Nico, was bedeutet es für Sie, zum ersten Mal in Ihrer langen und erfolgreichen Karriere an der Tour de France teilzunehmen?

Für mich geht ein echter Kindheitstraum in Erfüllung. Die Tour war der Grund, warum ich überhaupt mit dem Radsport angefangen habe und es war von Anfang an mein Ziel, einmal dabei zu sein. Es hat zwar etwas länger gedauert, aber dafür ist es jetzt umso schöner.

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Was ist größer: Vorfreude oder der Respekt?

Ganz klar die Vorfreude. Respekt habe ich vor jedem Rennen, egal ob Tour, Eintagesklassiker oder sonst einem Renn-Einsatz. Aber ich habe vor keiner Herausforderung Angst, auch nicht vor der Tour. Ich weiß, was ich kann.

Was macht die Tour so besonders?

Es gibt natürlich meine spezielle Geschichte, dass für mich als Kind die Übertragung der Tour im Fernsehen der Initialmoment war, mit dem Radsport zu beginnen. Aber entscheidend ist, dass die Tour de France für die Menschen ein Synonym für Radsport ist, für sie ist Radsport die Tour. Es ist ein Medienhighlight, das jeder kennt, egal ob Radsportfan oder nicht. Es ist das wichtigste Radrennen der Welt. Deshalb war für mich immer klar: Solange ich nicht an der Tour de France dabei war, kann ich nicht in Rente gehen.

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Ist die Teilnahme vergleichbar mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen?

Das sind zwei verschiedene Dinge. Aber für einen Straßenradsportler ist es definitiv das wichtigste Rennen. Das ist es, was zählt, und jeder will einmal dabei sein.

Wegen der Olympischen Spiele endet die Tour in diesem Jahr erstmals nicht in Paris, sondern in Nizza. Ein Wermutstropfen?

Nein, das würde ich so nicht sagen. Das Finale wird dieses Jahr ganz anders sein als sonst. Es wird keine Champagnerfahrt zum Schluss geben, sondern es kann sich bis zum letzten Tag noch alles ändern. Aber ich muss zugeben, dass die Champs-Élysées schon irgendwie zur Tour gehört, dieses Spektakel muss ich noch erleben und ist ein Grund, zumindest noch einmal zu starten.

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Für Sie geht es nicht nur darum, dabei zu sein. Ihr Team will mit Primož Roglič die Gesamtwertung gewinnen. Wie groß ist der Druck?

Ich persönlich habe keinen Druck und auch im Team ist alles sehr locker. Die Stimmung ist super, aber jeder weiß, worum es geht und was das Ziel ist. Dafür werden wir alles geben. Ich würde es eine positive Anspannung nennen, die jetzt im Vorfeld herrscht.

Was ist Ihre Aufgabe im Team, auch im Hinblick auf den Teamkapitän Primož Roglič?

Vereinfacht gesagt, bin ich für Primož und die anderen Klassementfahrer der Bodyguard. Meine Aufgabe ist es, sie aus dem Wind zu nehmen, um sie möglichst sicher und kräfteschonend in die entscheidenden Phasen des Rennens zu bringen. Gerade in der ersten Woche wird das sehr wichtig sein.

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Hat man als Giro-Etappensieger auch Ambitionen auf einen Tour-Etappensieg?

Solange wir als Team mit Blick auf die Gesamtwertung im Plan sind, gibt es keinen Platz für persönliche Ambitionen. Das ist absolut ausgeschlossen.

Was ist der Unterschied zwischen der Tour de France und dem Giro d‘Italia, an dem Sie bereits sechs Mal teilgenommen haben?

Gut, mir fehlt jetzt noch die Tour-Erfahrung, aber was ich höre und schon mitbekomme, ist eben alles viel krasser und extremer. Das liegt einfach an der Bedeutung dieses Rennens. Der Giro wird eigentlich nur von den Experten beachtet, bei der Tour ist das anders. Deshalb ist die Nervosität und der Stresspegel im Peloton wohl auch deutlich höher.

Topform: Nico Denz präsentierte sich bei den Deutschen Straßenmeisterschaften in Bad Dürrheim in Bestform, auch wenn es mit dem ...
Topform: Nico Denz präsentierte sich bei den Deutschen Straßenmeisterschaften in Bad Dürrheim in Bestform, auch wenn es mit dem erhofften Deutschen Meistertitel nicht klappte. | Bild: Ralf A. Schäuble

Wann ist für Sie persönlich der Start der Tour ein Erfolg?

Wenn wir wissen, dass wir unser bestes gegeben haben. Für mich ist es allerdings auch schon ein Erfolg, dabei zu sein und zu diesem herausragenden Kader zu gehören.

Wie lief die Vorbereitung für Sie?

Eigentlich hat diese schon im Oktober 2023 begonnen. Nach gesundheitlichen Problemen zu Jahresbeginn lief es eigentlich perfekt. Mit mehrwöchigem Höhentraining und als finalen Test das 8-tägige Critérium du Dauphiné bin ich in Topform. Das habe ich auch bei der DM in Bad Dürrheim gespürt, auch wenn das Rennen nicht nach meinen Vorstellungen gelaufen ist.

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Aktuell wird das Team mit dem neuen Hauptsponsor Red Bull präsentiert. Was bedeutet das für Sie?

Von der ersten Minute bei Bora – hansgrohe an hatte ich das Gefühl, nach Hause zu kommen, so wohl habe ich mich gefühlt. Umso stolzer bin ich, jetzt Teil dieser neuen Ära zu sein. Denn wenn Red Bull in eine Sportart investiert, dann mit höchster Professionalität, von der am Ende alle profitieren.

Sie haben gerade den Vertrag verlängert. Wie viel Rückenwind gibt das?

Das gibt mir als Profisportler viel Sicherheit und man kann sich voll auf den Sport konzentrieren. Besser geht es nicht. Als ich Anfang des Jahres gesundheitliche Probleme hatte, hatte ich immer das Gefühl, dass das Team hinter mir steht.

Sie sind der einzige Deutsche im einzigen deutschen Team. Ist das etwas Besonderes?

Radsport ist sehr international. Die Nationalität der Teams spielt eigentlich keine große Rolle. Nur für die Medien ist das manchmal ein interessanter Aspekt.

Fragen: Ralf A. Schäuble