Michael Heitmann, dpa, und Johannes Bruggaier

Jede Generation kennt ihren Karel-Gott-Hit: Für die einen ist es die singende und tanzende „Babicka“, für die anderen die kleine freche schlaue „Biene Maja“. Die Älteren reisten „Einmal um die ganze Welt“ und blieben im Duett mit Rapper Bushido „Für immer jung“. Nun ist Karel Gott, die „goldene Stimme aus Prag“, im Alter von 80 Jahren gestorben.

Staatliche Ehren

„Mit tiefster Trauer im Herzen gebe ich bekannt, dass mein geliebter Ehemann Karel Gott uns gestern, kurz vor Mitternacht, nach schwerer und langer Krankheit verlassen hat. Er ist zu Hause von uns gegangen, in ruhigem Schlaf, im Kreis seiner Familie“, teilte seine Ehefrau Ivana Gottova am Mittwoch mit. Die tschechische Regierung plant ein Begräbnis mit staatlichen Ehren.

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Die Geschichte des Schlagers wäre anders verlaufen, wenn Karel Gott aus Pilsen wie ursprünglich erhofft Maler geworden wäre. Die Kunstakademie wollte ihn nicht – wohl zu seinem Glück. „Als singender Maler wäre ich sicherlich nie so erfolgreich geworden wie als malender Sänger“, sagte Karel Gott einmal.

Zwischen Oper und Pop

Auf Druck seiner Eltern machte der junge Mann zunächst eine Elektriker-Lehre. Doch als er zum ersten Mal die Stimme von Mario Lanza hörte, war es um ihn geschehen. An Lanza gefiel ihm, dass der US-italienische Tenor versuchte, die Grenzen zwischen klassischem Operngesang und populärer Musik niederzureißen.

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Neben der Arbeit tingelte Gott durch Prager Tanzcafés und verfeinerte seine Gesangstechnik am Konservatorium. Beim Grand Prix Eurovision de la Chanson in London erreichte er 1968 zwar nur den 13. Platz mit „Tausend Fenster“. Doch der Auftritt markierte für ihn den Durchbruch im Westen.

2017 nahm Karel Gott noch in Leipzig den Medienpreis „Goldene Henne“ entgegen.
2017 nahm Karel Gott noch in Leipzig den Medienpreis „Goldene Henne“ entgegen. | Bild: Hendrik Schmidt

Die Polydor aus Hamburg nahm den Strahlemann unter ihre Fittiche. Später wurde der Vertrag für die „goldene Stimme aus Prag“ – so der Titel eines Albums von 1968 – auf Lebenszeit verlängert. Das galt als eine ganz besondere Auszeichnung im schnelllebigen Musikgeschäft. Karel Gott sang nicht nur auf Deutsch, er beherrschte die Sprache später auch fließend. Unvergessen seine „Biene Maja“, mit der er sich 1975 einen Platz in den Kinderherzen einer ganzen Generation sicherte.

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Mehr als 60 Jahre stand Karel Gott auf der Bühne. Der „Mistr“ (Meister), wie man ihn in Tschechien respektvoll nannte, schien fast unsterblich. Wie ein Schock kam da im November 2015 die Nachricht, dass der Sänger an Lymphdrüsenkrebs erkrankt war. Karel Gott blieb tapfer, unterzog sich einer Chemotherapie, lehnte eine Behandlung im Ausland ab.

Schreckensnachricht Leukämie

Er schien geheilt, als im September dieses Jahres die nächste Schreckensnachricht folgte: Er leide an akuter Leukämie, werde von einem Spitzenteam der Prager Universitätsklinik betreut, legte der Sänger offen.

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Eine wichtige Stütze war ihm bei alledem seine Frau Ivana, für die der Charmeur sein ausschweifendes Junggesellenleben aufgegeben hatte. Er nannte sie seine große Liebe. Die 37 Jahre jüngere Fernsehmoderatorin hatte Karel Gott im Januar 2008 spontan in Las Vegas geheiratet. Mit ihr wurde er noch einmal Vater von zwei Töchtern.

Sichtbar gute Stimmung herrschte bei seinem Besuch mit Anneliese Rothenberger im Konstanzer Künstlerkeller 1980.
Sichtbar gute Stimmung herrschte bei seinem Besuch mit Anneliese Rothenberger im Konstanzer Künstlerkeller 1980. | Bild: Hella Wolff-Seybold

Was war das Geheimnis seines Erfolgs? „Die Botschaft, die Stimmung, die diese Lieder in sich tragen“, sagte er einmal selbst. Die guten Nachrichten, die optimistischen Botschaften hätten den Menschen neue Energie geschenkt.

Devisenbringer fürs Regime

Kritiker hielten dem Sänger, der am 14. Juli 1939 zur Welt kam, seine steile Karriere in der Zeit des Sozialismus in der damaligen Tschechoslowakei vor. Gott unterzeichnete die „Anticharta“, die sich gegen die Bürgerrechtsbewegung Charta 77 von Vaclav Havel richtete. Er war ein wichtiger Devisenbringer für das marode Regime, das ihn als „Nationalkünstler“ ehrte.

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Es wurde alles vergeben, als Karel Gott am 4. Dezember 1989 während der Samtrevolution, der demokratischen Wende in der Tschechoslowakei, auf einer Kundgebung der Opposition erschien. Gemeinsam mit dem Liedermacher Karel Kryl stimmte er vor 200.000 Menschen die Nationalhymne an. Karel Gott, der auch in Russland viele Fans hatte, sah sich immer als einen Mittler zwischen Ost und West.

Zweite Heimat

Eine besondere Ehre war es für ihn, als er vor ein paar Jahren eingeladen wurde, in der BRD-Botschaft in Prag aufzutreten. Denn Deutschland nannte er wegen seiner vielen Freunde dort auch seine „zweite Heimat“.

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Auch in unserer Region ist Karel Gott mehrfach aufgetreten. Die langjährige SÜDKURIER-Fotografin Hella Wolff-Seybold erinnert sich an Besuche in den Jahren 1980, 1988 und 1996. Das Schicksal des böhmischen Reformators Jan Hus – auf dem Konstanzer Konzil 1415 als Ketzer schuldig gesprochen und hingerichtet – verbindet die Stadt am Bodensee bis heute mit Tschechien. Unter anderem besteht eine Partnerschaft mit der südböhmischen Stadt Tábor. Karel Gotts regelmäßige Besuche waren vor allem dieser engen Verbindung zu verdanken.

1996 sang Karel Gott in der Kreuzlinger Eishalle. Das Bodensee-Sinfonieorchester begleitete ihn.
1996 sang Karel Gott in der Kreuzlinger Eishalle. Das Bodensee-Sinfonieorchester begleitete ihn. | Bild: Hella Wolff-Seybold

Ein Bild von 1996 zeigt den Sänger bei seinem Auftritt mit dem Bodensee-Sinfonieorchester in der Kreuzlinger Eishalle. Auf einer Fotografie aus dem Jahr 1980 sehen wir ihn bei einem fröhlichen Abend im damaligen Konstanzer „Künstlerkeller“. An seiner Seite: die damals am Bodensee wohnende Kollegin Anneliese Rothenberger – verstorben 2010. SÜDKURIER-Fotografin Hella Wolff-Seybold war bis zum Schluss dabei. Ihre Aufnahmen erinnern heute an einen Künstler, der stets zum Ziel hatte, die Menschen glücklich zu stimmen.