Fußball-Bezirksliga: – Sie spielen eine tolle Saison, führen unter ihrem Trainer Tiziano Di Domenico die seit zwei Wochen unterbrochene Liga mit fünf Punkten Abstand auf den VfB Waldshut an. Dass sich die Fußballer des FC Wittlingen in der durch den Coronavirus verursachten Fußball-Zwangspause viele Gedanken um die Zukunft machen, ist nachvollziehbar. Sportlich steht der kleine Verein prächtig, stehen auch mit der Reserve-Elf an der Spitze ihrer Spielklasse (Kreisliga B-1).
Doch Fußball ist in diesen turbulenten Zeiten tatsächlich zu einer Nebensache geworden. Sportler, Funktionäre und Fans machen sich in erster Linie große Sorgen um die Gesundheit in ihrem Umfeld, aber auch um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze. Diese Gedanken kennt Sportvorstand Kevin Pabst als freiberuflicher Musiker und Assistent-Manager derzeit nur zu gut. „Wir waren mit beiden Mannschaften gerade auf dem besten Weg, die sportlichen Früchte unserer jahrelangen, mühsamen Arbeit ernten zu dürfen.“
Doch abseits seiner privaten Situation macht sich der vor wenigen Tagen 29 Jahre alt gewordene Funktionär auch viele Gedanken um seinen Verein, den FC Wittlingen. Hier haben unzählige Mädchen und Buben, Frauen und Männer, junge und ältere Fußballerinnen und Fußballer ihre sportliche Heimat. Sie treffen sich auf den Sportplätzen zwischen Chanderli-Schienen und Kander-Ufer zum Spiel und zum Training. Der Verein ist für viele Protagonisten wie eine zweite Familie.

In einem offenen, ehrlichen aber keineswegs bittstellerischen Brief an die Entscheider beim Südbadischen Fußballverband (SBFV) gibt Kevin Pabst einen kleinen Einblick in seine geschundene Fußballseele: „Wir stellen uns alle die Frage, wie geht es weiter?“
Obwohl es derzeit andere Themen als den Fußball gebe, sei dieser Sport in der Gesellschaft unbestritten „für viele Menschen das Wichtigste, der Kern, die Leidenschaft und das, wofür man brennt, lebt und arbeitet.“
Kevin Pabst betont, dass der FC Wittlingen in der 900-Einwohner-Gemeinde kein reicher Verein sei: „Die Spieler erhalten keinen Cent, weder Fahrgeld noch Prämien. Der Kunstrasenplatz wurde mit viel Eigenleistung erarbeitet und die finanzielle Struktur basiert darauf, dass wir als einer der wenigen Vereine in Südbaden bei Heimspielen bis zu 500 Zuschauer haben.“
Dieser Umstand locke durchaus Sponsoren, die jedoch in der aktuellen wirtschaftlichen Situation alles machen würden, nur keinen Fußballverein unterstützen. „Fehlende Eintrittsgelder, fehlende Sponsorengelder und fehlender Konsum vor Ort führen dazu, dass die Kassen leer werden und wir uns natürlich fragen: „Wie lange können wir uns das leisten? Aber was und wo ist das Ende?“, fragt Kevin Pabst besorgt.
Mit seinem Schreiben an den Verband will er an die Verantwortlichen, die sich in diesen Tagen ihre Gedanken um die nächsten Schritte im südbadischen Fußball machen, appellieren, „die kleinen Dorfvereine, die Spieler und deren Motivation, die vielen ehrenamtlichen Helfer in den Plänen zu berücksichtigen.“
Schließlich gebe es für die Vereine weder Kurzarbeitergeld, noch Staatshilfen und oder Garantien. „Was die Vereine haben, das sind unermüdliche Helfer und Freiwillige, die eines wollen: Eine faire Saison, die zählt – egal in welche Richtung.“
Eine der zahlreichen Möglichkeiten, wie der Fußball dereinst fortgesetzt werden könnte, deutet auch Kevin Pabst an: „Die Europameisterschaft fällt aus. Der Sommer ist lang und wenn eine neue Saison erst Mitte oder Ende September beginnen würde, dann wäre nichts passiert. Ohnehin haben alle Mannschaften jedes Jahr im August mit zahlreichen Urlaubern (sofern man denn vereisen darf) zu kämpfen. Eine Saison bis Anfang/Mitte Juli wäre somit, mit schönem Wetter und dann auch mehr Zuschauer, unter Umständen keine schlechte Alternative.“
Dies, so Pabst, auch um Zeit zu gewinnen, die wir definitiv benötigen, damit das Virus sich mit den zahlreichen Infektionen abschwächt. Eindringlich fordert er seine Mitstreiter im regionalen Fußball auf, sich vernünftig an die Regeln zu halten sollen und die Situation nicht zu unterschätzen. „Der regionale Fußball darf die Erweiterung einer Pandemie nicht antreiben.“