„Es ist einer der schönsten Aussichtspunkte am Untersee“, schwärmt Salensteins Gemein­depräsident Bruno Lorenzato. Er steht auf dem gesicherten Teil der Aussichtsterrasse auf der Sandegg, die auf mittelalterlichen Ruinen fußt. Noch ist die Anlage in großen Teilen einsturzgefährdet und sieht verwahrlost aus. Doch bald soll die Bevölkerung wieder hier oben verweilen, staunen und Sonnenuntergänge genießen dürfen.

Gemeinsam mit dem Amt für Archäologie wurde ein Sanierungsprojekt erarbeitet, welches in mehreren Etappen umgesetzt wird. Bis Ende Jahr gilt der bauliche Fokus der Sicherung und Wiederinstandstellung der Aussichtsterrasse. 2026 folgen die Restaurierung der Umfassungsmauern sowie die Wiederherstellung der historischen Gartengestaltung.

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„Die feierliche Wiedereröffnung der Sandegg ist für den Spätsommer oder Frühherbst 2026 geplant – ab dann soll die Anlage wieder öffentlich zugänglich sein“, sagt Bruno Lorenzato. Ihm sei es wichtig, die Geschichte des Ortes sichtbar und erlebbar zu machen. „Das Ziel wäre, dass ich beim Projektabschluss auf dem neuen ­Bänkli der Aussichtsplattform eine Zigarre rauchen werde“, sagt der Gemeindepräsident mit einem Augenzwinkern.

Funde aus Mittelalter und Neuzeit

Bereits jetzt sieht es in der über 100-jährigen Parkanlage nach Baustelle aus. Im Vorfeld der Sanierung nutzt das Amt für Archäologie die Gelegenheit, vor der Sanierung mögliche Reste älterer Bausubstanz zu untersuchen. In diesen Tagen informieren die Projektverantwortlichen über die bisherigen archäologischen Erkenntnisse und die geplante Sanierung.

Auf dieser Drohnenaufnahme der Schlossruine Sandegg ist in der Mitte das freigelegte Turmfundament zu sehen.
Auf dieser Drohnenaufnahme der Schlossruine Sandegg ist in der Mitte das freigelegte Turmfundament zu sehen. | Bild: zvg / Amt Für Archäologie Thurgau

Auf einem Tisch liegen diverse Fundstücke aus der Anlage. Die Tierknochen, Keramikscherben oder verzierten Fragmente von Ofenkacheln stammen grundsätzlich aus dem Mittelalter und der Neuzeit, eine Keramikscherbe ist sogar prähistorisch, wie Angelika Signer vom Amt für Archäologie erklärt. „Das ganz normale Sammelsurium eben.“

Die Turmfundamente, die das Team um Archäologin Simone Benguerel zu Beginn der Grabungen entdeckte, sind dagegen eine andere Hausnummer. Diese Überreste eines Gebäudes von mindestens 13 mal 6,5 Meter, wurden nach der Untersuchung wieder zugeschüttet und bleiben im Boden, über welchem die neue Parkanlage entstehen wird. Neben schriftlichen Quellen liefern ab dem 17. Jahrhundert auch bildliche Darstellungen Hinweise zur Entwicklung der Anlage auf der Sandegg.

Ziel der archäologischen Arbeiten sei es, jene Gebäude und Strukturen, die in den Quellen erwähnt oder abgebildet sind, zu verifizieren. „Insbesondere Turm, Palas sowie Kapelle und Torsituation der ehemaligen Burg“, erklären Benguerel und Signer. Nachweisliche Spuren vom Palas, also dem repräsentativen Saalbau des Schlosses, sowie der Kapelle fehlen derzeit noch. Restlos alles ausgraben und nachvollziehen könne man hier aus zeitlichen und finanziellen Gründen ohnehin nicht, sagt Signer.

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Grob spricht man von drei Meilensteinen der Anlage: „der Burg, deren Umbau zum Schloss und der neuzeitlichen Gartenanlage“. Die vielschichtige Geschichte zeige sich eindrücklich in der Bausubstanz und im Gelände, sagt Simone Beguerel. Auffällig sei auch, dass verschiedene Bauherren offensichtlich „Lage vor Stabilität“ wählten. Noch hat das archäologische Team rund zwei Wochen für abschließende Abklärungen und Untersuchungen vor Ort. Anschließend wird das Amt für Archäologie weiterhin begleitend in der Baukommission tätig sein.

Terrasse ist seit 2004 gesperrt

Bruno Lorenzato schwärmt von der Zusammenarbeit mit dem Team des Amts für Archäologie – es gehe zügig voran. Das Projekt liegt ihm am Herzen, denn er verbindet viele Jugenderinnerungen mit der Anlage und ihrer Hirschskulptur. Die Sicherung der Terrasse ­werde wohl mit am teuersten, schätzt Lorenzato. Diese ist seit ihrem ersten Einsturz im Jahr 2004 für die Öffentlichkeit gesperrt. Das Kellergewölbe darunter soll mitunter durch Betonelemente gesichert werden und bleibe danach abgesperrt.

Chronik beginnt im 8. Jahrhundert

Weiter soll der Wanderweg unterhalb der Ruine fortbestehen, eine Grillstelle sei in der sanierten Anlage keine geplant. Auch behält sich die Gemeinde offen, den Park und die Terrasse über Nacht zu schließen, „je nach Besuchenden und Gruppierungen, die sich dann hier aufhalten.“

Simone Benguerel erklärt auf der Fundstelle die Geschichte der Ruine Sandegg.
Simone Benguerel erklärt auf der Fundstelle die Geschichte der Ruine Sandegg. | Bild: Tobias Hug

Seit diesem Jahr ist die Sandegg in Besitz der Gemeinde Salen­stein. Das Stimmvolk hat bei der Gemeindeversammlung vom 12. Juni 2024 der Übernahme der Ruine ins Eigentum der Gemeinde zugestimmt, nachdem die Besitzer des Schlosses Eugensberg angeboten hatten, die Ruine samt Land der Gemeinde Salenstein zu schenken. Im Gegenzug muss die Gemeinde die Sanierung organisieren und für den Unterhalt sorgen. Das ist dringend nötig.

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Bruno Lorenzato formulierte es im vergangenen Jahr folgendermaßen: „Wenn wir nicht sofort handeln, zerfällt alles.“ Im Dezember genehmigte der Salensteiner Souverän für die Sanierung einen Kredit über 700.000 Franken. Davon wird voraussichtlich die Hälfte von Bund und Kanton übernommen. Dieses Budget müsse gemäß Lorenzato reichen, „es wird aber eine eher knappe Angelegenheit“. Allenfalls müsse man fehlende Beträge via Sponsoring einholen. Informationen zu den laufenden Arbeiten sind bei der Grabungsstelle angebracht oder können unter archaeologie.tg.ch abgerufen werden.

Der Autor Tobias Hug ist Reporter unserer Partnerzeitung, der ‚Thurgauer Zeitung‘.