Leichtathletik: – Einfach sind diese Zeiten gerade gar nicht. Soziale Kontakte werden wegen der grassierenden Corona-Pandemie aufs Minimum eingedampft. Das Berufsleben hat sich binnen Tagen radikal verändert. Und doch versucht jeder, sich einen Funken Normalität zu schaffen – so gut es eben geht.

Jennifer Buckel aus Albbruck, eine der besten Speerwerferinnen ihrer Altersklasse in Deutschland, ist wie viele Sportler bemüht, nach der Aussetzung des Vereinstrainings im Langensteinstadion Tiengen ein halbwegs vernünftiges Trainingsprogramm auf die Beine zu stellen. „Normalerweise gehe ich für meine individuellen Übungen auf den Albbrucker Insel-Sportplatz“, erzählt die 20-Jährige: „Der ist allerdings – wie alle Sportstätten – gesperrt.“

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Also greift Jennifer Buckel zu total unorthodoxen Mitteln: „Ich schnappe mir hin und wieder einen Speer, gehe auf eine Wiese“, berichtet sie: „Manchmal werfe ich auch Bälle – einfach um die Technik nicht zu verlieren.“ Unterstützung bekommt sie oft von ihrem Bruder, der der großen Schwester den Adjutanten gibt: „Er wirft die Bälle zurück oder holt den Speer“, freut sich Jennifer Buckel übers Teamwork: „Wir halten uns gemeinsam fit, fahren zusammen mit dem Fahrrad durch die Gegend.“

Ja, auf ihre sportliche Familie kann sich Jennifer verlassen. Das war letztlich mit ein Grund, weshalb die Werferin nach dem Abitur zwar ab und zu auf Reisen ging, sonst aber ihrer Heimat und der LG Hohenfels treu geblieben ist: „Ich hätte ein Stipendium in den USA annehmen können.“ Einen Vereinswechsel, in Kombination mit einem Studium, hat sie nicht angestrebt.

Helmut Vogler (LG Hohenfels): „Jennifer Buckel ist eines der größten Talente unseres Vereins“
Helmut Vogler (LG Hohenfels): „Jennifer Buckel ist eines der größten Talente unseres Vereins“ | Bild: Scheibengruber, Matthias

Nach dem Abwägen aller Vor- und Nachteile – „ich musste mich entscheiden, ob ich dem Sport oder dem Beruf oberste Priorität einräume“ – hat sich die junge Frau aus Albbruck fürs Bewährte entschieden: „Bei meinen Trainern Daniel Klostermann und Simon Hoenen bin ich bestens aufgehoben“, strahlt sie Zufriedenheit aus: „Sie sind erfahrene Praktiker und haben wesentlichen Anteil an meiner Entwicklung.“

Vor etwa sechs Jahren hatte sich bei Jennifer Buckel heraus kristallisiert, dass ihre Stärken vor allem in den Wurf-Disziplinen liegen. Ob Hammer, Kugel oder Diskus – wenn Jennifer Buckel etwas zum Werfen in der Hand hat, fliegt es lang und weit. Ein Blick in die einschlägigen Bestenlisten unterstreicht das spezielle Talent der Sportlerin.

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Ihr Lieblingsgerät ist und bleibt jedoch der Speer: „Wie ich in den D-Kader gerückt bin, musste ich mich entscheiden“, erinnert sie sich an die Anfänge und deutet an, dass es Liebe auf den ersten Blick war: „Spätestens als es mit dem Ballwurf vorbei war, gab es keine Frage mehr. Ich habe mich im Speerwurf probiert, war gleich vorn dabei.“

Also übergab Thomas Rolle, Jennifer Buckels erster Trainer bei der LG Hohenfels, das Talent in die Hände des Duos Klostermann/Hoenen. Auch Helmut Vogler, bewährter LGH-Talentschmied, weiß sie dort in guten Händen: „Jennifer ist eines der größten Talente des Vereins“, hat Vogler ein Auge auf die aufstrebende Sportlerin.

„2016 war mein bislang erfolgreichstes Jahr“, betont Jennifer Buckel: „Erst wurde ich baden-württembergische U18-Meisterin mit 48,35 Meter – meine Bestleistung mit dem 500 Gramm-Speer – und gewann zwei Wochen später mit 46,52 Metern den süddeutschen Titel.“ Wie hoch diese Leistungen einzustufen waren, zeigt „dass mir nur knapp ein Meter zur EM-Norm fehlte.“

Dieses Niveau zu halten, war in der Folge aber nicht drin. Schon damals setzte Jennifer Buckel die Prioritäten mit Weitsicht: „In Absprache mit meinen Trainern, habe ich – mit Blick aufs Abitur – mein Training etwas reduziert.“ Der Plan ging auf, Jennifer Buckel bestand die Reifeprüfung in der Schule und steigerte sich umgehend wieder.

Zwischenzeitlich hatte sie sich – als Folge von Starts in der Schweiz – dort dem BTV Aarau angeschlossen. Prompt gewann sie 2019 den Schweizer U20-Titel mit persönlichem Rekord: 45,67 Meter mit dem 600 Gramm-Speer.

Ein Titel und eine Marke, die zu knacken sie sich für 2020 vorgenommen hatte. Doch das Corona-Virus machte ihr einen dicken Strich durch die Rechnung: „Ich war in Form, freute mich auf die Winterwurf-Meisterschaften“, erzählt Jennifer Buckel: „Es war der erste Wettbewerb, der abgesagt wurde.“

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Es sind schwierige Zeiten für den Familienmenschen Jennifer Buckel: „Mir fehlt vor allem meine Trainingsgruppe. Dort haben wir immer viel Spaß zusammen. Das ist durch die Kontakte via WhatsApp nicht zu ersetzen. Dass das Trainingslager in Salem abgesagt werden musste, ist richtig schade.“ Angeleitet durch Pläne von Simon Hoenen gestaltet sie nun ihr Training in Eigenregie: „Übungen auf dem Trampolin, Work-Outs bei Youtube, Gymnastik.“ Ausdauer trainiert sie mit Fahrrad oder Inlinern: „Da ist Kreativität gefragt.“

Ans Aufgeben hat Jennifer Buckel noch keinen Gedanken verschwendet: „Auch wenn es manchmal schwer ist, sich zu motivieren. Ich habe viel Spaß und Freude an meinem Sport – bremsen lasse ich mich durch das Virus nicht. Die großen Meisterschaften sind erst im Spätsommer. Deshalb bleibt es bei meinen Zielen: Den Schweizer Titel zu holen und die Bestweite zu steigern – und wenn es nur um einen Zentimeter ist.“