Tilmann P. Gangloff

Herr Danquart, ein größerer filmischer Kontrast als der zwischen einem Weltkriegs-Drama und einer romantischen Komödie ist kaum denkbar. Wollten Sie nach „Lauf Junge lauf“ etwas völlig anderes machen?

Das geht den meisten Regisseuren so, denke ich. Bei der Suche nach einem neuen Projekt will man nicht noch mal im selben Gewässer schwimmen wie beim letzten Film. Davon abgesehen hat mich die künstlerische Herausforderung gereizt. Mit einem Stoff dieser Art hatte ich’s bislang noch nicht zu tun.

Was unterscheidet „Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner“ von vergleichbaren TV-Komödien?

Es ist ein Kinofilm, produziert für große Leinwände, mit einer tollen Besetzung und einer Geschichte mit Tiefgang. Die existenzielle Frage, wie man sich verhalten würde, wenn man die vergangenen fünf oder zehn Jahre erneut durchleben könnte, hat sich jeder schon mal gestellt. Gleichzeitig war es mir wichtig, von Figuren und Beziehungen zu erzählen, wie man sie so oder so ähnlich aus dem wirklichen Leben kennt. Diese verschiedenen Handlungsstränge verknüpft mit dem kathartischen Element einer Zeitreise: Das hielt ich für eine sehr reizvolle Ausgangsposition, wie man sie auch aus amerikanischen Filmen kennt.

Komödien gelten ja als besonders schwierig. Können Sie das nach dieser Erfahrung bestätigen?

Das Filmemachen ist grundsätzlich schwierig, von Anfang bis Ende, also von der Finanzierung bis zur Vertonung. Bei Komödien kommt hinzu, dass man sofort erkennt, ob sie funktionieren oder nicht: Wenn keiner lacht, hat man versagt. Allerdings ist das richtige Timing noch wichtiger, erst recht, wenn der Film kein Lustspiel mit Schenkelklopfer-Humor, sondern eine Geschichte mit Tiefgang werden soll; alle guten Komödien haben einen tragischen Kern. Ich habe mittlerweile einige Premieren erlebt, der Film kommt gut an, die Leute lachen viel, aber man merkt, dass sie auch Stoff zum Nachdenken bekommen haben.

Trotz der ernsten Untertöne wirkt Ihr neuer Film leicht und beschwingt. Wie schafft man das?

Man braucht ein gutes Gespür für die Kamera-Arbeit und die Führung der Schauspieler, man braucht ein gut zusammengestelltes Ensemble und schließlich das richtige Gefühl beim Schnitt, damit es keine Hänger gibt und der Spannungsaufbau stimmt. Überraschende Wendungen sind ebenfalls hilfreich. Der Film besteht letztlich aus einer Vielzahl kleiner Elemente. Diese Elemente, zu denen auch der Wortwitz und die körperliche Humoristik zählen, muss man in ein gutes Mischungsverhältnis bringen, wobei es gerade bei den Slapstick-Szenen viele Fallen gibt, die man tunlichst vermeiden sollte.

Weil sie leicht in Albernheiten ausarten können?

Genau. Szenen wie jene, in der Kati mit der Hand im Briefkasten stecken bleibt, sind ein schmaler Grat. Wenn alles klappt, erreicht man eine Burleske im besten Buster-Keaton-Stil. Wenn man übertreibt, wird es Klamauk.

Wie haben Sie es erreicht, dass die Bilder nach dem Zeitsprung im Film so viel weicher wirken?

Das Verfahren heißt Grading. Vor dem Unfall sind die Bilder ein bisschen blauer, nachher werden die Farben wärmer. In der Postproduktion kann man dem Prozess noch ein bisschen nachhelfen.

Dieser Vorher-Nachher-Effekt entsteht aber nicht nur durch die Bilder.

Das stimmt, ich habe Jessica Schwarz gebeten, die Kati nach dem Zeitsprung quirliger, befreiter, fröhlicher zu verkörpern. Der Film sieht auch anders aus, wobei Kostüm und Szenenbild ebenfalls eine große Rolle spielen. Diese beiden Departments sollten ausdrücklich nicht nur fünf Jahre zurückzugehen, sondern ein bisschen übers Ziel hinausschießen.

Und ihr nächstes Gewässer wird wieder ein Drama?

Das ist jedenfalls der Plan. Ich habe die Rechte an „Rohstoff“ optioniert, einem autobiografischen Roman des früh verstorbenen Kult-Autors der 70er-Jahre, Jörg Fauser, und bin derzeit bei der Finanzierung. Aber vielleicht drehe ich vorher auch einen filmischen Essay über den italienischen Regisseur Pier Paolo Pasolini.

Zur Person

Der aus Singen stammende Regisseur Pepe Danquart (62) war 1977 Mitbegründer der Medienwerkstatt Freiburg und ist 1994 für „Schwarzfahrer“ mit einem Oscar für den Besten Kurzfilm ausgezeichnet worden. Zu seinen wichtigsten Arbeiten zählt der Porträtfilm „Joschka und Herr Fischer“. Zuletzt hat Danquart das Weltkriegs-Drama „Lauf Junge lauf“ gedreht. Sein Zwillingsbruder Didi („Viehjud Levi“) ist ebenfalls Regisseur. Pepe Danquart lebt in Berlin und Freiburg.

Der Trailer zum Film