Jawin Schell

Auch wenn der Ball dank frostiger Temperaturen noch einige Zeit ruhen wird, konnte die laufende Winterpause in der Bezirksliga Bodensee schon mit einiger Hitze im Transfergeschehen aufwarten. Gefühlt steckt im Ringen auf dem Spielermarkt in diesem Jahr so viel Schwung wie nie.

Angesichts der munteren Wechselspielchen regen sich allerdings auch erste kritische Stimmen in der Region. „Es ist ein Wahnsinn, was an Gerüchten kursiert, wieviel Geld bei einigen Transfers geflossen sein soll“, meint etwa Eddy Wiedenmaier, der Trainer des Tabellenfünften SV Mühlhausen. „Auch wenn es im Endeffekt nur die Hälfte sein sollte, könnten wir in Mühlhausen damit gut und gerne zwei bis drei Saisons arbeiten.“

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Wiedenmaier glaubt, dass beim Wettstreit um die klingendsten Namen oft die wirklich wichtigen Werte aus den Augen verloren werden. „Ich persönlich halte die Entwicklung in den letzten Jahren für sehr bedenklich“, sagt Wiedenmaier. „Aus meiner Sicht sehen viele Vereine nur den kurzfristigen Erfolg und wollen in kurzer Zeit viel erreichen, ohne eine Basis im Verein zu legen. Und die Basis ist und bleibt im Amateursport die Jugend. Hier wären die Gelder sicher besser investiert.“

Der erfahrene Trainer fände in dieser Hinsicht ein Umdenken begrüßenswert. „Ich hoffe und wünsche mir, dass sich die Vereine wieder auf das Besinnen, für das sie da sind. Nämlich die Förderung der Ausbildung von jungen Talenten“, bekräftigt Wiedenmaier. „So entsteht Identifikation mit dem Verein und langfristige Bindung. Dann kann man die Früchte ernten und die eigenen Jugendspieler in die Aktivmannschaften einbinden. Aber dazu benötigt es Zeit, Geduld und einen Plan.“

Bedenkliche Ausrichtung einiger Clubs

Den Vorwurf, die Augen vor der neuen, härteren Realität zu verschließen, will Wiedenmaier sich nicht gefallen lassen. „Gelder sind schon immer geflossen, auch vor 20 Jahren, das weiß ich natürlich“, stellt er klar. „Aber nicht in diesem Ausmaß. Aus meiner Sicht ist es sehr fragwürdig, wenn für die Wechsel nicht mehr sportliche Anreize gelten, sondern nur noch finanzielle.“

Die Ausrichtung einiger Clubs in der Bezirksliga ist für ihn zumindest bedenklich. „Jeder Verein muss selbst wissen, welchen Weg er einschlägt“, betont Wiedenmaier. „Aber klar ist, dass die Vereine, die eine durchgehende Jugend finanzieren und die Sponsorengelder nicht nur in die aktiven Mannschaften stecken können, einen klaren Wettbewerbsnachteil haben.“

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Aus diesem könne jedoch wieder eine Art Vorteil entstehen, sagt Wiedenmaier. „Man kann mit anderen Punkten auf sich aufmerksam machen. Mit einem familiären Umfeld, mit einer guten Infrastruktur und einem Zusammenhalt von der Jugend bis zu den Aktiven. Denn das ist, aus meiner Sicht, das echte Vereinsleben.“

Um diesen alternativen Weg abseits horrender Transfersummen anbieten zu können, werde in Mühlhausen alles in den Dienst einer einheitlichen Philosophie gestellt. „Natürlich sind auch wir um jeden Spieler bemüht, der zu uns kommen will“, gesteht der Trainer des Tabellenfünften ein.

Jugendförderung spielt für Wiedenmaier eine zentrale Rolle

„Allerdings haben wir einige Faktoren, die wir beachten. Die Spieler müssen zu uns passen, charakterlich und auch persönlich. Sie müssen sich mit dem Verein identifizieren. Das heißt nicht nur kommen, trainieren und wieder gehen. Es gibt Arbeitseinsätze und sonstige Tätigkeiten rund um den Verein, die die Spieler absolvieren. Wir versuchen, mit unseren Mitteln Spieler nach Mühlhausen zu holen und sie mit unserer Philosophie und Zukunftsvisionen zu überzeugen.“

Auch die angesprochene Jugendförderung spielt für den SVM-Trainer eine entscheidende Rolle. „Wir wollen vermehrt auch auf die eigenen Talente setzen“, sagt Wiedenmaier und erläutert: „Die A-Jugend-Spieler werden recht früh in die Trainingseinheiten eingebunden, um das Tempo und die Härte im aktiven Bereich kennen zu lernen. Wir versuchen allen Spielern ein professionelles Umfeld zu bieten und doch auch gleichzeitig familiär zu bleiben.“

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Ein Modell, das laut Wiedenmaier durchaus zu den erwünschten Ergebnissen geführt hat. „Wir gehen diesen Weg seit vielen Jahren und der Erfolg ist zu sehen. Auch wenn es noch nicht nach ganz oben reicht, bleiben wir mit unseren bescheidenen Mitteln in Schlagweite und sind zu einer ernst zunehmen Mannschaft in der Bezirksliga gereift“, freut sich Wiedenmaier.

„Mit solch spektakulären Transfers wie manch anderer finanzstarker Verein können wir nicht glänzen – aber das ist halb so schlimm, denn diesen Weg würden wir gar nicht einschlagen wollen.“

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