Das Villinger Leuchtenunternehmen hat unruhige zehn Jahre hinter sich. Nach der Insolvenz 2013, die erst 2020 abgeschlossen wurde, hat nun die südfranzösische Ragni-Gruppe die Villinger Firma übernommen.
Die französische Ragni-Gruppe stärke ihre europäischen Geschäftsaktivitäten im Bereich der Straßenbeleuchtung mit der Übernahme der deutschen Firma Hess GmbH Licht und Form, heißt es in einer Pressemitteilung, die am Montag, 4. Dezember, verschickt wurde.
Auf deutschem Markt Fuß fassen
Die Ragni-Gruppe hat sich mit ihren Marken Ragni, Novéa, Énergies und Sev auf Lösungen für die öffentliche Beleuchtung und vernetzte Technologien spezialisiert. Jetzt möchte sie verstärkt auf dem deutschen Markt Fuß fassen, teilt eine Sprecherin weiter mit.
Die Akquisition beinhalte ebenfalls die Marke Vulkan. Die Wurzeln der Traditionsfirma Vulkan, die Produkte zur Ausleuchtung von Straßen, Verkehrsknotenpunkten, Parkplätzen, Fußgängerzonen und öffentlichen Anlagen per LED herstellt, gehen bis ins Jahr 1898 zurück.
100 Millionen Euro Umsatz
Mit einem für 2023 erwarteten Umsatz von fast 100 Millionen Euro befinde sich die Ragni-Gruppe klar auf Expansionskurs. Das Unternehmen wolle in Europa und international wachsen und seine Position als Marktführer im Bereich Straßenbeleuchtung und Stadtmobiliar festigen, wird weiter erklärt.
Hess USA bleibt außen vor
Die Transaktion betrifft Geschäftstätigkeiten weltweit mit Ausnahme der USA, Kanada und Lateinamerika, die bei Hess USA verbleiben, das weiterhin zu Experience Brands, der früheren Nordeon-Gruppe gehört. „Gemeinsam werden wir rund 400 direkt und indirekt Beschäftigte haben, das macht uns stolz“, betont das Unternehmen zudem.
Auswirkungen für Villingen?
Doch was hat das für Folgen für den Villinger Standort? Die rund 120 Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben, bestätigt eine Sprecherin.
Auch Gewerkschaftssekretär Oliver Böhme ist vorsichtig optimistisch, da es sich bei dem Käufer um ein Familienunternehmen handele. Manch ein Hess-Mitarbeiter möge sich noch an den früheren Seniorchef Jürgen G. Hess erinnern, unter dem der Aufstieg von Hess begann.
Die Hoffnung sei da, dass es um Hess nun etwas ruhiger werde, sagt Böhme weiter. Immerhin hatte Hess in Villingen allein 180 Arbeitsplätze, die in den vergangenen Jahren immer weniger wurden.
„Bündelung der Kräfte“
Die Geschäftsführung der Ragni-Gruppe ist voll des Lobes über den deutschen Zukauf. „Durch die Bündelung unserer Kräfte mit Hess GmbH Licht und Form wollen wir industrielle Synergien schaffen, von denen unsere Kunden, Beschäftigten und alle unsere Partner profitieren werden“, sagt Marcel Ragni, Vorsitzender der Gruppe.
Jean-Christophe Ragni, Mit-Geschäftsführer, ergänzt: „Wir haben Hess aufgrund seiner außergewöhnlichen Stärken und Vorzüge im Bereich der öffentlichen Beleuchtung in Deutschland ausgewählt.“ Der Ruf des deutschen Unternehmens passe hinsichtlich Innovation, Qualität und Ästhetik perfekt zu den Werten und der Vision der Ragni-Gruppe.
Die Ragni-Gruppe wird seit ihrer Gründung vor fast 100 Jahren in Cagnes-sur-mer (bei Nizza) von der gleichnamigen Familie geführt. Stéphane Ragni, ebenfalls Mitgeschäftsführer, unterstreicht: „Wir sind davon überzeugt, zusammen mit Hess eine stärkere und wettbewerbsfähigere Gruppe zu schaffen, die bereit ist, sich den Herausforderungen des Marktes zu stellen.“
Unruhige Jahre für Hess
Hess Form und Licht setzt früh auf die LED-Technologie, die damalige AG musste jedoch im Januar 2013 Insolvenz anmelden. Zudem wurden schwere Betrugsvorwürfe gegen die beiden damaligen Vorstände Christoph Hess und Peter Ziegler laut. Sie sollen vor dem Börsengang Zahlen geschönt haben. Doch von den massiven Beschuldigungen blieb nach einem Mammutprozess wenig übrig. Die beiden Geschäftsführer hätten nur gegen Grundsätze einer ordentlichen Buchhaltung verstoßen, hieß es. Hess wurde zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten, Ziegler zu 17 Monaten auf Bewährung verurteilt.