Wenn Esref Metin Su den Fußballplatz betritt, ist er in seiner Welt. Er liebt den Sport und spielt ihn bereits seit seinem dritten Lebensjahr. Was Su von vielen anderen Fußballern unterscheidet?
Der 30-Jährige ist taub und verzichtet auf dem Platz auf sein Hörgerät. „Ich kann mich so besser fokussieren. Ich sehe das, was andere hören“, erzählt Su. So scannt der Mittelfeldspieler des Rot-Weiß Salem häufiger als andere Kicker seine Umgebung.
Im Gespräch mit dem SÜDKURIER trägt Esref Su das Hörgerät und kann sich bei langsamer und deutlicher Aussprache verständigen.
Seine Teamkollegen wissen, dass er akustische Anweisungen auf dem Feld nicht mitbekommt, und haben sich auf seine Spielweise eingestellt. „Wir haben eine super Mannschaft und einen guten Trainer. Die Jungs wissen, dass ich taub bin, und wir passen uns gegenseitig an“, sagt Su.
Bei den Gegenspielern ist es da schon etwas anders: „Vor dem Spiel geht unser Kapitän Luca Gruler zu den Gegnern und zum Schiedsrichter und klärt sie auf. Damit ich keine gelbe Karte bekomme, wenn ich mal trotz eines Pfiffes weiterspiele. Das funktioniert in der Liga gut.“
Nicht nur für den Landesligisten geht Su auf den Platz, sondern auch für die türkische Gehörlosen-Nationalmannschaft, mit der er bereits einige Erfolge gefeiert hat. „Für die Nationalelf zu spielen, ist für mich eine große Ehre. Wir sind Europameister, Weltmeister und Olympiasieger geworden. Das macht mich natürlich stolz.“
Auch im nächsten Jahr will er wieder bei den Deaflympics an den Start gehen. Große Unterschiede zwischen der Spielweise gibt es für Su nicht. „Natürlich ist es auf dem Platz ruhiger, wir hören ja sowieso keine Anweisungen“, erzählt der Salemer und lacht. „Es geht mehr über die Körpersprache.“

Esref Su lebt und arbeitet in Salem – er ist hier zuhause. In seiner Laufbahn hat er unter anderem für den SC Pfullendorf und den TSV Berg in der Verbandsliga gespielt. „Vor der Saison gab es einige Angebote aus höheren Ligen. Aber seit der Geburt meines Sohnes habe ich mich dafür entschieden, in Salem zu bleiben. Ich fühle mich hier wohl“, erklärt Su.
Er lebt mit seiner Frau und seinem Kind in einer gemütlichen Wohnung in Salem, nicht weit vom Fußballplatz und seiner Arbeit. Im Wohnzimmer steht eine Playstation, die er aber wegen des Nachwuchses kaum benutzt. Zeit verbringt er lieber mit seiner Familie. Mit seiner Frau, die ebenfalls taub ist, kommuniziert er in Zeichensprache.
Fußball ist seine große Leidenschaft
Das Hörgerät trägt er nur, wenn es wirklich nötig ist: „Ich liebe die Ruhe. Ich bin damit aufgewachsen und komme damit super klar, aber in manchen Situationen – auf der Arbeit oder wenn mein Sohn weint – brauche ich das Hörgerät natürlich.“
Wo er das Hörgerät nicht braucht, ist auf dem Fußballplatz. Wenn er über den Sport spricht, spürt man seine Leidenschaft und den Siegeswillen, die ihn zu einem festen Bestandteil des FC Rot-Weiß Salem machen. Er hat bereits fünf Tore erzielt, leitet immer wieder Angriffe ein und setzt seine Mitspieler in Szene.
„Ich würde sagen, dass ich schnell erkenne, was die Stärken und Schwächen meiner Mitspieler sind. Wir harmonieren in der Mannschaft und deshalb sind wir erfolgreich.“ So wird er am Samstag wieder in seine Welt abtauchen und mit seiner besonderen Art Fußball zu spielen alles für den Rot-Weiß Salem geben.