Ich liebe weiße Schokolade, braune Schokolade mag ich nicht. Würde ich das in den sozialen Medien posten... Da wäre aber was los! Entweder gäbe es sofort eine Rassismusdebatte, oder die Leute erzählen mir etwas über Sklaverei in Kakaoplantagen: wichtige Themen, über die mehr gesprochen werden sollte. Aber immer politisch korrekt sein? Wie anstrengend! Statt die Welt zu verbessern, geht vieles dabei nur kaputt. Vertrauen zum Beispiel, der Glaube an die gute Absicht eines Menschen.

Kürzlich stieg eine Kollegin aus einem Theaterprojekt aus, an dem ich teilnahm, weil sie mit dem Druck der sozialen Medien nicht umgehen konnte. Sie hatte etwas über dieses Projekt gepostet und gleich darauf Kritik erfahren: Die Geschichte handele von einer schwarzen Person, also sollte sie auch von schwarzen Menschen erzählt werden!
Antirassismus oder bloß Retterkomplex?
Worum ging es? Ein schwarzer Mann, als Kind in die Sklaverei verkauft, landet in Österreich, arbeitet sich in der Gesellschaft hoch und erleidet nach seinem Tod ein unwürdiges Schicksal. Die Geschichte beginnt mit der Sklaverei, es wäre politisch und historisch unkorrekt, wenn nur Schwarze in dem Projekt vorkämen.
Nach reiflicher Überlegung kritisierte meine Kollegin das Projekt: Es gefalle ihr nicht, dass in dem Stück fast nur Weiße in den Entscheidungspositionen zu sehen sind, und es sei nicht fair, die Geschichten der Schwarzen von Weißen erzählt zu haben. Schließlich schlug sie vor, dass die gesamte Gruppe in unserem Projekt ein Seminar über Rassismus und Sklaverei besuchen sollte, “außer O‘tooli natürlich“. Alle außer mir?
Schon klar: Ich bin schwarz. Ich verstehe, was sie meint, und auch ich bin für mehr Vielfalt auf der Bühne. Bloß werde ich den Verdacht nicht los, dass die ganzen edlen Absichten aus dem Zusammenhang gerissen werden. Was antirassistisch sein soll, grenzt in Wahrheit an einen weißen Retterkomplex.
Das liegt an der Natur der politischen Korrektheit, die zwar ein eher im linken Spektrum angesiedeltes Thema ist, aber den Menschen auf ebendieser Seite mehr schadet als denen auf der Rechten. Liberale in den sozialen Medien interessieren sich nur dafür, ob das, was gepostet wird, politisch korrekt ist.
Für die Rolle in dem Theaterstück wurde am Ende natürlich immer noch eine weiße Schauspielerin benötigt. Und so ging der Job eben an eine andere. Hautfarbe: weiß.
Muss man immer andere verurteilen?
Sich immer moralisch einwandfrei und politisch korrekt zu verhalten, ist unrealistisch. Das Problem: Viele glauben, wer etwas verändern will, müsse andere verurteilen. Twittere oder poste ich über den Fehler eines anderen, so kann ich mich ganz großartig dabei fühlen.
Was ist die Alternative? Schweigen? Nein. Natürlich sollst du deine Meinung sagen. Natürlich sollst du aufrichtig diskutieren. Aber im gleichen Sinne musst du dich auch fragen, ob dein Standpunkt authentisch ist oder nur ein politisches Artefakt des Umfelds, in dem wir leben.