Vor dem Zaun werden einige Fans langsam ungeduldig. Eigentlich hätte der Einlass für Personen mit VIP-Ticket schon vor zehn Minuten beginnen sollen. Doch noch macht das Sicherheitspersonal keine Anstalten, die Fans in das Stadion hineinzulassen. „Bleibt ruhig und wartet geduldig“, sagt ein Sicherheitsmann zu einer jungen Frau, die es fast nicht mehr abwarten kann.
Dann endlich dürfen die Swifties, wie die Fans von Taylor Swift genannt werden, das Zürcher Stadion Letzigrund betreten. Seit über einem Jahr ist die Musikerin auf ihrer „The Eras Tour“ unterwegs, nun macht sie für zwei Abende Station in Zürich.
Europa-Reise günstiger als Ticket in den USA
Vor dem Zaun stehen Elisabeth Crage und Lauren Glorioso. Ihre 16-jährigen Töchter werden gerade vom Sicherheitspersonal abgetastet. Die Taschen werden kontrolliert, dann sprinten die Mädchen auf das Stadion zu. Sie haben eine Mission: Einen Platz vor der Bühne zu bekommen, so nah wie möglich. „Los, ihr schafft das“, feuert Lauren Glorioso ihre Tochter an. Ihr Smartphone fängt ein, wie ihre Tochter als eine der ersten durch die Sicherheitsschleuse läuft.
Lauren Glorioso und Elisabeth Crage sind sogenannte Swiftie Moms, also Mütter von Taylor-Swift-Fans. Sie sind aus dem US-Bundesstaat Florida angereist. Den Besuch auf dem Konzert verbinden die Frauen mit einer Europa-Reise. „Die Tickets mit VIP-Pass haben 750 Euro pro Person gekostet“, sagt Lauren Glorioso.
Der VIP-Pass garantiert einen früheren Eintritt ins Stadion Letzigrund. Fans mit einem Standardticket dürfen das Stadion rund zwei Stunden später betreten. „Es ist für uns günstiger, nach Europa zu reisen und hier das Konzert besuchen“, erzählt Glorioso. In den USA hätten sie pro Ticket 2100 Dollar bezahlt.
1000 Euro für zwei Tickets
Um acht Uhr in Konstanz losgefahren ist Familie Schäuble. „Stau hatten wir zum Glück keinen“, sagt Vater Thomas. Er hat sich extra freigenommen, um seine Tochter Victoria zum Konzert zu begleiten.

1000 Euro hätten die beiden Tickets gekostet. „Das habe ich bezahlt“, sagt Thomas Schäuble und lacht. „Ich finde, die Lieder von Taylor Swift haben schöne Melodien. Außerdem interessiert mich die Logistik bei solchen Großveranstaltungen.“
Rund um das Stadion Letzigrund hat die Polizei einige Straßen abgesperrt. Ab 10 Uhr morgens durften die Swifties diese Sperrzone betreten und sich offiziell anstellen. Allerdings nur, wenn sie ein gültiges Ticket haben.
Während immer mehr Swifties in die Sperrzone am Letzigrund strömen, wird es heißer. 25 Grad zeigt das Thermometer bereits um halb elf, am frühen Nachmittag wird die Temperatur auf über 30 Grad steigen. Nur ungern geben die Swifties ihren Warteplatz in der Sonne auf.
Kleidung ist von Swifts Alben inspiriert
Die Fans müssen erfinderisch werden, um sich vor der Sonne zu schützen. Viele haben einen Regenschirm dabei. Unter einer Rettungsdecke haben sich Maya, Amelie und Magdalena versteckt. Sie kommen aus dem Landkreis Waldshut. Die drei Mädchen sind mit Magdalenas Mutter angereist. „Da wir noch keine 18 Jahre alt sind, musste sie mitkommen, damit wir uns ein Ticket kaufen können“, sagt Magdalena und lacht. „Sie findet die Musik aber auch gut.“
Schon seit Langem sind die drei Mädchen Fans von Taylor Swift. „Die Tickets haben wir vor einem Jahr gekauft“, erzählt Amelie. 180 Euro haben sie jeweils ausgegeben.
Wie die meisten Fans haben Maya, Amelie und Magdalena viel Mühe in ihre Kleidung gesteckt. Jedes der Outfits ist von einem anderen Taylor-Swift-Album inspiriert. „Mein Outfit ist an das Album Midnights angelehnt“, sagt Maya. Das sei an der blauen Farbe erkennbar und an Accessoires mit Motiven wie Mond und Sternen.
Freundschaftsarmbänder gehören zur Fankultur
Auch Freundschaftsarmbänder haben die Mädchen gebastelt und mitgebracht. Das gehört zur Fankultur. In einem der Lieder auf dem Album Midnights singt Swift übersetzt: „Macht euch Freundschaftsarmbänder, nutzt den Moment und kostet ihn aus“. Das habe die Fans dazu inspiriert, diese auf Konzerten miteinander auszutauschen, erzählt Amelie.
Vor einem der anderen Eingänge haben es sich zwei junge Frauen aus Dänemark gemütlich gemacht. Anne Valbak Christiansen und Andrea Vejtorp Birch sind aus Kopenhagen angereist. In Stockholm und Deutschland hatten sie keine Tickets mehr bekommen.
„Meine Eltern leben in Zürich, deshalb mussten wir kein Geld für einen Schlafplatz ausgeben“, erzählt Andrea Vejtorp Birch. Seit 15 Jahren hört sie die Musik von Taylor Swift. Früher sei sie dafür gemobbt worden, dass sie Taylor Swift höre: „Früher war das uncool. Der Hype, den es inzwischen gibt, ist verrückt.“

Swift habe sie sehr früh zum Feminismus gebracht, erzählt Birch. Sie ist dankbar für die Fangemeinschaft, zu der sie durch Taylor Swift gehöre. Taylor Swift helfe vielen jungen Frauen, die gerade durch schwierige Phasen gehen.
Vor Swifts Hotel warten ebenfalls Fans
Währenddessen sind die Straßenbahnen brechend voll. Die Swifties sind auf den Straßen an ihren schrillen Outfits und Freundschaftsarmbändchen gut zu erkennen.
Vor dem Hotel Mandarin Oriental Savoy in der Innenstadt hat sich eine Menschentraube gebildet. Angeblich soll Taylor Swift das gesamte Hotel gemietet haben – für sich und ihre Mitarbeiter. „Ob Taylor Swift wirklich kommt, wissen wir nicht“, sagt Paula Cediel. Gemeinsam mit ihrem Freund Nicolas Correa ist sie aus Kolumbien nach Zürich gereist. „Ich wollte in Rio de Janeiro auf das Konzert gehen, aber das hat nicht geklappt“, erzählt Cediel.
Daher habe sich das Paar für eine Reise nach Europa entschieden. „Wir wohnen in einem Hotel 20 Minuten außerhalb von Zürich“, sagt Cediel. In Zürich selbst sei alles ausgebucht gewesen.
Ob Taylor Swift an diesem Nachmittag tatsächlich das Hotel durch diesen Ausgang verlässt, werden die beiden nicht erfahren. Sie machen sich auf den Weg zum Stadion. Dort wird das Konzert rund zwei Stunden später losgehen – zunächst mit einer Vorband.