Vom Kirschstreusel aus dem „Café Hagen“ im idyllischen Ort Frühling kann Pfarrer Sebastian Sonnleitner nicht genug bekommen – anders als sein Darsteller Johannes Herrschmann. „Der Kirschstreusel ist schon gut“, sagt er, „aber wenn man in zehn Einstellungen hintereinander immer wieder welchen essen muss, dann wird auch ein guter Kuchen zu viel.“
Der 65 Jahre alte Schauspieler ist seit 2015 in der erfolgreichen ZDF-Reihe „Frühling“ zu sehen. Im neunten Film hatte er seinen ersten Auftritt und war seitdem in fast allen Folgen dabei. „Für mich war es Arbeit“, sagt er ganz pragmatisch. „Man bekommt eine Rolle und tritt sie an. Dass mich diese Figur so lange begleiten wird, das habe ich nicht erwartet.“
Mit der 14. Staffel, die gerade läuft (neue Folgen sonntags um 20.15 Uhr und in der ZDF-Mediathek), hat die Reihe inzwischen 55 Filme. Ein besonderer für Herrschmanns Figur ist „Babyalarm“ am 2. März – darin feiert der Pfarrer Geburtstag. Das Geschenk, das er mit Verspätung bekommt, ist ein DNA-Test-Kit, um in einer Datenbank nach lebenden Verwandten suchen zu können. Für Herrschmann ist Ahnenforschung kein Thema. „Ich habe eine große Familie, von der ich viel weiß. Und die, die ich noch überblicken kann, die reichen mir“, sagt er lachend.
Hauptfigur in der Reihe ist die von Simone Thomalla gespielte Dorfhelferin Katja Baumann, die Familien in Notsituationen zur Seite steht. Das Verhältnis zu ihr und den anderen Kollegen sei gut, sagt Herrschmann, der Wahlmünchner, der 25 Jahre in Berlin gelebt hat. „Man freut sich immer, wenn man sich sieht. Viele aus dem Team sind inzwischen ein bisschen wie die erweiterte Familie. Das bleibt nicht aus, wenn man so viele Jahre zusammenarbeitet.“
Beim Dreh in Bayrischzell schauen viele Fans zu – „und es wird immer mehr“, sagt der Schauspieler. Das könne auch mal anstrengend sein, „wenn die Zaungäste dann von links nach rechts geschickt werden müssen, weil sie sonst im Bild sind“. Doch über die persönlichen Begegnungen kann er nur Gutes sagen: „Viele wollen Fotos machen und Autogramme haben. Manche wollen einfach nur mal gucken, wie das denn so ist bei uns. Es gibt Leute, die machen deshalb extra Urlaub in Bayrischzell und Umgebung.“
Regelmäßig schalten bis zu sechs Millionen Zuschauer ein, wenn ein neuer Film läuft. Dass die Reihe auch beim jungen Publikum ankommt, erklärt sich Herrschmann mit den Figuren. Jeder Darsteller habe seine Zielgruppe. „Die ganz Jungen gucken das ja nicht wegen mir, die gucken es ja wegen der Figur Lilly Engel, also der Schauspielerin Julia Willecke.“
Auch die Wahl der Themen hält der 65-Jährige für einen Erfolgsfaktor. Trotz „Herzkino“-Sendeplatz am Sonntagabend zeige „Frühling“ nicht nur heile Welt. „Es werden im Rahmen dessen, was in so einem Format möglich ist, immer wieder Themen aufgegriffen, die untypisch für den Sendeplatz sind, familiäre Gewalt zum Beispiel.“
Der Pfarrer übernimmt seiner Meinung nach meist eine spezielle Aufgabe – die des Sidekicks. „Wenn er auftaucht, dürfen sich die Leute mal einen Moment erholen. In den eineinhalb Stunden sind das die Momente, wo man mal ausschnaufen darf, wenn es zu dramatisch wird.“
Ambivalentes Verhältnis zur Kirche
Anders als seine Figur, mit der ihn laut eigenen Worten die Kindsköpfigkeit verbindet, hat Herrschmann zur Kirche ein ambivalentes Verhältnis. „Ich glaube, es gibt niemanden, der nicht auf irgendeine Art und Weise mit der Institution Kirche auf Kriegsfuß steht. Man kann nicht alles gutheißen, was dort passiert. Aber es gibt in der Kirche, wie in jeder anderen Institution auch – Wie heißt es da so schön in der Liturgie? – Menschen, die guten Willens sind. Und es gibt Idioten. Man muss sich an denen festhalten, die guten Willens sind.“
Für jemanden wie Pfarrer Sonnleitner würde er sonntags vielleicht in den Gottesdienst gehen. „Es gibt ja den einen oder anderen hohen Feiertag, wo es einen dann doch mal wieder in die Kirche verschlägt, und wenn da einer steht, der nicht nur Mist redet, ist man froh.“

Im Frühjahr geht es mit den Dreharbeiten weiter – auch für Johannes Herrschmann und Pfarrer Sonnleitner. Was in den Büchern steht, weiß der Schauspieler noch nicht, aber er sei gespannt. Einmal habe er bei der Lektüre tatsächlich eine Überraschung erlebt – als der Pfarrer „irgendwann ein Zuhause hatte. Ganz lange war er entweder nur in der Kirche oder in der Dorfhelferinnen-Station zu sehen gewesen.“
Eine Figur über so viele Jahre entwickeln zu können, sei schön, doch Herrschmann ist Realist: „Wer weiß schon, wie lange ich das machen kann und darf?“