„Er kommt nicht“, erklärte der amtliche Verteidiger auf den fragenden Blick von Bezirksgerichtspräsident Cyrill Kramer. Bereits zum zweiten Mal erschien der Beschuldigte nicht zur Verhandlung.

Hatte er sich zur ersten Verhandlung im Januar dieses Jahres noch unter Angabe eines Auslandaufenthaltes entschuldigt, gab er diesmal keine Gründe für sein Fernbleiben an.

Die Anklagepunkte

Vor Bezirksgericht Zurzach zu verantworten gehabt hätte sich der 35-jährige deutsche Staatsangehörige wegen mehrfachem Betrug, mehrfachem unrechtmäßigem Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung, mehrfacher Drohung, übler Nachrede, mehrfacher Beschimpfung und Tätlichkeiten.

Rund 12.000 Franken von der Arbeitslosenkasse

Gemäß Anklage war der Beschuldigte 2018/2019 während rund eines Jahres beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons zur Arbeitsvermittlung angemeldet. Dabei verschwieg er, dass er in diesem Zeitraum bei einer Reihe von Temporärbüros im Zwischenverdienst im Einsatz war. Aufgrund seiner Angaben hatte er unrechtmäßig Arbeitslosengelder im Umfang von knapp 12.000 Franken ausbezahlt erhalten.

Im Winter 2020 – damals lief gegen ihn bereits ein Rückforderungsverfahren wegen der zuvor unrechtmäßig bezogenen Leistungen – hatte er sich erneut zum Bezug von Arbeitslosenentschädigungen angemeldet und dabei wiederum verschwiegen, dass er bei einem Temporärbüro angestellt war und Lohnzahlungen erhielt. Auf die Schliche gekommen war man ihm durch eine Meldung des Betreibungsamtes.

Drohnungen und Tätlichkeiten gegenüber einer Frau

Der mehrfachen Drohung, üblen Nachrede, mehrfachen Beschimpfung und der Tätlichkeiten hatte sich der Beschuldigte gemäß Staatsanwaltschaft gegenüber einer Frau schuldig gemacht, mit der er eine Zeit lang zusammengewohnt hatte. Er soll der Frau gedroht haben: „Noch bis am Montag, dann bist du tot.“ Und auch in der Öffentlichkeit soll er sie aufs Übelste beschimpft haben.

Die Staatsanwaltschaft beantragte eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten bei einer Probezeit von vier Jahren, eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu 120 Franken, im Sinne einer Gesamtstrafe mit einer zu widerrufenden bedingten Strafe aus dem Jahre 2021 sowie eine Landesverweisung für die Dauer von fünf Jahren.

Dritter Anlauf: Verhandlung in Abwesenheit

Angesichts der drohenden Landesverweisung – unrechtmäßiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung gilt als sogenannte Katalog-Tat für eine Landesverweisung – stellte Gerichtspräsident Kramer fest, dass es doch speziell sei, sich gegen eine Landesverweisung zu wehren, sich aber gleichzeitig über das Erscheinen vor einem Schweizer Gericht hinwegzusetzen.

Er ordnete eine erneute Vorladung des Beschuldigten an, unter Androhung einer Verhandlung im Abwesenheitsverfahren. „Ich will den Beschuldigten sehen und ihn befragen“, erklärte er.

Die Möglichkeit, den Beschuldigten vorführen zu lassen, wäre im vorliegenden Fall wohl kaum zielführend gewesen. Der Mann wohnt in einem anderen Kanton.

Der Autor ist Redakteur der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Beitrag zuerst erschienen.