenwagen am Zähringerkreuz zunächst lange in Position.
Und so ging der Villinger Mentig-Umzug am 15. Februar 2021 los:
11 Uhr, die Stadt füllt sich immer mehr, eine Band zieht umher, sie nennen sich die Gnadenlosen: