Drei Jahre lang ist Max Mutzke nicht mehr in Südbaden aufgetreten. Während dieser Zeit ist der in Waldshut-Tiengen aufgewachsene und nun in der Nähe von Todtmoos lebende Sänger durch seinen Sieg beim beliebten TV-Format „The Masked Singer“ (als Astronaut) und seine eigene ARD-Show „Lebenslieder“ noch bekannter geworden.
Auf seinem im vergangenen Herbst erschienenen Album „Wunschlos süchtig“ präsentiert der 41-Jährige erstmals nur eigene Songs – und alle auf Deutsch. Viele der Texte sind autobiografisch geprägt. Es geht viel um persönliches Glück, aber auch um Kindheitserinnerungen, Zukunftssorgen und den eigenen Tod („Wenn ich mal nicht mehr da bin“).
Musiker und Publikum im Glück
Wenn der Sänger nun mit seiner vierköpfigen Band das Stimmen-Festival im Burghof Lörrach eröffnet, dann ist das für ihn ein echtes Heimspiel mit großen Emotionen, viel Power und am Ende kollektivem Glücksgefühl – auf der Bühne und im voll besetzten Zuschauerraum. Über so viel Zuspruch freut sich auch der neue, aus Wien gekommene Intendant Timo Sadovnik, wie er in seiner Begrüßung bemerkt.
Nach dem im Streit über Finanzen im Herbst 2020 gegangenen Markus Muffler und einer Übergangszeit mit dem Interimsgeschäftsführer Andrés Ibarra liegen auf dem österreichischen Kulturmanager, der das Festival langfristig noch mehr zu Stadt hin öffnen möchte, große Hoffnungen. Wie schwierig die Situation für Kulturveranstalter gerade ist, zeigt aber Sadovniks kurzfristige Absage des Konzerts von Bilderbuch in Arlesheim. Zu geringer Kartenverkauf trifft gerade auf fehlendes Bühnenpersonal.

Max Mutzke möchte gute Geschichten erzählen, wie es im gleichnamigen Song heißt, mit dem er den Abend eröffnet. Der Live-Sound im Saal ist erdiger und rockiger als in der Studio-Version. Mit einer wuchtigen Bassdrum (Schlagzeug: Sam Dieck) und einem präsenten Bass (Sebi Gieck) wird der Song tiefer gelegt, was ihm guttut. Nach Aufforderung steht das überwiegend gesetzte Publikum von den Stühlen zum betreuten Tanzen auf.
Mutzke moderiert und aktiviert, startet immer wieder kleine Mitsing-Aktionen und tigert unermüdlich auf der Bühne auf und ab – das Sitzkonzert wird mehr und mehr zu einer ausgelassenen Stehparty. Kein Song klingt so, wie man ihn kennt. Die Intros geraten länger, die Zwischenspiele epischer, die Soli sind perfekt eingebunden.
Max Mutzke ist live ein Erlebnis
Mutzkes Stimme ist auch live ein Ereignis. Sie hat Wärme und Wumms, Süße und Schärfe. Das von Liebeskummer geprägte „Schwerelos“ beginnt er in satter Baritonlage, ehe er mit kräftiger Bruststimme oktaviert oder auch mal im Falsett seinen Gesang ganz zerbrechlich werden lässt.
Für das erdige „Dieselbe Sonne“, das an Lenny Kravitz‘ Hit „Fly Away“ erinnert und Schwurbler und Hetzer kritisiert, packt er die Rockröhre aus. „Ode Cologne“, die Liebeserklärung an seinen Zweitwohnsitz Köln, wird mit metallischen Gitarren-Nachschlägen (Raffael Holzhauser), eingespielten Background-Chören, einem schnalzenden Slap-Bass-Solo und Mutzkes schön schneidender Stimme zur Soul-Nummer.
In einer Soul-Band hat Mutzke am Schlagzeug als Jugendlicher seine ersten musikalischen Schritte gemacht. Soul bleibt seine musikalische Heimat, die er schon als Kind bei den Live-Gigs seines Vaters (Schlagzeuger und Gynäkologe) mit der immer noch existierenden Band „Die Spät-Zünder“ kennenlernte. Auch an diese Zeiten erinnert der Sänger in seinen ganz persönlich gehaltenen Moderationen.
Nicht alles gelingt gleich gut an dem Abend. Das auch textlich dichte, atmosphärisch genau gestaltete „Welt hinter Glas“ vom 2015 erschienen Album „Max“, das eine nächtliche Urlaubsfahrt mit der Liebsten nach Südfrankreich beschreibt, wird leider vom wuchtigen Schlagzeug zerhauen, nachdem es am Keyboard mit feinem Celesta-Sound (Nick Flade) begonnen hatte. „Immer Sommer“ vom aktuellen Album „Wunschlos süchtig“ bleibt auch live musikalisch flach, genauso wie der als Zugabe gespielte Olympia-Song 2021, „Beste Idee“.
Max Mutzke kann eben auch einfache, radiotaugliche Mitsing-Songs wie viele seiner Deutschpop-Kollegen schreiben, aber er kann viel mehr. Mal schauen, wie sich die neue Zusammenarbeit mit dem Major Label Universal Music in der Zukunft auf seine noch immer große musikalische Bandbreite auswirken wird.
Am Ende bittet Max Mutzke das Publikum, für seine zusammen mit der Komikerin Carolin Kebekus eingespielte Ballade „Nimmst du mich in den Arm“ den Worten Taten folgen zu lassen. Die Zuhörer lässt sich nicht lange bitten. Und selbst gestandene Schwarzwälder bekommen bei so viel Berührung feuchte Augen. Der Wohlfühlabend erreicht seinen emotionalen Höhe- und Schlusspunkt. Und Max Mutzke gibt jedem seiner Bandmitglieder einen Kuss.