Tennis-Badenliga: – Wer denkt, dass Tennis langweilig ist und sich nur im Elfmeterschießen eines Fußball-EM-Finales so etwas wie Dramatik entwickelt, den belehrten die Tennisspieler des TC RW Tiengen eines Besseren. Was sie in ihren beiden letzten Saisonspielen beim TC Freiburg-Schönberg und beim TC Grenzach zeigten, hätte im Fernsehen die Einschaltquoten in die Höhe schnellen lassen. Und das, obwohl beide Spiele mit 4:5 verloren gingen. Happy End? Fehlanzeige. Dennoch wird dieser Tennis-Krimi für viele unvergesslich bleiben.
Dabei hätte die ganze Saison doch so entspannt ablaufen können. Das sieht auch Trainer Christoph Back so. Nach einem anstrengenden Wochenende mit feucht-fröhlicher Verlängerung im Tiengener Clubheim nimmt sich der Lehrer in einer Unterrichtspause ein paar Minuten Zeit für unser Gespräch. Vor zwei Jahren hatte seine Mannschaft Aufstieg und Rückkehr in die Badenliga gefeiert. 2020 kam Corona – und auch die Tennisspieler wurden zu einer Zwangspause verdonnert.

In dieser Saison ging es zwar wieder um Spiel, Satz und Sieg, aber es gab Einschränkungen. Es sollte keine Absteiger geben. „Wir konnten als Aufsteiger also ganz locker in die Runde starten“, erinnert sich Back. Allerdings wussten er, Teamchef Peter König und Betreuer Uwe Glöckner, dass ihre Mannschaft gegenüber dem Aufstiegsjahr etwas stärker einzuschätzen war. Neu hinzu gekommen war Justin Schlageter. Der zweifache deutsche Jugendmeister aus Albbruck, der wie zwei weitere Tiengener Spieler in den USA studiert und dort College-Tennis spielt, war von TK GW Mannheim zu den Rot-Weißen in seine Heimat gewechselt.
Nach fünf Spielen standen fünf Siege zu Buche – der TC RW Tiengen spielte plötzlich um den Meistertitel mit. „Aus einer entspannten Runde wurde auf einmal eine spannende Runde. Das wurde meinen Jungs mit jedem Sieg klarer“, so Back.
Rechenspiele vor dem Finale
Die Konstellation vor dem Saisonfinale war an Spannung kaum zu überbieten: Gewinnen die Tiengener beim direkten Konkurrenten TC Freiburg-Schönberg, wäre der Titelgewinn fast schon perfekt gewesen. Bei einer Niederlage in Freiburg-Schönberg müsste ein 8:1-Sieg beim TC Grenzach her – eine schwierige Aufgabe. Der Sieg sollte also schon beim TC Freiburg-Schönberg eingefahren werden. Fast acht Stunden kämpften beide Teams. Das Ende war mit einer 4:5-Niederlage bitter für den TC RW Tiengen.
„Ich spiele schon lange Tennis, aber so was habe ich noch nie erlebt“, kann es der Trainer noch nicht fassen. 4:2 nach den Einzeln, zwei Doppel gingen verloren. Das Spitzendoppel mit dem Spanier Ignaci Villacampa-Roses und dem Schweizer Oliver Mrose führte beim Stand von 7:6 und 6:6 im Tie-Break des zweiten Satzes mit 6:4, ließ dann aber zwei Matchbälle aus. Back: „Den einen Matchball hatten sie schon verwandelt, doch stellte sich heraus, dass der Ball Luft verloren hatte und platt war.“ Der Punkt wurde zurückgenommen, der Ball wiederholt. Die Tiengener verloren den Satz und später auch das Match-Tiebreak mit 9:11.
Tags darauf in der Partie beim TC Grenzach kämpfte die Mannschaft auch noch, als feststand, dass es mit dem Titel nichts werden würde. „Sie haben Charakter gezeigt“, lobte der Trainer auch nach der zweiten bitteren 4:5-Niederlage an diesem Wochenende.

„Ich bin stolz auf dieses Team“, schwärmt Back, der in ein paar Wochen mit den Verantwortlichen des Vereins die Saison analysieren will. Fest steht, dass es keine Zukäufe teurer ausländischer Spieler geben soll. Back: „Wir setzen auf Spieler aus der Region. Das macht unsere Stärke aus. Wir sind eben kein zusammen gewürfelter Haufen.“

Back nimmt da auch seine beiden Schweizer Spieler nicht aus. Raphael Lustenberger, die Nummer 1 des Teams, fühlt sich wohl beim TC RW Tiengen. Am Freitagabend wurde er Vater, stand tags darauf schon wieder für sein Team beim TC Freiburg-Schönberg auf dem Platz. Er wollte seine Kollegen durch seinen Einsatz zumindest im Einzel helfen. „Das macht nicht jeder und spricht für seine Qualitäten“, freut sich Back. Lustenberger wohnt in Luzern und spielt in der fünften Saison für die Rot-Weißen.

Oliver Mrose ist schon seit elf Jahren beim TC RW Tiengen im Kader. Er wohnt in der schweizerischen Gemeinde Döttingen unmittelbar in Grenznähe „Er kennt den Verein und alle Spieler. Und die Spieler schätzen ihn“, versichert Back.
Meister bestreitet noch ein Aufstiegsspiel
Übrigens: Wäre der TC RW Tiengen Meister geworden, hätte er sich damit nicht automatisch für die Regionalliga Südwest qualifiziert. Es wäre noch ein Aufstiegsspiel im September anberaumt worden. Nur zwei Meister der Verbände aus Baden, Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz/Saarland dürfen alljährlich rauf in die Regionalliga Südwest. Aber dieses Aufstiegsspiel ist dem TC RW Tiengen noch „erspart“ geblieben.