Das Modell eines Jugendfördervereins (JFV) ist nicht mehr so neu im Bezirk Hochrhein. Seit März 2019 gibt es beispielsweise den JFV Region Laufenburg und seit Frühjahr des vergangenen Jahres ist auch die Region Rheinfelden mit ihrem JFV mit von der Partie.
Thorsten Szesniak, Vorstand Sport beim SV Herten, erinnert sich an die Anfänge: „Wir hatten uns mit den Laufenburgern mal getroffen und uns informiert, wie sie das machen.“ Spätestens da war Szesniak klar, dass das Modell auch in Rheinfelden funktionieren würde.
Während in Laufenburg sich die Jugendabteilungen aus insgesamt fünf Vereinen zusammen geschlossen hatten, waren es in Rheinfelden deren drei: der SV Herten, der SV Nollingen und der FV Degerfelden. „Wir sind Dorfvereine mit ähnlichen Strukturen und Problemen“, so Szesniak.
Statt dass jeder Verein bei seiner Jugendarbeit für sich selbst „wurschtelt“, sollten Kräfte gebündelt werden, um jeder Altersgruppe ein passendes und kompetentes Angebot zu unterbreiten. Szesniak und seine Mitstreiter waren sich sicher, dass der Jugendfußball der Zukunft sich neu definieren müsse, um überlebensfähig zu sein.
Corona kam direkt in der Anfangsphase
Nach dem ersten Ideenaustausch kam erst mal Corona – und das mit voller Wucht. Um aber in der Saison 2020/21 schon mit Mannschaften am Spielbetrieb teilnehmen zu können, wurde die Gründungsversammlung des JFV Region Rheinfelden virtuell abgehalten.
Videokonferenz und digitale Abstimmung machten es möglich: Der Jugendverein war aus der Taufe gehoben. An der Spitze steht der Vorstand mit den Jugendleitern der drei Vereine: Daniel Oddo (SV Herten), Martin Becker (FV Degerfelden) und Sabine Streule (SV Nollingen). Die Sportliche Leitung hat Szesniak inne.
Dann ging es zur Sache. „Wenn ich so was mache, dann nur mit klarem Konzept“, war Szesniak klar. Aus drei Jugendabteilungen sollte ein Ausbildungsverein werden. Talentförderung in Spitze und Breite – lautet die Maxime.

Über ein halbes Jahr dauerte es, bis sich Szesniak in Videokonferenzen und Gesprächen mit Spezialisten, Fußballschulen und Profis in dieser Sache Anregungen geholt hatte. „Ich hab das Rad sicher nicht neu erfunden, aber mich inspirieren lassen für ein nachhaltiges Konzept mit Struktur, Inhalten und Zielen des Vereins“, so Szesniak, der mit dem Vorstand eine Trainingsmatrix für alle Altersklassen von der F- bis zur A-Jugend erstellte.
Gar nicht überraschend war es für Szesniak, dass die Verantwortlichen der drei Rheinfelder Vereine stets an einem Strang zogen: „Alle waren begeistert. Wir haben eben dieselbe DNA.“ Soll heißen: Der Weg vom Kirchturmdenken hin zu einem Miteinander wurde ohne größere Differenzen eingeschlagen.
Optimale Förderung der Kinder steht im Zentrum
Szesniaks Kernaussage: „Mir geht es nicht darum, Titel und Pokale zu gewinnen. Jedes Kind soll bestmöglich gefordert und gefördert werden. Die Entwicklung des Kindes steht an erster Stelle des Konzepts. Das sportliche Ergebnis ist erst einmal zweitrangig.“
Gewinnen um jeden Preis? Nein. Vielleicht klingt‘s dem ein oder anderen Vertreter der alten Schule zu philosophisch, was Szesniak und sein Team als Grundsätze ihrer Jugendarbeit formulierten, doch versuchen die Verantwortlichen stets, ihre Theorien auch in der Praxis umzusetzen.
Teamgeist, Fairplay und die Vermittlung von Sozialkompetenzen sollen Ziel der Jugendarbeit sein. Für jede Mannschaft werden Lernziele im Ausbildungsprogramm definiert. Für das Erreichen der Ziele sollen nicht nur sportliche Übungen dienen, sondern auch soziales Verhalten gefördert werden.
Basis dafür sollen kompetente Trainer und Betreuer sein, die in ihrem Auftreten Vorbildfunktion haben und dafür geschult werden. Auch die Eltern müssen mit im Boot sein und Mannschaft, Spieler, Trainer und Betreuer unterstützen. Sie dürfen von außen keine Unruhe ins Spiel bringen und sollen die Kinder aufmuntern und positiv beeinflussen.
Das Ergebnis des JFV Region Rheinfelden in einer von Corona gehandicapten Premieren-Saison kann sich sehen lassen: 32 Trainer kümmern sich um rund 300 Kinder und Jugendliche. Der Verein hat zwei A-, zwei C-, drei D-, sechs E-, fünf F- und ein G-Jugend-Team. Bei den B-Juniorinnen ist man mit einer Mannschaft vertreten. Die Klasse der B-Junioren soll in der kommenden Saison besetzt sein. „Wir sind ganz gut aufgestellt“, lautet Szesniaks vorläufige Bilanz.
Auch die schulische Entwicklung ist wichtig
Ziel sei es auch, dass die Jugendlichen nicht die Lust am Fußball verlieren. Kritisch sei vor allem der Sprung von der A-Jugend zu den Aktiven, weil in diesem Alter oft andere Interessen in den Vordergrund rücken. „Da versuchen wir gegenzusteuern“, sagt Szesniak. Soziales Miteinander funktioniere nicht nur auf dem Fußballplatz.
Auch die schulische Entwicklung soll dabei nicht aus den Augen verloren werden. Bestes Beispiel: Der JFV Region Rheinfelden kooperiert mit dem Bildungszentrum in Rheinfelden, kann Kindern und Jugendlichen beispielsweise auch Angebote für Nachhilfeunterricht unterbreiten.
Der Corona-Stillstand zwingt auch den Rheinfelder Jugendförderverein zur Improvisation in Form von digitalen Angeboten. „FliptheSwitch-Challenge“ über TikTok, „Video-Challenge“ gibt‘s im Angebot. Auch Videos für individuelle Übungen werden bereit gestellt. Sie verfolgen alle das Ziel, den Nachwuchs in der schwierigen Zeit bei Laune zu halten.
Bisher hat der Verein wegen des Corona-Stillstands keine Mitglieder verloren. „Meine Sorge ist, dass manche die Motivation verlieren“, sorgt sich Szesniak. Es sei eben bequemer, am PC zu hängen. „Viele Jugendliche sind heute nur Konsumenten. Sie wollen im Internet bespaßt werden.“ Das Digitale sinnvoll zu nutzen könne auch den Alltag erleichtern. Leider hapere es da beim Nachwuchs noch gewaltig.