Es regnet beim Richtfest, ein kalter Wind pfeift um die ohnehin schon windschiefen Häuschen, den Kirchturm und den Vollmond, die der neuen Seebühne ihr schauriges Gepräge geben. Ob der Schnee auf der Hügellandschaft nicht vielleicht sogar echt ist?

Angesichts der Kälte kommt zwar wenig Feierstimmung auf, aber irgendwie passt das Wetter dann doch. Schließlich möchte Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl die Zuschauer frösteln machen, die im Sommer das neue Spiel auf dem See besuchen werden.

„Der Freischütz“ auf Spielplan der Bregenzer Festspiele

Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“ steht auf dem Spielplan der Bregenzer Festspiele und mit ihr ein veritables Stück Schauerromantik. Aus Liebe und weil er die Tochter des Försters nur heiraten darf, wenn sein Probeschuss das vorgesehene Ziel trifft, lässt sich der Amtsschreiber Max auf einen Pakt mit dem Teufel ein. Der gewährt ihm Freikugeln.

Was Max nicht weiß: Sechs der Kugeln treffen, die siebte aber lenkt der Teufel…

Die Wolfsschlucht-Szene, in der Max mit dem zwielichtigen Kaspar zur Mitternacht die Freikugeln gießt, ist eine der zentralen Szenen des Stücks – und wie gemacht für die Seebühne. „Es wird eine Menge Feuer geben.“

Kahle Baumgerippe und ein Sumpf erhöhen den Gruselfaktor.
Kahle Baumgerippe und ein Sumpf erhöhen den Gruselfaktor. | Bild: Schwind, Elisabeth

So viel verrät Stölzl auf dem Richtfest, während Festspiel-Intendantin Elisabeth Sobotka ihm zuraunt, bitte nicht zu viel zu verraten. Die Pyrotechniker der Festspiele werden also gefordert sein, vielleicht sogar mehr als sonst.

Aber auch das Wasser spielt auf eine andere Weise mit als sonst üblich. Denn das Geisterdorf mit den halb verfallenen Hütten und den Baumgerippen steht in einer Sumpflandschaft, für die unmittelbar vor der Zuschauertribüne ein eigenes Becken angelegt wurde.

Vorteil dieses künstlichen Wasserbeckens liegt darin, dass man hier den Wasserpegel konstant halten kann – unabhängig von Regen oder Trockenheit im Laufe des Sommers. Stölzl kam, wie er erzählt, durch die „tollen Seefahrerstudios auf Malta“ auf die Idee, das Wasser auf diese Art und Weise „beherrschbar“ zu machen.

Seebühne rückt näher an das Publikum

Die gesamte Bühne rückt dadurch viel näher an die Zuschauertribüne heran – und damit auch das Schauspiel in seiner ganzen Unmittelbarkeit. Auch das ist ein wichtiger Aspekt für Stölzl. Schließlich ist der „Freischütz“ letztlich ein Singspiel.

Ähnlich wie in der „Zauberflöte“ gibt es gesprochene Dialoge. Daher wurde beim Casting darauf geachtet, die Rollen mit deutschsprachigen Sängern und Sängerinnen zu besetzen. Die Texte selbst, die aus heutiger Sicht etwas biedermeierlich wirken, hat Stölzl gemeinsam mit dem Texter Jan Dvorak durch eine neue Textfassung ersetzt, in der die Figuren moderner werden und die Abenteuergeschichte selbst geschärft wird.

Dass die Bühne nun näher an das Publikum rückt, hat auch einen anderen, technischen Grund: Gleichzeitig mit dem Bau der neuen Seebühne sollte auch der sogenannte Betonkern – das eigentliche Zentrum der Seebühne mit Hinterbühne und Technik – saniert werden.

Das könnte Sie auch interessieren

Es waren also zwei Baustellen gleichzeitig zu bewältigen. Für Technikdirektor Wolfgang Urstadt und Bühnenmeister Manfred Achberger war das, trotz langjähriger Erfahrung, eine neue Herausforderung. Wie sie erläutern, ist der neue Betonkern nun flexibler und kann je nach Produktion erweitert oder verkleinert werden.

Philipp Stölzl ist in Bregenz übrigens kein Unbekannter: In der vorletzten Produktion, Verdis „Rigoletto“, führte er ebenfalls Regie und entwarf den riesigen Clownskopf, der damals die Seebühne beherrschte. Stölzl erwies sich dabei als Regisseur, der spektakuläre Schauwerte und eine kluge Interpretation miteinander zu verbinden wusste. Man darf gespannt sein, ob ihm dies auch beim „Freischütz“ wieder gelingt.