Fußball-Landesliga: – Der FSV Rheinfelden hat seine Tabellenführung in der Landesliga ausgebaut. Der VfR Bad Bellingen hatte vor 400 Zuschauern im Derby mit 1:2 das Nachsehen, auch wegen einer Zentimeterentscheidung zugunsten der Gäste.
190,5 Zentimeter groß ist der durchschnittliche Stammtorhüter in der Fußball-Bundesliga. Wer wie der Schweizer Nationalspieler Yann Sommer (Borussia Mönchengladbach) lediglich 1,83 Meter vorweisen kann, dem wird dies heutzutage mitunter als Malus ausgelegt. Noch einen Ticken kleiner, konkret fünf Zentimeter, ist Oguz Ozan vom FSV Rheinfelden.
Doch wie bei Sommer auf internationalem Niveau lässt sich trotz angeblich fehlender Zentimeter für einen Torhüter auch bei Ozan auf Landesliga-Ebene keine Qualitätseinbuße feststellen. Und während des Rheinfelder Gastspiels beim VfR Bad Bellingen zeigte sich, dass Ozans 1,78 Meter gerade noch ausreichend für die Parade der Partie waren.
Kurz vor der Pause hätte VfR-Kapitän Moritz Reif seine Farben per Strafstoß mit 2:1 wieder in Führung bringen können. Ozan brachte seine rechte Hand an den Schuss ins linke Eck, doch flog der Ball über diese hinweg gen Tor. Reaktionsschnell sprang Ozan nach hinten und zog das Spielgerät zu sich. Zweifelsfrei hatte der Ball den Rasen zwar hinter der Linie touchiert, sie (wohl) aber nicht mit vollem Umfang passiert.
Eine hauchdünne Entscheidung um Zentimeter, die der Linienrichter mit umgehender und eindeutiger Gestik überzeugend übermittelte.
Es war womöglich die Schlüsselszene beim 2:1-Sieg der Rheinfelder. Für Yannik Domagala stand das Ergebnis konträr zum Spielverlauf, der VfR-Trainer hatte „unsere mit Abstand beste Leistung“ gesehen. Gegen den Spitzenreiter habe man bis auf die beiden Gegentore sowie einen Alleingang in der Nachspielzeit nichts zugelassen, sei physisch und spielerisch überlegen gewesen. Hingegen operierte der FSV Rheinfelden ungewohnt oft mit langen Bällen. „Das ist nicht unser Spiel“, bekannte Werner Gottschling, doch sah es der Rheinfelder Coach nüchtern: „Solche Partien gibt es.“ Zumal sein Team auch im zehnten Saisonspiel ungeschlagen blieb.
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Dabei gab das Bad Bellinger Spiel über weite Strecken das harmonischere Bild ab, die Führung nach 20 Minuten ließ sich als verdient notieren. Tim Siegin setzte sich mit feiner Technik und willensstarker Dynamik an der Grundlinie durch, seinen Rückpass bugsierte Tim Schillinger unhaltbar für Ozan über die Linie.
Erst zum zweiten Mal in dieser Runde geriet der FSV Rheinfelden in Rückstand, was für Gottschling die spannende Frage bot: „Wie gehen die Spieler damit um?“ Sie sollten eine zufriedenstellende Antwort geben.
Julian Jäger muss verletzt raus
Zumal die Rheinfelder immer wieder Ausfälle kompensieren , es „springen Spieler in die Presche und geben alles“, lobte Gottschling. In der Anfangsminute verletzte sich Innenverteidiger Julian Jäger und musste ausgewechselt werden, die erzwungene Rochade erschwerte es den Gästen, ins Spiel zu finden. Jägers Platz an der Seite von Jeremy Stangl (Gottschling: „Er hat sehr gut gespielt“) nahm Serkan Korkmaz ein. Doch fehlte es dem FSV Rheinfelden ohne seinen Sechser an Struktur, an einer ordnenden Hand. „Wir haben gemerkt, dass Serkan uns im Zentrum fehlt“, erklärte Gottschling, warum er ihn wieder ins Mittelfeld und dafür Eren Salli von der Außenbahn in die Abwehrzentrale zog. Eine erneute Rochade, die das Rheinfelder Spiel stabilisierte.
Derweil kreierten auch die Bad Bellinger nur sporadisch konkrete Torgefahr, fanden zu selten in Abschlussposition. „Wir müssen es vorne besser ausspielen“, befand Domagala. Gerade im zweiten Durchgang landeten Standards und Flanken reihenweise in Ozans Händen, was freilich auch dessen – trotz seiner vergleichsweise geringen Körpergröße – vorzüglicher Strafraumbeherrschung zuzuschreiben war.
So verteidigte der FSV Rheinfelden seine 2:1-Führung, die auch die Gastgeber begünstigt hatten. Erst ließen sie Jason Cerimi beim 1:1 mitten im Strafraum völlig allein (40.), dann vertändelte Leon Dickau den Ball an der Seitenlinie gegen das energisch-giftige Nachsetzen von Shkelzen Shabani. Der Reservestürmer legte quer, Cerimi schob ein – 2:1 für die Gäste (56.).
Siegin zwei Mal an den Außenpfosten
Die besten Chancen für den VfR Bad Bellingen verzeichnete Siegin, der das Leder aus spitzem Winkel zweimal an den Außenpfosten zimmerte, sowie Matthias Dold, der aus kurzer Distanz freistehend den Ball nicht richtig traf (89.). Zwar rangiert der VfR Bad Bellingen weiter in der Abstiegszone, doch sieht Domagala den positiven Leistungstrend seiner Spieler („Ich bin stolz auf sie“) bestätigt. „Seit drei, vier Wochen werden sie stabiler“, was der Coach auch auf die komplette Mannschaftsstärke im Training zurückführt.
Gottschling trifft alte Bekannte
Solch eine Partie zu gewinnen, Widrigkeiten wie Ausfällen zu trotzen und vielleicht auch mal das nötige Glück in den entscheidenden Szenen zu haben – für Gottschling war all das der Bonus, „den man als Tabellenführer hat“. Für ihn persönlich, das war ihm anzusehen, war der Sieg bei seinem Ex-Club, den er bis Sommer achteinhalb Jahre betreute, ein zuckersüßer. Unzählige Male hatte er rund um den Platz kurz anhalten müssen, um bekannte Gesichter zu begrüßen. Einzig ein hitzig-emotionales Wortgefecht beider Trainerbänke störte das sonnige Rückkehrbild. Doch das Wichtigste für den FSV-Trainer waren letztlich die drei Zähler, mit denen die Rheinfelder ihre Tabellenführung ausbauen konnte.
Diese Woche wechseln die Fußballer auf ihren neuen Trainingsplatz in Warmbach, „das wird einen Push geben“, ist Gottschling überzeugt. Sollte er damit Recht haben, verheißt es für die Konkurrenz nichts Gutes.
VfR Bad Bellingen: Bannwarth – J. Domagala, Dickau, Meyer, Durmus – Muser, Mouttet, Reif (62. Berisha), Dold – Siegin, T. Schillinger.
FSV Rheinfelden: Ozan – Salli, Stangl, Jäger (6. Al Bayati), Smailji – Mislimovic, D‘Agostino (71.Paciulli), Korkmaz, Guglielmelli (81. Haligür) – Buhac (46. Shabani), Cerimi.