Als die deutschen Fußballerinnen 1989 nach dem gewonnenen Europameisterschafts-Finale gegen Norwegen stolz den Pokal in den Osnabrücker Himmel reckten, war ihnen sicherlich noch nicht klar, welch‘ fulminante Prämie sie später bei der Siegerehrung erwarten würde.

Ein Kaffeeservice als Prämie

Ein Kaffeeservice aus der Produktlinie Mariposa eines großen deutschen Unternehmens war‘s, mit sage und schreibe 41 (!) Teilen. Und nicht etwa in langweiligem Porzellanweiß gehalten. Nein. Mit blauen, gelben und roten Blümchen drauf! Die Prämienwahl der ergrauten Herren vom Deutschen Fußball-Bund zeigt, welchen Stellenwert Frauen im Fußball jener Zeit hatten. Nicht nur als Aktive, auch als Zuschauerinnen: Wenn männliche Amateurkicker damals dem Ball hinterherjagten, waren weibliche Fans auf manchen Sportplätzen zwischen Flensburg und Konstanz in etwa so oft anzutreffen wie Eisbären in der Sahelzone.

Freier Eintritt einst als Anreiz gedacht

Freier Eintritt für Frauen: Die Lösung war schnell gefunden – und hat sich bei vielen Amateurclubs bis heute gehalten. Karl-Heinz Arnold, Funktionär beim Fußball-Bezirk Bodensee, erinnert sich an die Beweggründe: „So mancher Ehemann durfte damals am Wochenende nur auf den Fußballplatz, wenn er die Gattin mitgenommen hat – auch wenn diese sich meist nicht sonderlich dafür interessierte“, sagt der Konstanzer. Um den Anreiz zu erhöhen, sei man wohl auf die Idee gekommen, weibliche Besucher an der Kasse einfach durchzuwinken, so der 67-Jährige.

Thema bei Vorstandssitzung

Jahrzehnte später ist Amateurfußball auf manchen Plätzen immer noch ein Schnäppchen für Frauen. Beim FC Anadolu Radolfzell etwa. „Eintrittspreis 3 Euro, Frauen haben freien Eintritt“, kündet ein Plakat am Kassenhäuschen des Fußball-Bezirksligisten von geschlechtsspezifischer Preispolitik.

Bei Anadolu Radolfzell müssen Frauen keinen Eintritt bezahlen.
Bei Anadolu Radolfzell müssen Frauen keinen Eintritt bezahlen. | Bild: Salzmann, Dirk

„Wir haben erst vor Kurzem in einer Vorstandssitzung darüber diskutiert“, erzählt Bülent Babür. „Ein Teil wollte das ändern, doch es ist dabei geblieben. Weil es halt schon immer so war, wohl aber auch aus Angst, dass die Frauen nicht mehr kommen würden bei vollem Eintritt“, sagt der Trainer, der aber überzeugt davon ist, dass die weiblichen Anadolu-Fans bereit wären, für den Besuch der Spiele ebenso viel zu bezahlen wie Männer.

Einheitliche Regelung in der Landesliga Staffel 3

Während es in den meisten unterklassigen Amateur-Ligen der Region den Vereinen selbst überlassen bleibt, für wen wie viel verlangt wird, gibt es seit rund zwei Jahren in der Landesliga Südbaden, Staffel 3, eine einheitliche Regelung. Ein Mann hatte beim Staffeltag im Schwarzwald den Vorschlag gemacht, sozusagen als – so kurios es auch klingen mag – Vorkämpfer für das Recht der Frauen, abkassiert zu werden.

„Das war einfach nicht mehr zeitgemäß“, erklärt Michael Rösch, „im Schwimmbad, im Kino, beim Stadionbesuch im Profifußball oder auch bei anderen Sportarten gibt es diese Trennung nicht. Das ist auch eine Frage des Respekts“, sagt der Sportliche Leiter der Landesliga-Fußballer des Hegauer FV, der zudem über 20 Jahre für die erfolgreichen Frauenteams des Clubs verantwortlich war. Bei deren Spielen übrigens Männer schon immer den vollen Preis zahlten.

Michael Rösch, Sportlicher Leiter beim Hegauer FV.
Michael Rösch, Sportlicher Leiter beim Hegauer FV. | Bild: Peter Pisa

Eine, die Röschs Vorschlag damals sehr begrüßt hat, ist Ute Wilkesmann. „Dass Frauen im Amateurbereich nichts bezahlen, ist ein Relikt aus grauer Vorzeit“, sagt die Vorsitzende des Ausschusses für Frauen- und Mädchenfußball beim Südbadischen Fußballverband.

Ute Wilkesmann, Vorsitzende des Ausschusses für Frauen- und Mädchenfußball beim Südbadischen Fußballverband
Ute Wilkesmann, Vorsitzende des Ausschusses für Frauen- und Mädchenfußball beim Südbadischen Fußballverband | Bild: Fynn Beckmann

„Es geht um Gleichberechtigung. Wir wollen ernst genommen werden im Fußball“, so die Überlingerin, die klarstellt, dass „Frauen den Amateurfußball unterstützen wollen, indem sie den selben Eintritt wie Männer bezahlen.“

Spende für die Emanzipation

Wie beim Landesligisten SC Gottmadingen-Bietingen inzwischen üblich. „Wir haben viele Frauen bei unseren Spielen, darunter auch zahlreiche, die sich gut auskennen im Fußball. Die zahlen gerne den vollen Preis“, meint Pressesprecher Rudi Endres. Eine einheitliche Regelung quer durch alle Ligen gibt es aber nicht.

Denn: „Bei Punktspielen bleibt es jedem Verein überlassen, wem er Ermäßigungen beim Eintrittspreis anbietet – ob Rentern, Studenten oder eben Frauen“, erklärt Arnold. Falls eine Frau sich aber durch Nichtbeachtung am Kassenhäuschen zurückgesetzt fühlt, bleibt ihr ja die Möglichkeit, dennoch zum Geldbeutel zu greifen. Als Spende, die in Zeiten von beschränkten Zuschauerzahlen wohl von den meisten Clubs gerne angenommen wird. Oder als Preis für Emanzipation im Fußball.