Herr Bezzel, wie in den anderen Eberhofer-Krimis geht es auch in „Rehragout-Rendezvous“ weniger um den Kriminalfall als um die Bewohner von Niederkaltenkirchen. Dieses Mal dreht sich alles um die Macht der Frauen. Was mögen Sie an dem Stoff?

Den ersten Hintergrund des Themas. Auch der Franz ist für mich keine Comedy-Figur, sondern ein Charakter, der bei aller Komödie sehr ernst ist. Er ist ein Misanthrop – einer, der mit anderen Menschen Probleme hat. Der auf Tauchstation geht, sobald Probleme auftauchen. Diesmal knallt es ihm gewaltig um die Ohren, als die Oma zu Hause auszieht. Doch die Oma ist weise, sie macht das quasi als erzieherische Maßnahme für ihren Lieblingsenkel.

Zusammen unterwegs: Oma Eberhofer (Enzi Fuchs, von links), Buengo (Castro Dokyi Affum) und Franz (Sebastian Bezzel).
Zusammen unterwegs: Oma Eberhofer (Enzi Fuchs, von links), Buengo (Castro Dokyi Affum) und Franz (Sebastian Bezzel). | Bild: Bernd Schuller/Constantin Film Verleih

Was will sie damit erreichen?

Dass der Franz endlich in die Pötte kommt. Er ist ja ein Typ, der sehr viel Angst vor der Zukunft hat, keine Veränderungen mag, den Ist-Zustand erhalten will. Ihm ist es am liebsten, wenn alles gleich bleibt. Dass das Leben aber ein Fluss ist, ein Prozess, der immer weiter geht, das beunruhigt ihn. Deshalb trifft ihn der Auszug so hart.

Es kommt noch härter für Franz: Seine Susi wird stellvertretende Bürgermeisterin von Niederkaltenkirchen und schickt ihn in Teilzeit, damit er sich um den gemeinsamen Sohn kümmern kann.

Für Susi ist das natürlich eine tolle Chance. Aber für Franz ist diese Neuerung eine Katastrophe. Besonders lustig ist natürlich die komödienhafte Überzeichnung, dass Susi den beruflichen Aufstieg erst mal kräftig auskostet und das Chefin-Sein in vollen Zügen auslebt. Aber sie will mit ihrer neuen Position ja etwas bewirken, nämlich Niederkaltenkirchen weiterbringen. Das finde ich sehr ehrenvoll. Und das erkennt irgendwann auch der Franz. Doch zunächst macht es ihm Angst.

Sebastian Bezzel als Franz und Lisa Maria Potthoff als Susi in einer Szene des Films „Rehragout-Rendezvous“.
Sebastian Bezzel als Franz und Lisa Maria Potthoff als Susi in einer Szene des Films „Rehragout-Rendezvous“. | Bild: Bernd Schuller/Constantin Film Verleih

Mit Susis Karrieresprung ist das Thema Gleichberechtigung auch in Niederkaltenkirchen angekommen, nicht gerade ein Epizentrum der Emanzipation. Prompt hat Franz Probleme mit seiner Männlichkeit. Ist er ein Chauvinist?

Franz ist kein Sexist, auch kein Rassist. Er kann alle Menschen gleich wenig leiden. Ich glaube nicht, dass der Franz grundsätzlich ein Problem hat mit Frauen in Führungspositionen. Sein Problem sitzt tiefer. Susis Aufstieg fällt in seinen persönlichen Bereich und bedeutet eine gewaltige Veränderung seines Ist-Zustands, für ihn der Super-Gau.

Trotzdem scheint ihn das nachhaltig zu verändern. Oder sehen Sie gar keine Entwicklung Ihrer Filmfigur?

Doch. Auch Franz ist lernfähig. Der Auszug der Oma ist ihm eine Lehre. Gleichzeitig ist die Angst vor ihrem Tod eine Art Weckruf. Dass sich Franz verändert hat, merkt man etwa daran, als Susi ihn fragt, ob er ihr denn zutraut, Bürgermeisterin von Niederkaltenkirchen zu werden. Da antwortet er: „Leider ja.“ Und gibt damit zu: Du machst das super, und das ist total richtig, wie du das macht. Das ist für Franz schon eine große Veränderung.

Was unterscheidet Franz Eberhofer am stärksten von Sebastian Bezzel?

Dass der Franz total faul ist und null Ehrgeiz hat. Ich hoffe jedenfalls, dass ich selber strebsamer bin und mehr vom Leben will als der Franz. Auch glaube ich, dass mein eigenes Leben etwas mannigfaltiger und weltoffener ist. Trotzdem finde ich, dass Franz ein toller Typ ist, ich mag ihn wirklich sehr und liebe es, ihn zu spielen. Er lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen, ist unbestechlich und schert sich einen Dreck um die Meinung anderer.

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In den Filmen gibt es Seitenhiebe auf unsere Wohlstandsgesellschaft. Ist die Sozialkritik ein gezieltes Stilmittel?

Absolut. Bei allem Spaß nehmen wir bewusst sehr ernste Themen auf, komödiantisch dargestellt. In “Leberkäsjunkie“ wurde unter anderem Rassismus thematisiert. Auch beschäftigt uns immer wieder die Frage: Was ist Heimat?

Und was ist Heimat?

Zur Heimat gehören auch Zugereiste, leider auch Nazis und Umweltschweine. Deshalb steckt das alles auch in unseren Geschichten. Niederkaltenkirchen ist ein Mikrokosmos der Gesellschaft.

Sie standen lange für den Konstanzer Tatort vor der Kamera. Was verbindet Sie heute noch mit dem Bodensee?

Ich hab immer noch eine besondere Beziehung zum Bodensee. Das ist eine wahnsinnig schöne Ecke. Ich mag auch, dass es ein Drei-Länder-Eck ist.