Für die Schweizer Händler ist es eine gute Nachricht: Der Einkaufstourismus hat an Bedeutung verloren. Dies zeigt eine neue Langzeitstudie des Forschungszentrums für Handelsmanagement der Universität St. Gallen. Danach fahren Schweizer nicht nur weniger häufig zum Shoppen ins Ausland als noch 2017, sondern geben dabei auch weniger Geld aus.

Das sind die 15 wichtigsten Fakten der Studie für den stationären Handel:

1. Schweizer fahren weniger oft nach Deutschland

2017 fuhren Konsumenten aus der Schweiz im Schnitt 5,2 Mal ins grenznahe Ausland zum Einkaufen, im vergangenen Jahr waren es noch 4,8 Mal.

2. Kunden aus der Schweiz geben dabei auch weniger Geld aus

Bei ihren Einkäufen geben Schweizer auch deutlich weniger Geld aus: Pro Einkauf ließen sie vor fünf Jahren noch 245.71 Franken liegen, im vergangenen Jahr waren es 216.06 Franken. Im stationären Geschäft hat sich damit der Einkaufstourismus seit 2017 um mehr als zehn Prozent reduziert. Den Verlust für die Schweizer Wirtschaft durch den stationären Einkaufstourismus im Ausland schätzt das Forscherteam um Professor Thomas Rudolph auf 6,97 Milliarden Franken. Das sind 11,3 Prozent weniger als 2017.

3. Etwas Ältere fahren häufiger rüber

Am häufigsten trifft man 50- bis 59-Jährige beim Shoppen an. Sie kaufen im Schnitt 5,7 Mal pro Jahr jenseits der Grenze ein. Am Zurückhaltendesten sind 40- bis 49-Jährige (4,4 Mal).

4. Der Rückgang betrifft alle Handelsbranchen

Im stationären Einkaufstourismus verzeichneten alle Handelsbranchen einen massiven Umsatzrückgang gegenüber 2017. Bei den Lebensmitteln beträgt der Rückgang 120 Millionen. 2017 belief sich der geschätzte Verlust für die Lebensmittelhändler in der Schweiz auf 3,32 Milliarden Franken, im vergangenen Jahr waren es 3,2 Milliarden Franken. Bei den Drogerieartikeln betrug der Rückgang 70 Millionen, bei der Bekleidung 350, bei den Sportartikeln 159 und bei den Einrichtungen 180 Millionen Franken.

5. Lebensmitteleinkäufe schwingen obenaus

Je nach Branche variieren die Zahl der Einkäufe und der Ausgabebetrag stark. Bei den Lebensmitteln fahren Konsumenten im Schnitt 9,1 Mal pro Jahr nach Deutschland (2017: 10) und geben dabei 157.24 Franken aus (2017: 152.50).

6. dm ist der beliebteste Anbieter

Die Drogeriekette dm ist mit Abstand der beliebteste Anbieter. 15,3 Prozent kaufen ihre Drogerieartikel hier ein, bei Müller sind es 5,1 Prozent. Der beliebteste Lebensmittelhändler ist Edeka (5,2%), gefolgt von Kaufland (4,7%) und Aldi (3,3%).

Das könnte Sie auch interessieren

7. Waldshut und Rheinfelden  mit am beliebtesten

Mit den drei Topdestinationen Konstanz, Lörrach und Weil am Rhein können die Einkaufsorte entlang der Aargauer Grenze nicht mithalten. Beliebtester Einkaufsort ist hier Waldshut-Tiengen. 9,5 Prozent der Befragten kaufen hier häufig ein. Es folgen aus Aargauer Perspektive Rheinfelden (4,3%), Laufenburg (3,1%) und Bad Säckingen (2,7%). Die Trompeterstadt konnte allerdings gegenüber 2017 deutlich zulegen (+0,7%).

8. Die hohe Inflation in Deutschland wirkt sich aus

Knapp jeder Fünfte gibt an, dass er wegen der hohen Inflation und der damit verbundenen Preiserhöhungen weniger oft im Ausland einkauft. Gleichzeitig sind die Konsumenten weiterhin bereit, etwas höhere Preise in der Schweiz zu zahlen.

9. Steigt der Wechselkurs, sinkt die Einkaufslust

Konsumenten passen ihr Einkaufsverhalten an den Wechselkurs an. Bei einem Kurs von 1.40 Franken für einen Euro würden 90 Prozent der Befragten weniger oft ins Ausland fahren. 2017 waren es 80 Prozent.

10. Wer einkauft, füllt gleich seinen Tank

„Wir sind mit dem Auto da“, stimmt für 84 Prozent der Einkaufstouristen. Dabei wird auch gerne getankt. 31 Prozent fahren zudem auch ein- bis zwei Mal pro Jahr zum Tanken ins Ausland.

11. Schweizer kommen aus allen Regionen

Wer ab und an auf einem Parkplatz in einem grenznahen Ort steht, weiß: Die Schweizer kommen aus allen Regionen nach Deutschland zum Shoppen. In Bad Säckingen sieht man nicht selten auch Zürcher, Zuger, Schwyzer oder Berner. Im Schnitt nehmen Einkaufstouristen 52,1 Minuten Anfahrtsweg in Kauf und wohnen 58,7 Kilometer vom Einkaufsort entfernt.

12. Preisunterschiede verlieren an Bedeutung

Die tieferen Preise sind nach wie vor das Hauptmotiv, dass Schweizer im Ausland einkaufen. Allerdings hat der Preis deutlich an Bedeutung verloren, was auch an den niedrigeren Preisunterschieden liegt. An Bedeutung gewonnen haben dagegen andere Faktoren wie eine größere Auswahl oder Produkte, die in der Schweiz nicht erhältlich sind. Der Erlebniseinkauf wird wichtiger und nicht selten verbinden es gerade die Weitgereisten mit einem Ausflug.

13. Das Schlangestehen vermiest den Shoppingspaß

Einkaufen ist schön – wären da nur nicht all die anderen. Auf diesen Nenner lässt sich das zusammenfassen, was Einkaufstouristen störend finden: Überfüllte Züge, Wartezeiten an der Grenze, Zollabfertigung, Kundenandrang und die Parkplatzsuche. Über einen weiteren Störfaktor lässt sich schmunzeln: Viele stört es, wenn sie beim Einkaufen jenseits der Grenze Bekannte treffen.

14. Wenn die Freigrenze fällt, nimmt der Einkaufstourismus ab

Sollte die Freigrenze von 300 Franken auf  50 Franken fallen, würde das massive Auswirkungen auf den Einkaufstourismus haben: In der Studie gaben die Befragten an, ihre Einkäufe in diesem Fall um durchschnittlich 32,6 Prozent zu reduzieren. „Die Einführung einer Freigrenze von 50 Franken würde somit zu einer Reduktion des Einkaufstourismus von 2,27 Milliarden Franken führen“, bilanziert das Autorenteam. 48,2 Prozent der Befragten lassen sich die Mehrwertsteuer zurückerstatten.

15. Mit Maske keine Lust aufs Einkaufen in Deutschland

Die Maskenpflicht während der Coronapandemie setzte dem Einkaufstourismus zu. Das wäre wieder der Fall, sollte die Maske zurückkehren. 38,7 Prozent der Befragten wollen in diesem Fall weniger oft im Ausland einkaufen.

Aber wie funktioniert das eigentlich mit dem Ausfuhrschein?

Wer einen Ausfuhrschein holt, muss dem Zöllner alle Artikel vorweisen können. Isst er einen Teil seines Einkaufs bereits vorher – beispielsweise ein Gipfeli – kann ihm sogar eine Buße drohen. Hier finden Sie elf Fragen und Antworten rund um die Zollabfertigung im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet. Aber Achtung, diese Tipps gelten nur für Einkaufstouristen aus der Schweiz!

Der Autor ist Redakteur der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Beitrag auch zuerst erschienen.

Das könnte Sie auch interessieren