Basketball: Nach Abschluss der Saison in der ProA zieht Alen Velcic, Trainer des Zweitligisten wiha.Panthers Schwenningen eine Saisonbilanz. Er räumt eigene Fehler ein und übt harte Kritik an den Spieler.
Herr Velcic, wenn Ihnen vor der nun abgelaufenen Saison jemand gesagt hätte, dass die wiha Panthers am Ende nur auf Rang 14 stehen, wie hätten Sie reagiert?
Ich hätte die Augenbrauen nach oben gezogen und gedacht, dass er oder sie keine Ahnung hat. Ich hätte es mir niemals vorstellen können, dass wir in den Abstiegsstrudel geraten. Das ist das Fatale am Mannschaftssport: Wenn man denkt, man hat in der Vorbereitung alles richtig gemacht, kommt ein fauler Apfel, der alle anderen Äpfel verdirbt.
Ihr Team gewann fünf der ersten sieben Spiele. Was geschah dann?
Es ging schon vorher los. Luka Dolman verheimlichte uns eine Verletzung, Grant Sitton verletzte sich am zweiten Spieltag, Quatarrius Wilson am dritten, beide waren sechs Wochen raus. Dann kamen Chris Frazier mit seiner Schulter-Teilluxation und die Grippewelle. Till Isemann musste daraufhin zehn Wochen pausieren, Lennard Larysz beginnt jetzt erst mit dem Aufbautraining.
Gab es abgesehen von den Verletzungen noch weitere Probleme?
Dazu kam, dass ich uns einige faule Äpfel in den Garten geworfen habe. Ich habe bei den Verpflichtungen nur die schöne Vorderseite mancher Spieler gesehen, auf der Rückseite waren sie aber faulig. Vor allem David Cohn, Raiquan Clark und Quatarrius Wilson sind nicht gesellschaftlich kompatibel, pure Egoisten und nicht für den Profisport geeignet. Das waren die schlimmsten menschlichen Züge, die ich in 25 Jahren Trainergeschäft erlebt habe. Ich hätte früher reagieren müssen, ich war aber zu weich.
Hätten Sie bei der Kaderzusammenstellung mehr auf die menschliche Komponente der Spieler achten müssen?
Ja. Wir hatten in dieser Saison das talentierteste Team aller Zeiten in Schwenningen, aber sonst nicht viel. Keine Teamchemie, kein Glück mit Verletzungen, keine Hierarchie, keinen Respekt untereinander, keine Akzeptanz, kein Vertrauen.
Was werden Sie aus dieser Saison lernen?
Ich habe während einer Saison noch nie so viel gelernt wie in dieser. Ich werde jeden Kieselstein und jedes Staubkorn umdrehen und analysieren und fange damit bei mir an. Ich habe Fehler gemacht und mich nach der Saison 2021 zu sehr in eine Komfortzone begeben. Ich habe die Spieler nicht so genau angeschaut wie in der Vergangenheit.
Haben Sie sich während der Saison die Frage gestellt, ob Sie noch der richtige Trainer für dieses Team sind?
Nein, zu keiner Sekunde. Der Trainer ist nie der Schuldige, egal in welchem Teamsport. Es ist aber die einfachste Lösung, den Trainer zu wechseln, weil man da nur eine Personalie tauschen muss. Ich habe in den vergangenen zehn Jahren bewiesen, dass ich weiß, was ich tue. Aber wenn man Menschen im Team hat, die partout nicht mitziehen wollen, ist man machtlos.
Was werden Sie in der kommenden Saison konkret verändern?
So etwas wie in dieser Saison werden wir versuchen zu vermeiden. Die große Ansammlung von untrainierbaren Individuen, wie wir sie in diesem Jahr hatten, reicht für ein ganzes Trainer-Leben. Ich werde versuchen, ein Team zusammenzustellen, das den Job des Profisportlers versteht und ehrt. Wer dann die vorgegebenen Linien übertritt, wird die Konsequenzen tragen müssen.
Gibt es auch Spieler, mit denen Sie zufrieden sind?
Ja. Ich ziehe den Hut vor Chris Frazier, Malik Kudic, Adrian Bergmann, Leon Hoppe, Kelvin Okundaye, Robert Drijencic und vor allem Demarcus Stuckey. Er hat beim entscheidenden Spiel in Itzehoe 30 Minuten lang verletzt gespielt, die Rolle als Leader angenommen und das wichtigste Spiel der letzten Jahre für den Club entscheidend geprägt, ohne Rücksicht auf persönliche Verluste.
In den vergangenen Jahren wollten Sie das Team immer zusammenhalten. Ist nun ein erneuter Umbruch notwendig?
Unumgänglich. Ich werde jedoch mit Chris Frazier, Malik Kudic und Kelvin Okundaye über die kommende Saison sprechen. Ich habe aber auch bereits einen Tag nach Saisonende meine Fühler nach weiteren Spielern für uns ausgestreckt.
Vor der Saison sagten Sie, Sie wollen in den nächsten Jahren in die Bundesliga aufsteigen. Hat die abgelaufene Saison etwas an diesem Ziel verändert?
Nein. Wenn man richtig arbeitet und klare Ziele hat, dann sollte man diese nicht umformulieren. Wir haben bald unser eigenes Trainingszentrum, was ein Pfund bei der Verpflichtung von Spielern ist und zudem auch eine Auflage für die Bundesliga. Jetzt fehlen noch 3,5 Millionen Euro Etat.
Woher soll dieses Geld kommen?
Wir müssen mit unseren Sponsoren und deren Netzwerken weiter geduldig arbeiten. Unsere Region ist wirtschaftsstark und sportbegeistert. Und irgendwann wollen und müssen wir in die Helios Arena ziehen. Diese bietet uns in der Vermarktung nochmals ganz andere Möglichkeiten.
Fragen: Maurice Sauter