Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991, „Homo Faber“) notierte einst Fragen, die auch den klügsten Kopf in Verlegenheit bringen. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlags, in dem der Fragebogen erschienen ist, lassen wir regelmäßig Prominente Persönlichkeiten auf einige der Fragen antworten – den Anfang macht der Meßkircher Schriftsteller Arnold Stadler.

Wissen Sie in der Regel, was Sie hoffen?

Nein, denn sonst wäre das Hoffen ja im Zusammenhang mit dem Wort „Gewinnerzielungsabsicht“ zu sehen, welches ein Hauptwort bei der Einkommenssteuererklärung ist, wie ich von meinem Steuerberater gelernt habe. Ich bin kein Utilitarist, bin also keiner, der von allem etwas haben wollte, selbst noch von der Hoffnung. Hoffnung ist, wie die Liebe und der Glaube, die bedingungsloseste Regung des Menschen. Hoffnung ist also auch ein Hauptwort in meinem Leben.

Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben?

Dass ich noch einmal am Meer leben könnte.

Hoffen Sie auf ein Jenseits?

Ja.

Das könnte Sie auch interessieren

Wie alt möchten Sie werden?

So alt, dass ich nicht lebensmüde sein werde, sondern lebenssatt.

Wen, der tot ist, möchten Sie wiedersehen?

Meine verstorbenen Lieben und Anneliese Rothenberger mit Nicolai Gedda singen hören: „Tausend kleine Englein singen: Habt euch lieb!“

Wen hingegen nicht?

Von den wahrscheinlich noch Lebenden zum Beispiel Phil Collins oder Yoko Ono.

Gesetzt den Fall, Sie haben nie einen Menschen umgebracht, wie erklären Sie es sich, dass es dazu nie gekommen ist?

Das kann ich nicht erklären, auch mir nicht. Wahrscheinlich habe ich diese Lust nicht. Ich lese oder schreibe ja nicht einmal Krimis – und habe keinen einzigen „Tatort“ gesehen bisher. Meine These ist, dass die meisten Krimi-Aficionados deswegen keine Mörder werden, weil sie es immer wieder stellvertretend andere tun lassen. Krimis schreiben und lesen und sehen ist wahrscheinlich Präventionsschutz, eine Art Läufigkeitsprophylaxe wie in der Tiermedizin.

Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr?

Ich weiß, dass es diese Angst bei manchen ein Leben lang gibt. Komme ja aus Meßkirch, wo man sich schon seit Jahrhunderten auch schreib-weise mit dem Tod beschäftigt. Und möglicherweise immer noch Angst hat. Ich würde eher „Respekt“ als Angst sagen. Und nicht Angst vor dem Tod, sondern Furcht vor dem Sterben. Und dass ich „erwartungsvoll“ bin, wie die Lyrikerin und Benediktinerin Silja Walter, die vom Radio DRS danach gefragt wurde, ob sie sich als Christin auf den Tod freue. Sie aber sagte: Ich bin erwartungsvoll.

Was tun Sie dagegen?

Nach wie vor das Ave Maria beten.