Herr Schmidt, was war aus Ihrer Sicht eigentlich positiv an 2020, außer zu viele Corona-Tests bei Amateurfußballern?

Eine schwierige Frage in solch einem Jahr. Positiv sehe ich die Art und Weise, wie wir in manchen Bereichen die Krise meistern konnten – trotz der gewaltigen Herausforderungen. Die Frage für uns war im Frühjahr, wie wir unsere Aufgaben weiter erfüllen können unter erschwerten Bedingungen. Ein großer Vorteil war, dass wir die Digitalisierung schon seit einigen Jahren vorangetrieben haben, was uns jetzt zugutekam. So konnten wir trotz Corona Aus- und Weiterbildung anbieten – in anderen, neuen Formaten.

Wie hoch war die Belastung für Ihre Verbandskollegen, die mit den Auswirkungen der Pandemie auf den Spielbetrieb, wie beispielsweise kurzfristige Spielabsagen, zu tun hatten?

Man kann sich gar nicht richtig vorstellen, was das gerade zu Beginn für eine riesige Herausforderung war. Wir hatten aber an vorderster Front ein tolles Team mit meinem Präsidiumskollegen Christian Dusch, mit Thorsten Kratzner, Tobias Barth, Geschäftsführer Siegbert Lipps und all den anderen, die sich prima geschlagen haben.

Thomas Schmidt, Präsident des Südbadischen Fußballverbandes.
Thomas Schmidt, Präsident des Südbadischen Fußballverbandes. | Bild: sbfv

Auch die Amateur-Vereine hatten durch die Hygienebestimmungen erheblichen Aufwand, um den Spielbetrieb nach dem ersten Lockdown weiterführen zu können. Mussten Sie in Gesprächen mit den Mitgliedern Überzeugungsarbeit leisten oder war das Verständnis einhellig?

Ich war nach Beendigung des ersten Lockdowns oft auf den Plätzen und habe mit den Menschen dort gesprochen. Bei den meisten herrschte großes Verständnis und Bereitschaft. Ich würde sagen, dass zu 90 Prozent oder sogar mehr die Maßnahmen eingehalten wurden.

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Der erste Lockdown im Frühjahr, das Sportverbot im Herbst: Auf einmal ist vieles, das früher selbstverständlich war, ein hohes Gut – wie die Lust auf unbeschwerten Freizeitspaß. Könnte der Amateurfußball davon profitieren?

Hier ist es wie überall im Leben: Alles Negative birgt etwas Positives. Ich habe das Gefühl, dass bei den Amateurvereinen der Zusammenhalt in der Krise gewachsen ist, dass ein anderes Bewusstsein herrscht, was den Fußball angeht. Man hat vielleicht auch ein bisschen mehr Zeit, über Dinge nachzudenken, die in normalen Zeiten zu kurz kommen. Ich glaube, dass da viele gute Impulse aus den Clubs kommen, Ideen heranwachsen, wie Mitglieder gehalten und neue hinzugewonnen werden können.

Haben Sie denn keine Sorge, dass durch die langen Pausen im Spielbetrieb vielen Hobby-Fußballern die Lust am Kicken vergeht und sie für immer vom Platz gehen?

Im Nachwuchsbereich mache ich mir da schon große Sorgen. Die Gefahr einer Abwanderung ist sicherlich gegeben. Und wenn wir die Kinder nicht wieder auf die Sportplätze bekommen, haben unsere Vereine ein riesiges Problem. Davon bin ich überzeugt. Deshalb hätte ich es begrüßt, wenn die Politik bei den Corona-Regelungen den Sport etwas mehr geschont hätte. Beispielsweise mit einer Teilöffnung, die gerade bei den Jüngsten Training in Kleingruppen möglich machen würde – unter Einhaltung der Hygieneregeln. Aber man muss die Entscheidungen akzeptieren. In diesen Zeiten hat es die Politik schwer, allen gerecht zu werden.

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Vor der Corona-Krise war Gewalt im Amateurfußball ein großes Thema. Befürchten Sie, dass Auswüchse wie Übergriffe gegen Schiedsrichter schnell wieder zum Alltag werden könnten?

Bei diesem Thema gab es immer wieder Höhen und Tiefen. Es gab immer Spieltage, an denen Vorfälle dieser Art, wie Gewalt gegen Schiedsrichter, sich extrem gehäuft haben. Dann gab es auch wieder längere Phasen, in denen nichts passiert ist. An diesem Thema müssen und werden wir stetig dranbleiben. Auch im kommenden Jahr stehen bei uns Präventiv-Maßnahmen gegen Gewalt im Fokus.

Die Kluft zwischen Profis und Amateuren wird immer größer. Wie sehen Sie die Entwicklung im bezahlten Fußball mit astronomischen Spielergehältern, immer jüngeren Spielern, zwielichtigen Beratern und verschuldeten Clubs?

Das bereitet mir Sorgen. 16-Jährige, die in der Bundesliga eingesetzt werden und Millionen verdienen, das ist sicher keine gesunde Sache. Leider ist das aber eine Entwicklung, die wohl nicht aufzuhalten ist. Wir im Verband müssen versuchen, das Positive am Fußball herauszufiltern und im Amateurbereich zu forcieren.

Was wünschen Sie sich für das kommende Jahr – als SBFV-Präsident und als Privatmann?

Ich denke, da habe ich einen ähnlichen Wunsch wie die meisten Menschen. Ich wünsche mir, dass wir alle gut durch die letzte Stufe der Pandemie kommen, der Impfstoff gut anschlägt und dieses Virus endgültig besiegt werden kann. Und als SBFV-Präsident wünsche ich mir natürlich, dass wir im Sommer wieder eine ganz normale Saison starten und einfach nur den Amateurfußball genießen können.

Fragen: Markus Waibel
und Dirk Salzmann