Ende September 2021 war ein Aargauer Spielsalon durch einen bewaffneten Raubüberfall in die Schlagzeilen geraten. Ende Dezember vergangenen Jahres hatte ein Richter dafür einen 20-Jährigen wegen Raubes zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung und 2500 Franken Buße verurteilt. Dieser Tage stand derselbe Spielsalon erneut im Zentrum einer Verhandlung.

Eine Videoüberwachung bringt alles ans Licht

Diesmal saß eine damals angestellte Person, beschuldigt des Diebstahls, vor dem Einzelrichter. Acht Jahre lang hatte sie jeweils an sechs Tagen pro Monat als Aufsicht im Spielsalon gearbeitet, als im Spätsommer 2021 der Spielsalonbesitzer – misstrauisch geworden – die Person per Video überwachte.

Die Folge waren eine Anzeige bei der Polizei und eine Anklage. Die Staatsanwältin warf der Person vor, Lose – ohne diese zu scannen – aufgerubbelt und die Nieten weggeworfen zu haben. Handelte es sich hingegen um Gewinnlose, habe die beschuldigte Person diese nachträglich eingescannt und den Gewinn eingestrichen. Von April bis 11. September 2021, als sie in die Video-Falle ihres Chefs trampelte, soll sie mindestens 810 Lose im Wert von 4351 Franken behändigt haben.

Erst abgestritten, dann die Aussage verweigert

Fortuna dergestalt illegal unter die Arme gegriffen zu haben, hatte die Person bei einer ersten behördlichen Einvernahme vehement abgestritten und bei einer zweiten die Aussage verweigert. Am Tag nachdem der Chef sie mit dem Video konfrontiert hatte, war sie nicht mehr zur Arbeit erschienen: „Ich war geschockt.“

Die angeklagte Person hat heute einen 60-Prozent-Job und verdient netto 2100 Franken. Ganz in Schwarz gekleidet, behält sie auch im Saal den dicken Wintermantel an, verkriecht sich förmlich in diesen und beteuert auch vor dem Richter ihre Unschuld: „Ich kann mir das nicht vorstellen.“

Beschuldigte Person mimt die Nichtwissende

Als der Richter das entlarvende Video abspielt und Punkt für Punkt das inkriminierende Vorgehen der Beschuldigten kommentiert, fällt sie zunächst noch ein „ich weiß es wirklich nicht“ ein, schließlich aber kapituliert sie mit „es tut mir leid, aber ich habe es nicht extra gemacht“. „Mit anderen Worten“, so der Richter, „wissen Sie – eine gestandene, lebenserfahrene Person – nicht, welcher Teufel Sie geritten hat.“

Darum reduziert der Richter die Geldstrafe und Buße

Als Sanktion hatte die Staatsanwältin eine bedingte Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 80 Franken mit einer Probezeit von drei Jahren sowie 1500 Franken Buße gefordert. Dieser Antrag, so der Richter, sei schuldangemessen. Er reduziert jedoch „angesichts der nicht gerade rosigen finanziellen Verhältnisse“ der angeklagten Person den Tagessatz auf 50 Franken sowie die Buße auf 1000 Franken.

Der Spielsalonbesitzer will aber noch Schadenersatz

„Sie haben ja keinen Riesengewinn erzielt, sind mit Ihren heutigen Aussagen im Grundsatz geständig und ohne einschlägige Vorstrafe. Sie haben eine Chance verdient“, schloss der Richter. Nebst der Buße muss die Person auch die Verfahrens-und Gerichtskosten in Höhe von rund 2500 Franken berappen. Die Forderung des Spielsalon-Chefs in Höhe der Schadenssumme wird auf den Zivilweg verwiesen.

Über 4000 Franken hat die angeklagte Person mit nicht gekauften Losen abgezweigt.

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Dieser Beitrag ist zuerst in der ‚Aargauer Zeitung‘ erschienen.

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