Immer weniger Hausärzte, kaum Personal für Wochenend- und Nachtdienste: Nicht erst seit der Schließung der hausärztlichen Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) beim Bad Säckinger Gesundheitscampus sind die Probleme im ärztlichen Notdienst offenkundig. Doch das immer dünner werdende Angebot in der Ärzteversorgung ist kein spezielles Problem am Hochrhein. Selbst in der Schweiz, wo Ärzte deutlich mehr verdienen als in Deutschland, läuft im Notdienst nicht alles rund.
Wer ist für den Notdienst zuständig?
Konkurs eines privaten Anbieters zwingt zum Umdenken
Bis vergangenen November gab es im Kanton Aargau den Notdienst eines privaten Anbieters, der mit „rollenden Praxen“ den hausärztlichen Notdienst rund um die Uhr anbot.
Als dieses Unternehmen Anfang November in Konkurs ging, mussten die niedergelassenen Ärzte wieder nachts und am Wochenende Dienst schieben. Eine erhebliche Mehrbelastung, wie das Gesundheitsdepartement schreibt.
Telemedizin als Pilotprojekt
Ende Dezember wurde ein neues Angebot gestartet, mit dem die Ärzteschaft und die Notfallstationen der Spitäler entlastet werden sollen: Der Kanton begann ein auf sechs Monate angelegtes telemedizinisches Pilotprojekt.
Patienten können über eine kostenpflichtige telefonische Hotline (3,23 Schweizer Franken pro Minute), per App oder über das Internet Kontakt zu den diensthabenden Ärzten eines Telemedizin-Unternehmens aufnehmen. Anhand eines Fragebogens im Internet erhalten die Mediziner ein grobes Bild und können eine erste Einschätzung abgeben. Dazu findet ein Gespräch per Telefon oder Videochat zu einem vereinbarten Termin statt. Abgerechnet werden die medizinischen Leistungen regulär.
Erste Bilanz nach drei Wochen
Schon Mitte Januar konnte das Gesundheitsdepartement eine erste positive Bilanz ziehen. Das Telemedizin-Unternehmen betreute in diesem Zeitraum 55 Personen.
„Davon konnten 22 Patienten abschließend behandelt werden. 21 Anrufern wurde das Aufsuchen eines Spitals empfohlen. In drei Fällen war ein Aufgebot eines Rettungsdiensts nötig. Neun Anrufern wurde eine ärztliche Konsultation in den nächsten ein bis zwei Tagen in einer Arztpraxis empfohlen“, informierte das Gesundheitsdepartement. Auch die Ärztevertreter in einer eigens gegründeten Taskforce würden sich zufrieden mit dem Start des Pilotprojekts zeigen.
Ist ein solches Modell auch in Deutschland denkbar?
Die Antwort auf eine Anfrage bei der Kassenärztlichen Vereinigung in Stuttgart fällt knapp aus: „Wir haben seit Jahren ein Telemedizinangebot in Baden-Württemberg. Mit docdirekt haben wir in diesem Bereich daher umfangreiche Erfahrungen gesammelt. Darauf können wir aufbauen. Wir brauchen aber noch ein wenig, bis wir das dann auch im Bereitschaftsdienst einsetzen können“, so Pressesprecher Kai Sonntag.