Die Sportanlage des TSV Aach-Linz ist ein echtes Kleinod. Zwei Rasenplätze, schmuckes Vereinsheim. Kein Wunder, dass sich Trainer Patrick Hagg so wohlfühlt beim Bezirksligisten im Pfullendorfer Teilort. „Hier ist alles picobello“, schwärmt der 45-Jährige, „unsere Gegner sagen immer: Ihr habt es aber schön hier.“
Schön hier. Das dachte auch Patrick Hagg selbst, als der gebürtige Albstadter vor einem Vierteljahrhundert nach Aach-Linz zog. Des Fußballs wegen war er als talentierter Jugendspieler aus dem Dörfchen Benzingen zum SC Pfullendorf gewechselt.
Der Liebe wegen blieb er bis heute in der Heimat seiner Frau Elli, mit der er seit 1997 zusammen und seit 2007 verheiratet ist. „Ich sehe mich inzwischen selber als Aach-Linzer und lebe da unheimlich gerne“, sagt der heimatverbundene Patrick Hagg, der genau weiß, was er will und wo er gerne ist.
Als Spieler ist der 1,70 Meter große Offensivflitzer ein Sonnyboy, aber keiner, der wie viele andere den Verein ständig wechselt und zu jedem Training eine andere Freundin mitbringt. 270 Spiele bestreitet die treue Seele zu den Glanzzeiten des Vereins für den Sportclub Pfullendorf.

Er läuft 266 Mal in der drittklassigen Regionalliga auf, dreimal im DFB-Pokal und 1999 einmal in der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga. Ein anderes Trikot als das der Linzgauer trägt er als Aktiver nicht. „Ich hatte nie den Anreiz, wegzugehen“, sagt Patrick Hagg. So einfach ist das.
Lukratives Angebot ausgeschlagen
Einmal habe ihm ein Zweitligist das Fünffache an Gehalt geboten, erzählt er. „Damals hatte ich einen Berater, der war ganz hin und weg. Ich habe aber gesagt, dass ich einen Tag Bedenkzeit brauche – und habe ihm dann am nächsten Morgen abgesagt.
Das war das letzte Mal, dass wir telefoniert haben“, erinnert der 45-Jährige sich und lacht. Das ganze Geld war es einfach nicht wert, seine Heimat und seinen Verein zu verlassen. „Ich muss mich wohlfühlen“, sagt Hagg, der aber nicht will, dass dies als gemütliche Komfortzone missverstanden wird.

Im Gegenteil. „Ich wusste: Solange wir in der Regionalliga spielen, hat der Verein Geld, um mich zu bezahlen. Wenn wir absteigen, verliere ich meinen Job und muss den Verein wechseln oder arbeiten gehen“, sagt Patrick Hagg.
„Daher war der Druck größer für mich als für andere Spieler, die nur ein oder zwei Jahre geblieben sind.“ Der Plan vom Profi geht auf. Nach der Ausbildung zum Industriemechaniker und dem Zivildienst im Pfullendorfer Krankenhaus verdient er ausschließlich mit dem Fußball sein Geld.
Entsprechend groß ist der Schock, als beim damals 31-Jährigen im Sommer 2010 Herzprobleme auftreten. Die Diagnose: apikale linksventrikuläre Hypertrophie. Eine Herzmuskel-Verdickung beendet die Fußballer-Karriere jäh. „Für mich ist eine Welt zusammengebrochen.
Ich hatte meinen Job verloren und meine Freunde, mit denen ich jeden Tag auf dem Platz gestanden bin“, erinnert er sich.
Glück im Unglück
Das Glück im großen Unglück ist, dass just zu diesem Zeitpunkt Helgi Kolvidsson das Traineramt beim damaligen Viertligisten übernimmt und ohne eine Sekunde zu zögern seinen früheren Mitspieler zum Co-Trainer macht.
„Ich konnte in meinem gewohnten Umfeld bleiben, hatte weiter einen kollegialen Umgang mit den Spielern“, sagt Hagg, der sofort begeistert ist vom Trainerjob. „Man bekommt einen ganz anderen Einblick, das war total spannend, ein Teil davon zu sein“, sagt Hagg, der 2014 zum Pfullendorfer Chefcoach in der Oberliga wird und drei Jahre später den Bezirksligisten TSV Aach-Linz übernimmt, den er bis heute trainiert – fast unter Profibedingungen.
Viel Zeit für Videoanalysen
„Da ich nicht arbeite, ist der Aufwand größer als bei einem normalen Bezirksligatrainer. Ich habe sehr viel Zeit – für Videoanalysen und um die Gegner zu studieren“, sagt Hagg. Der 45-Jährige hat es seiner Heimatverbundenheit zu verdanken, dass der Fußball weiterhin eine wichtige Rolle in seinem Leben spielen darf, auch wenn er sein Geld natürlich nicht mehr damit verdient.
Da er als Aktiver nie den Verein wechselt, muss seine Elli auch nie die typische Spielerfrau sein und kann selbst Karriere machen. „Das alles geht nur, weil sie einen guten Job in der Schweiz hat und tageweise unter der Woche pendelt“, weiß Patrick Hagg – der Trainer und Hausmann.
„Mein Beruf jetzt ist Papa“, sagt der Wahl-Linzgauer, der sich nun in Vollzeit um seinen 15-jährigen Sohn Maxim kümmert, der das Down-Syndrom hat. „Ich bin in der sehr glücklichen Lage, dass ich ihm alle nötige Aufmerksamkeit geben kann. Für ihn muss, will und kann ich immer da sein.“
Wann immer es möglich ist, unternehmen die beiden Haggs etwas miteinander. „Maxim geht in Sigmaringen zur Schule. Die Kinder kommen aus dem ganzen Landkreis, da ist es schwer, Freundschaften zu knüpfen. Deshalb bin ich sein Papa und sein bester Freund“, sagt Patrick Hagg.
Sohn Maxim ist immer dabei
Am liebsten verbringen sie ihre Zeit – wie sollte es auch anders sein – beim Fußball. Wenn Maxim mit dabei ist auf dem Sportplatz und der TSV Aach-Linz gewinnt, ist der 15-Jährige selbstverständlich mittendrin im Mannschaftskreis, wenn die Spieler jubeln oder Humba singen.

Einer der schönsten Tage in Patrick Haggs Sportlerleben war der 19. Mai dieses Jahres. Nicht etwa, weil der Bezirkspokal die bedeutendste Trophäe ist, die in seiner Vita steht.
Als der TSV Aach-Linz im Finale in Orsingen-Nenzingen den FC Hilzingen mit 3:1 besiegt, drückt Kapitän Todor Staykov den Pokal dem verdutzten Maxim in die Hände, ehe die Party beginnt.
„Das war das Allergrößte für ihn. Ich bin Todor unendlich dankbar dafür, Maxim war so happy an diesem Tag“, sagt Papa Patrick.
Der Fußball ist nicht mehr der Mittelpunkt im Hause Hagg, aber in den besten Momenten geht es halt doch nicht ohne.