Harald Fengler, die Politik hat den Lockdown bis 7. März verlängert. Wie beurteilen Sie die Situation bei der Jugend?
Nun, wir können nur reagieren und abwarten, was die Entscheider ermöglichen. Aber natürlich schauen wir gespannt aufs Frühjahr. Das Zeitfenster für den Rest der Saison wird kleiner.
Was ist der Plan?
Wir stehen in den Startlöchern und können den Spielbetrieb fortsetzen, wenn Sportstätten geöffnet werden. Die Spielpläne wurden von den Staffelleitern angepasst, was eine akribische Arbeit war, denn es musste alles – wie früher – von Hand gemacht werden, weil die Termine im Frühjahr von der Rückrunde belegt waren. Meine Leute haben da während der Corona-Pause einen sehr guten Job gemacht. Klar ist aber, dass wir es wohl maximal schaffen, die Vorrunde zu Ende zu spielen.
Dürftee ab Mitte März trainiert werden, ab wann geht‘s dann tatsächlich los?
Wir gehen derzeit von Mitte April aus, denn vier Wochen Vorlauf müssen sein. Es wird aber eng, denn es sind ja noch Pfingstferien. Und beim Nachwuchs kannst du nicht, wie bei den Aktiven, die „englische Wochen“ einplanen.
Und wenn es nicht klappt?
Dann werden wir die Auf- und Absteiger wieder per Quote ermitteln müssen.
Absteiger auch?
Ja, das wurde von Anfang an propagiert. Noch eine Saison ohne Absteiger geht nicht. Ein Beispiel: Die Bezirksliga der D-Junioren spielt mit 13 Mannschaften, aber die Sollstärke ist 10. Wir brauchen also bis 2024 um diesen Wert wieder zu erreichen – trotz erhöhtem Abstieg.
Grundsätzlich aber sind die Staffeln bei den Junioren doch erheblich kleiner als bei den Aktiven. Wo also ist das Problem, die Vorrunde zu Ende zu spielen?
Wir beginnen mit der Jugend aber erheblich später und haben viel mit Verlegungen zu tun. In der bereits erwähnten Bezirksliga der D-Junioren müssen einige Mannschaften noch sieben Spiele austragen. Aus diesem Grund fand ich es nicht glücklich, dass der Verband schon vor dem von der Politik beschlossenen 1. November den Spielbetrieb eingestellt hat. Die Spiele am letzten Oktober-Wochenende wären für den Nachwuchs wichtig gewesen.

Die Zahlen sprachen aber dagegen?
Natürlich steht für mich die Gesundheit aller Beteiligten an oberster Stelle. Aber wir hatten in den bis dahin etwa 1500 ausgetragenen Spielen lediglich zwölf bis 15 Absagen wegen Corona.
Mehr Kinder waren nicht infiziert?
Schon, aber wenn diese Kinder zuvor nicht im Training waren, also keinen Kontakt zu Mannschaftskameraden hatten, durfte dennoch gespielt werden.
Wie kamen die Jugendabteilungen mit den Hygiene-Regelungen zurecht?
Das haben die Vereine richtig gut gemacht. Wir haben das zwar im Detail nicht kontrolliert, aber es gab keine Beanstandungen, bei den wir hätten eingreifen müssen. Ich habe von einigen Vereinen erfahren, dass deren Konzepte so gut und durchdacht waren, dass diese direkt auf den Aktivspielbetrieb angewendet wurden.

Zur Person
Die Voraussetzungen, alles wie gewünscht umzusetzen, sind ja nicht für alle Vereine gleich?
Nein, aber da haben unsere Staffelleiter mit zeitlichen Verschiebungen am Spieltag unterstützt. Manche Vereine haben ja nur zwei Kabinen, dort wurde eine Stunde zwischen den Spielen eingeschoben, um die Kabinen desinfizieren zu können. Außerdem waren die Gastmannschaften angehalten, bereits in Sportkleidung anzureisen und nach Spielende zugig wieder abzureisen – die Benutzung der Duschen ist ja nicht erlaubt gewesen.
Wie klappte das bei den Spieltagen der F-Junioren, wenn mehrere Vereine zeitgleich anreisen mussten?
Der zuständige Staffelleiter Dirk Scheuble hat die Organisation dieser Spieltag den Vereinen übertragen. Vor Corona waren es bis zu acht Mannschaften in einer Gruppe, die sich an wechselnden Orten zu den Spielen trafen. Während Corona ist der Spieltag auf vier Mannschaften beschränkt, so dass die Kinder stets beschäftigt sind.
Es gibt nicht nur den Ligabetrieb. Wie sieht es beim Bezirkspokal aus?
Der genießt für uns oberste Priorität. Wir wollen den Pokal auf jeden Fall ausspielen, denn so eine Situation wie im Sommer 2020 ist nicht befriedigend. Wir mussten abbrechen und die Pokalsieger beziehungsweise die Teilnehmer am SBFV-Verbandspokal auslosen.
So weit sind wir noch nicht, stecken noch mitten im Lockdown. Viele Vereine haben die Sorge, dass ihnen der Nachwuchs wegen der langen Pause wegläuft. Haben Sie schon einen Überblick, wie sich Corona auf den Nachwuchsspielbetrieb auswirkt?
Ich will es nicht verschreien, aber bis zum heutigen Tag wurde im Zusammenhang mit dem Lockdown noch keine Mannschaft abgemeldet. Aber ich will nicht ausschließen, dass da noch etwas kommt, wenn das Training wieder beginnt und die Vereine feststellen, dass der eine oder andere Spieler keine Lust mehr auf Fußball hat. Andererseits wurde bei den E-Junioren auch nur eine Mannschaft nachgemeldet, die „Zweite“ des FC Bergalingen. Normalerweise gibt es in dieser Altersklasse nach der Winterpause acht, neun neue Teams.
Der Spielbetrieb der E-Junioren läuft ohnehin etwas anders ab?
Ja, wir spielen im Herbst eine Qualifikation. Die haben wir über die Bühne bekommen, ehe der Spielbetrieb eingestellt wurde. Im Frühjahr werden dann die beiden Erstplatzierten sowie die Tabellendritten und -vierten jeweils in Staffeln verteilt. Eine dritte Staffel-Gruppe bilden dann Mannschaften ab Platz fünf – und die Nachgemeldeten.
Bei den Jüngsten ist also noch viel Betrieb. Aber wie sieht es denn grundsätzlich im Nachwuchsfußball aus. Wie entwickeln sich die Mannschaftszahlen?
In der vergangenen Saison hatten wir 526 Mannschaften im Spielbetrieb des Bezirks Hochrhein. Das ist der niedrigste Stand seit 2000, als wir noch 608 Teams hatten. Den höchsten Wert hatten wir in der Saison 2007/08 mit 755. Also haben wir in den letzten zwölf Jahren rund 230 Mannschaften verloren.
Das ist eine ordentliche Nummer...
Prekär ist es bei den A-Junioren. Wir haben unter der Bezirksliga gerade noch eine Kreisliga mit 13 Mannschaften – verteilt übers komplette Bezirksgebiet von Schliengen über Todtnau bis in den Klettgau. So etwas gab es noch nie.
Wieso gibt es so wenig A-Junioren?
Viele Vereine setzen die jungen Spieler schon bei den Aktiven ein, das macht viel kaputt. Um eine Mannschaft durch die Saison zu kriegen, brauchst du aber mindestens 18 Spieler. Den Vereinen will ich da keinen Vorwurf machen, denn sie versuchen alles, damit ihre Kinder spielen können. Also werden immer öfter jüngere Spieler eine Altersklasse nach oben geholt, so dass sie oft in zwei Mannschaften spielen müssen. Allerdings dürfen Kinder und Jugendlichen dürfen nur einmal am Tag eingesetzt werden. Richtig kritisch wird es mittlerweile eher, dass man die B- und C-Junioren bei der Stange halten kann.
Wo sehen Sie Gründe für den Rückgang?
Nun, auch bei den Kindern geht der Trend verstärkt zum Individual- oder Funsport. Fürs Tennis brauche ich eine zweite Person, für Fußball eine ganze Mannschaft. Viele Familien wollen einfach nicht mehr durch einen Verein in ihrer Freizeit gebunden sein.
Liegt es auch an der finanziellen Belastung für die Familien?
Das ist für mich kein Argument. Ich behaupte mal, dass es viele Sportarten gibt, da bezahlen Sie für Ihr Kind im Monat soviel Beitrag, wie im Fußball fürs komplette Jahr. Und dann kriegen die Kinder im Verein bis auf die Fußballschuhe alle Utensilien gestellt.
Wie begegnet der Fußball diesem Trend?
Das Problem hat nicht nur der Fußball, sondern auch andere Mannschaftssportarten. Bei uns wird die Zahl der Spielgemeinschaften weiter wachsen. Wir haben bei den A-Junioren gerade noch 31 Mannschaften im gesamten Bezirk und nur noch zehn Vereine, die eine eigene Mannschaft stellen können.
Im Bezirk gibt es drei eigenständige Jugendfördervereine, in Laufenburg und Rheinfelden, sowie die SG Steina-Schlüchttal. Ein Modell für die Zukunft?
Ich rechne nicht damit, dass es viele Vereine in dieser Form geben wird, denn die Hürden sind schon enorm. Bis jetzt weiß ich nur von einer weiteren Initiative im Westen des Bezirks. Spielgemeinschaften sind das flexiblere Modell, weil sie immer nur auf ein Jahr ausgelegt sind. Ein Jugendförderverein ist eher eine langfristige Lösung.
Was sind die Voraussetzungen für einen Jugendförderverein?
Es muss ein eigener Verein gegründet werden – mit allen Rechten und Pflichten. Dieser Verein muss vier Altersklassen besetzt haben. Bisher waren das meist die B-, C-, D- und E-Junioren, damit die A-Junioren im Stammverein bleiben. Das wurde aber mittlerweile dahin gehend reformiert, dass A-Junioren eines JFV nun auch bei den Aktiven ihres Stammvereins eingesetzt werden dürfen. Das war früher nicht möglich.
Und wie steht‘s um die sportliche Qualität unserer Junioren im Bezirk?
Wir stehen nicht schlecht da. Gut ist, dass unsere Landesligisten mittlerweile mit den Vereinen vom Bodensee und dem Schwarzwald eingeteilt sind. Da wird auf Augenhöhe gespielt. Früher wurde diese Liga mit dem Bezirk Freiburg gespielt, wie bei den Aktiven. Da hatten unsere Mannschaften meist wenig Chancen, sich zu behaupten.
Harald Fengler, Sie sind mittlerweile in Pension und haben wegen der Corona-Pause sicher weniger Umtrieb. Wird es Ihnen nun langweilig?
In der Tat hätte ich unter normalen Umständen mehr zu tun. Trotzdem bin ich gut beschäftigt. Wir versuchen uns so aufzustellen, dass wir parat sind, sobald Fußball wieder erlaubt ist. Und dann habe ich das Ziel, den Bezirksjugendtag am 9. Juli in Laufenburg als Präsenz-Veranstaltung zu organisieren.
Fragen: Matthias Scheibengruber