Mehr als 18.000 Werke vom 16. bis in unser Jahrhundert hinein umfasst die Sammlung Würth inzwischen. Und sie wächst noch immer. So lässt sich der Titel der neuen Ausstellung „Lust auf mehr“ in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall sowohl auf die Ankauflust in Sachen Kunst beziehen als auch darauf, dass die neue Schau mit 70 Künstlern und 170 Exponaten als Fortsetzung der Präsentation „Wohin das Auge reicht“ mit zeitgenössischen Erwerbungen seit den 60er-Jahren zu verstehen ist.

Die Arbeit mit der eigenen Sammlung ist immer eine besondere Herausforderung. Geht es doch nicht darum, mit Publikumsrennern Zuschauermassen anzulocken, sondern den vorhandenen Bestand nach Besonderheiten abzuklopfen und die den Kunstwerken innewohnenden Eigenheiten miteinander in Beziehung zu setzen.

Die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall.
Die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall. | Bild: Aleksandr Khavanov / dpa

Das Erkunden, Entdecken und schlussendlich das Präsentieren muss den Kuratorinnen Sylvia Weber, Beate Elsen-Schwedler und Kirsten Fiege Freude bereitet haben. Das Ergebnis ist gelungen und bietet dem Besucher einen großartigen Querschnitt durch zum Teil noch nie gezeigte Neuzugänge weltbekannter europäischer und amerikanischer Kunstschaffender – dieses Mal mit Schwerpunkt auf den Letzteren.

In einzelne Abteilungen gegliedert, sprechen die zeitgenössischen Gemälde, Grafiken und Skulpturen von Altmeistern wie Christo, Alex Katz, Anselm Kiefer oder A.R. Penck, dem ein eigener Raum gewidmet ist, für sich und treten dabei in inspirierende Dialoge.

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Bei den Minimalisten sorgen Daniel Buren mit farbigen Spiegeln und Peter Halley mit übereinander gelegten Farbschichten für Vervielfältigung. Alex Katz erreicht diese mit seriellen Porträts, während sich Frank Stellas riesige reliefartige Emaille-Konstrukte dreidimensional in den Raum erweitern und David Lynch cineastische Horror-Trash-Szenen auf die Leinwand bannt.

Der Einfluss Robert Rauschenbergs zeigt sich bei John Baldessari in ironisch-sexistischen Collagen mit Pop-Art-Bezügen – dessen Schüler David Salle lässt in erzählerischen Tableaus an Giorgio de Chiricos metaphysische Malerei denken. Aber auch widerstreitende Bewegungen sind darunter, etwa Georg Baselitz' Protest gegen die nach dem Zweiten Weltkrieg tonangebende Abstraktion.

Neben kunsthistorischen Zitaten, die in den Werken vielfach aufscheinen und den ernsthaften wie spielerischen Umgang mit der Vergangenheit zeigen, klingen politische und gesellschaftliche Themen an, etwa die Manipulation des Blicks in der Fotografie.

Oder, ganz aktuell, wenn der zu den „jungen Wilden“ der Kunstszene in Namibia zählende Fillipus Sheehama mit seiner Decke aus recyceltem Kunststoff heute eine ganz andere Mission verfolgt, als es Joseph Beuys und Günter Fruhtrunk mit ihren demokratische Botschaften vermittelnden Plastiktaschen in den 70ern taten. Für den Besucher heißt es in der Schau dann: Wie es beliebt. Und dabei ist sie alles andere als beliebig.

Die Ausstellung „Lust auf mehr. Neues aus der Sammlung Würth zur Kunst nach 1960“ ist bis 20. September 2020 in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall zu sehen. Geöffnet ist täglich von 10 bis 18 Uhr, der Eintritt ist frei. Weitere Informationen finden Sie hier.