Die unendliche Geschichte um die Führung der Südwestdeutschen Philharmonie ist um ein kurioses Kapitel reicher. Nach SÜDKURIER-Informationen sollte der Konstanzer Gemeinderat am Donnerstag einen neuen Intendanten küren. Auswärtigen Quellen zufolge hatte sich das mit der Personalfindung betraute Gremium auf den aktuellen Orchesterdirektor am Theater Aachen, Amadeus Kausel, geeinigt.
Kausel zieht plötzlich zurück
Bis gestern Vormittag galt die Ernennung des erfahrenen Kulturmanagers als so gut wie sicher. Doch dann folgte der Paukenschlag: Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautete, soll Kausel noch am Montagabend seine Bewerbung völlig überraschend zurückgezogen haben.
Seitens der Südwestdeutschen Philharmonie war zu der Personalie am Dienstag keine Stellungnahme zu erhalten, eine Anfrage an den Kandidaten selbst blieb Erscheinen dieses Artikels unbeantwortet. Der mögliche Grund für eine solche Entscheidung war ebenso unklar wie eine Antwort auf die Frage, worüber der Gemeinderat nun gegebenenfalls entscheiden könnte. Ein Alternativvorschlag jedenfalls soll gar nicht vorliegen.
Es gab schon zwei Runden
Es ist die jüngste Episode einer an Wendungen reichen Kandidatensuche. Erst im Februar war ein erstes Bewerbungsverfahren ergebnislos versandet. Im zweiten Anlauf sollte die zwischenzeitlich erlangte Exzellenzförderung des Bundes in Höhe von 400.000 Euro geeignete Interessenten anlocken. Und tatsächlich soll der jetzt gehandelte Kandidat in jeder Beziehung überzeugt haben.
Der ausgebildete Geiger war zeitweilig selbst professioneller Orchestermusiker, ehe er erst in den Lehrbereich und später ins Kulturmanagement wechselte. Die Südwestdeutsche Philharmonie gehört seit 2021 zum städtischen Eigenbetrieb „Orchesterkultur und Musikbildung Konstanz“ (OMK), mit seinem Profil deckt Kausel gleich mehrere Anforderungen ab. Trotzdem sieht es jetzt danach aus, als sei der gesamte Findungsprozess erneut auf null gesetzt.
Dilemma für die Philharmonie
Der Betrieb steht nun vor einem Dilemma. Manche potenziell infrage kommenden Kandidaten sollen inzwischen bereits anderweitig vergeben sein, ein drittes Bewerbungsverfahren würde kein gutes Licht auf die Stadt und ihren Betrieb werfen. Bei alldem drängt die Zeit: Seit bald eineinhalb Jahren zeichnet eine dreiköpfige Interimsintendanz für die Geschicke des Orchesters verantwortlich.
Zwar ist es Chefdirigent Venzago, Betriebschef Rouven Schöll und Musikschuldirektor Dieter Dörrenbächer gelungen, in kurzer Zeit Vertrauen zurückzugewinnen. Doch angesichts der Herausforderungen – Erschließen neuer Märkte, Verzahnen von Orchester und Musikschule, Überbrücken interner Gräben – erscheint die Führung aus einer Hand unabdingbar.