Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991, „Homo Faber“) notierte einst Fragen, die auch den klügsten Kopf in Verlegenheit bringen. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlags, in dem der Fragebogen erschienen ist, lassen wir regelmäßig prominente Persönlichkeiten auf einige der Fragen antworten – heute ist der Pianist Alexander Krichel an der Reihe.
Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr?
Diese Frage würde ich gerne umdrehen. In unserer Gesellschaft wird einem beigebracht, dass es normal ist, Angst vor dem Tod zu haben. Bis vor einigen Jahren hatte ich diese Angst auch. Ich bin katholisch aufgewachsen, hatte in Teenagerjahren eine große philosophische Glaubenskrise, aus der mein Glaube und ich noch viel stärker wiederauferstanden sind. Als Pianist fliege ich permanent durch die Welt, bin zum Teil auch in nicht ganz ungefährlichen Ländern wie kürzlich in Pakistan oder Venezuela unterwegs, denn auch dort lieben und brauchen die Menschen Musik und Kunst. Da kann natürlich immer etwas passieren. Ich weiß das und ohne fahrlässig zu sein, bin ich sicher, dass nichts passiert, was nicht auch passieren soll.
Können Sie ohne Hoffnung denken?
Wenn ich keine Hoffnung habe, habe ich kein Ziel, also brauche ich auch nicht zu denken. Hoffnung ist für mich die Nahrung von Seele und Geist, ohne kann ich nicht.

Hoffen Sie auf ein Jenseits?
Ich hoffe nicht auf ein Jenseits, ich für mich habe entschlossen, zu wissen, dass es eins gibt. Ohne dieses Jenseits könnte ich gar nicht in der Art und Weise, in der ich es tue, Musik machen. Und ganz ehrlich… pragmatisch gesehen würde ich es gar nicht merken, wenn es soweit ist und ich doch unrecht hatte!
Welche Staatsmänner halten Sie für moralisch?
Moral ist subjektiv, vor allem auf politischer Ebene. Für mich ist die wichtigste Voraussetzung, die eine echte Staatsfrau oder ein echter Staatsmann mitbringen muss, absolute Integrität den authentischen eigenen Werten gegenüber, unabhängig jeglicher Machtkämpfe.
Wann haben Sie aufgehört zu meinen, dass Sie klüger werden oder meinen Sie‘s noch?
Wird man mit dem Alter wirklich klüger? Ich habe fast das Gefühl, dass Erziehung und Sozialisierung uns oft sehr von unserem natürlich intuitiven Ich entfernen. Als Künstler weiß ich, dass es essentiell ist, das Kind in sich selbst nie zu verlieren.
Was fehlt Ihnen zum Glück?
Glück ist immer nur eine Momentaufnahme. Ohne Unglück gibt es kein Glück, denn wer immer glücklich ist und das Gegenteil nicht kennt, für den ist Glück „normal“ und normal ist Glück nicht.
Pianist Alexander Krichel spielt am Donnerstag, 18. Juni, um 20 Uhr im Autokino Titisee. Karten gibt es hier