Eishockey: 1,93 Meter groß und 103 Kilogramm schwer – das sind die wohl auffälligsten Daten zu Will Weber und die Merkmale, die an ihm auffallen. Die weitere Einordnung des Defensivhünen würde wohl über seine nicht gerade unauffällige Strafzeitenbilanz erfolgen. Doch William „Will“ Weber ist für die Schwenninger Wild Wings so viel mehr als das.
„Es ist unglaublich, nicht zu fassen“, findet auch Will Weber. Dass der US-Amerikaner mit deutschem Pass mittlerweile in seiner bereits fünften Saison bei den Neckarstädtern spielt, fühlt sich auch für den 36-Jährigen surreal an. Auch, weil der Start im Sommer 2020 gänzlich durch die Corona-Pandemie überschattet wurde. Weber kam damals von den Fischtown Pinguins Bremerhaven in den tiefen Südwesten, fing sich gleich einmal eine Covid-Infektion ein und musste gemeinsam mit den neuen Teamkollegen bis in den Dezember warten, ehe die Saison endlich begann. „Das fühlt sich heute noch komisch an und war auch nicht so ganz einfach. Wir waren viel zuhause. Gerade meine Frau und mein Sohn konnten zunächst keine Kontakte knüpfen“, erinnert sich der Verteidiger.
Vier Jahre später ist das völlig anders. Weber gehört gemeinsam mit den Spink-Zwillingen Tylor und Tyson, Torhüter Joacim Eriksson und Boaz Bassen zu den dienstältesten Schwänen. Ehefrau Gibson und die mittlerweile zwei Söhne Wyatt (fünf Jahre alt und in Bremerhaven geboren) und Trace (knapp drei Jahre alt und in Schwenningen geboren) sind in der Doppelstadt mehr als heimisch. „Wir haben von Anfang an in Villingen gelebt und es gefällt uns immer noch total gut. Meine Söhne gehen ganz in der Nähe unserer Wohnung in den Kindergarten und kennen im Prinzip nichts anderes“, berichtet der Familienvater.
Damit haben die beiden Kinder dem Papa auch eines voraus: Sie sprechen perfekt deutsch. „Wyatt klingt wie jedes andere Kind hier in der Stadt und Trace sowieso“, erzählt Weber lächelnd. Der Vater selbst beantwortet Fragen lieber auf englisch, obwohl „ich eigentlich gut deutsch kann, es mich aber nicht zu sprechen traue“.
Auf dem Eis in den Stadien der Deutschen Eishockey Liga hingegen fehlt dem Defensivmann der Mut nie. Weber gilt als „harter Knochen“, der es an der Bande auch mal ganz schön scheppern lässt. Die Gegner können ein Lied davon singen. Doch wird man dem Linksschützen beileibe nicht gerecht, wenn man ihn auf seine körperlichen Fähigkeiten reduziert. Vielmehr ist der Profi aus Gaylord in Michigan der Stabilitätsanker im Defensivverbund der Schwenninger. Was meist erst auffällt, wenn er eben fehlt.
Im Schnitt steht die Nummer 78 der Schwenninger rund 15 Minuten pro Spiel auf dem Eis und zwar meist ganz weit hinten. Weber ist ein klassischer „Stay-at-home-Verteidiger“, hält vor allem seinen Kollegen den Rücken frei. Dabei agiert der Zweitgrößte (Thomas Larkin ist drei Zentimeter größer) des aktuellen Wild-Wings-Teams stets unaufgeregt. Genau so, wie es im Übrigen auch seinem Naturell entspricht. „Es ist völlig okay für mich, wenn man mich nicht wahrnimmt. Ich möchte gar nicht im Vordergrund stehen, wollte ich noch nie“, sagt Weber. Das gilt auch für sein Auftreten in der Kabine, wo er dennoch zu den absoluten Führungsspielern in Schwenningen gehört und inzwischen auch einer der Assistenzkapitäne ist. „Ich gehe lieber mit gutem Beispiel voran als viel zu reden. Wenn jemand Hilfe oder einen Rat benötigt, bin ich aber immer da.“
Sportlich hat Weber im Laufe seiner Jahre am Neckarursprung ohnehin alles erlebt, mehr schlechte als gute Zeiten. „Es war eine Achterbahnfahrt. Aber wir haben uns immer wieder verbessert, Stück für Stück. Und ich habe immer daran geglaubt, dass wir irgendwann Erfolg haben werden“, lässt der Deutsch-Amerikaner die Jahre Revue passieren. Und erinnert sich natürlich am liebsten an die letzte Saison. „Es war so wichtig für die Fans. Sie und auch wir hatten das verdient“, meint Weber zum Viertelfinaleinzug 2023/24.
In diese Richtung soll es für die Wild Wings gerne auch in dieser Spielzeit wieder gehen. Wie es danach weitergeht, ist hingegen noch offen. „Ich kann mir gut vorstellen, hier zu bleiben“, denkt Weber noch nicht ans Aufhören.