Frau Wulf, schauen Sie gern Serien?
Sehr gerne sogar. Das ist wie ein guter Film, der nicht endet. (lacht)
Welche denn zum Beispiel?
Ein Dauerbrenner ist bei mir „Suits“. Ich mag Serien, die auch wirklich einen Inhalt mitliefern und vom Kopf her spannend sind.
Haben Sie jemals eine tägliche Serie verfolgt?
Nein, tatsächlich noch nie. Ich mache eher mal Bingewatching und streame dann auch gerne mal ein paar Stunden am Stück eine Serie. Ich muss sagen, ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal den Fernseher anhatte – ich schaue sehr wenig fern. Außer vor der Wahl natürlich, da habe ich mir viele Debatten angeschaut.
Jetzt sind Sie allerdings in einer täglichen Serie zu sehen. „Sturm der Liebe“ läuft seit 20 Jahren in der ARD – und inzwischen weltweit. Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Ich glaube, dass man Herzblut immer spürt, und ich kann wirklich sagen, dass ich mich bei „Sturm der Liebe“ von Tag eins an so wohlgefühlt habe! Das Format hat so eine gute Qualität, da steckt so viel Herzblut dahinter. Alle Schauspieler machen sich Gedanken, stecken Energie und Liebe rein, genauso wie auch die Regisseure und überhaupt das ganze Team. Und das spürt man am Ende eben auch.
Kannten Sie von den Kollegen vor Ihrem ersten Drehtag schon jemanden?
Ja, tatsächlich hatte ich schon mit Tanja Lanäus gedreht. Sie ist eine ganz tolle Frau und auch eine Freundin von mir. Ich schätze sie wirklich sehr und habe mich extrem darauf gefreut, wieder mit ihr arbeiten zu dürfen.
Die ersten Folgen mit Ihnen sind gerade gelaufen. Wie lange standen Sie vor der Kamera?
Von Juni bis kurz vor Weihnachten – und wirklich fast täglich.

Es war das erste Mal, dass Sie über so lange Zeit für ein Projekt gedreht haben. Wie war das für Sie?
Ich hatte immer großen Respekt vor Serien, weil das ein ganz anderes Arbeitstempo ist. Allein schon die Masse von Texten, die ich lernen musste – beim Film hat man da natürlich viel mehr Zeit. Deswegen hatte ich bisher auch noch keine Serie gemacht. Der Respekt ist bis zum letzten Tag geblieben, an dem ich vor der Kamera stand. Deswegen war es mir auch immer wichtig, dass ich meinen Text kann, egal, wie viel es ist.
Am Ende des Tages steht da ein ganzes Team und alle liefern ab – es gibt für mich nichts Schlimmeres, als das Team hängenzulassen, nur weil ich nicht vorbereitet bin. Bei „Sturm der Liebe“ durfte ich ganz viel lernen, in jeglicher Hinsicht. In kurzer Zeit mit ganz unterschiedlichen Regisseuren zu arbeiten, mit den vielen Schauspielern. Ich bin sehr dankbar für die Zeit.
Mit dieser Erfahrung – können Sie sich vorstellen, noch mal eine Serie zu machen?
Definitiv!
Wie Sie viel Text in kurzer Zeit lernen, wissen Sie jetzt ja …
Und das konnten schon mal 20 Seiten an einem Tag sein! Wenn man dann viele Szenen hat, die auch nicht unbedingt in chronologischer Reihenfolge gedreht werden, ist es oft nicht einfach, zwischen verschiedenen Emotionen umzuschalten. Der Text muss so weit sitzen, dass man sich aufs Spielen konzentrieren kann, denn wenn man beim Dreh nur daran denkt, was man als Nächstes sagen muss, kann man nicht mehr spielen.
Es war für mich spannend zu sehen, wie bei so einer Aufgabe das Gehirn funktioniert und sich das Kurzzeitgedächtnis verändert: Nach drei Monaten konnte ich mir die Texte einfach merken, indem ich sie mir abends vor dem Schlafengehen angeschaut habe – am nächsten Morgen konnte ich sie dann.

Mit welcher Technik haben Sie Ihren Text vorher gelernt?
Es ist wahrscheinlich nicht die cleverste Technik, aber ich mache das seit über 15 Jahren so und kriege das nicht aus mir raus (lacht): Ich schreib meine Texte tatsächlich immer ab. Das ist natürlich extrem aufwändig, aber das war eben schon immer meine Art, Texte zu lernen, und das habe ich beibehalten.
Bei „Sturm der Liebe“ haben am Anfang alle zu mir gesagt: Vivien, das kannst du knicken, das ist so viel Text, das schaffst du nicht. Aber ich hab mich trotzdem jeden Abend eineinhalb, zwei Stunden hingesetzt und meinen Text abgeschrieben. Ja, das dauert länger als bei anderen, aber mir ist es wichtig, den Text zu können – schon aus Respekt vor dem Team. Durch das Abschreiben fühle ich mich frei.
Die Serie wird in Bayern gedreht. Wie hat es Ihnen dort gefallen?
Es war wirklich wunderschön. Ich habe mein Herz wirklich an Bayern und besonders an München und verloren. Das hätte ich niemals gedacht, weil ich Düsseldorf und das Rheinland liebe, vor allem die rheinische Frohnatur. Inzwischen könnte ich mir ohne Probleme vorstellen, in München oder Umgebung zu wohnen. Allein die Natur, die ganzen Seen. Ich bin wahnsinnig gern draußen, nicht nur, weil ich einen Hund habe. Ich gehe gern spazieren und auch wandern, da ist Bayern ein absolutes Geschenk. Ich habe jede drehfreie Minute genutzt und bin an einen See gefahren oder in die Berge zum Wandern.
Ihre Figur in „Sturm der Liebe“ ist Larissa Mahnke, Erbin eines Edelstein- Unternehmens. Was für eine Frau ist sie?
Sie ist eine Frau, die genau weiß, was sie will – auch wenn sie manchmal noch ein bisschen an sich zweifelt und daran, was sie kann. Sie geht ihren Weg mit ganz viel Herz und das fand ich spannend – Larissa ist jemand, der zielstrebig und ehrgeizig ist, aber trotzdem seine Werte nicht verliert. Für mich persönlich sind Werte wahnsinnig wichtig, deshalb war es umso schöner, die Figur dahingehend weiterzuentwickeln.
Larissa hat mit Klischees und vorgefertigten Rollenbildern zu kämpfen, von anderen wird sie gern in eine Schublade gesteckt. Wie sehr beeinflusst so ein Denken Ihrer Ansicht nach Frauen im Allgemeinen – und Sie selbst?
Ich glaube, dass es noch ganz viele Klischees gibt. Das ist ein ganz natürlicher Schutzmechanismus: Wenn man Menschen in Schubladen einordnet, kann man im ersten Moment einfacher mit ihnen umgehen. Ich habe damit mittlerweile kein Problem mehr und kann darüber lachen, weil ich weiß, wer ich bin, was ich kann und welche Werte ich vertrete. Aber ich weiß auch, dass einem dadurch manchmal Steine in den Weg gelegt werden, wenn einem im ersten Moment vielleicht nicht viel zugetraut wird und man die Extrameile gehen muss, um andere zu überzeugen.
Hat Larissa auf Sie abgefärbt – oder umgekehrt?
Ich glaube schon. Sie ist naiver als ich, aber sonst? Es gibt einige Werte, die bei uns deckungsgleich sind. Wenn man sich so intensiv mit einer Rolle beschäftigt und viel Zeit mit ihr verbringt, dann glaube ich schon, dass man gewisse Dinge adaptiert.
Ist sie Ihnen ans Herz gewachsen?
Ja, auf jeden Fall. Das war wirklich ein sehr schöner Charakter, den ich da spielen durfte. Ich spiele auch wahnsinnig gerne böse Rollen, weil das so konträr zu meinem eigenen Leben ist, aber wenn man in einer Serie so lange mit einer Figur zu tun hat, dann ist es natürlich schön, wenn diese für gute Sachen einsteht.

Sie werden die Rolle nach den bereits abgedrehten Folgen aber nicht wieder aufnehmen, oder?
Das stimmt. Mein Lebensmittelpunkt ist Düsseldorf, ich bin während der Dreh-Zeit gependelt und das war sehr anstrengend, denn das sind ja doch ein paar Kilometer … Dazu kommt, dass viele andere Projekte habe, die ich vorantreiben will, und dass ich auch wieder Filme drehen möchte.
Ist schon etwas spruchreif?
Es laufen gerade einige Castings. Ich bin gespannt, was das Jahr bringt, aber ich bin sehr guter Dinge.
Zu Ihren Projekten gehört die Veranstaltungsreihe „WoMen On Top“, hinter der Sie gemeinsam mit Nena Brockhaus und Franca Lehfeldt stehen. Unter dem Markennamen gibt es auch einen Podcast zum Thema Gleichberechtigung. Was bedeutet Gleichberechtigung für Sie?
Gleichberechtigung bedeutet für mich, dass Männer und Frauen gemeinsam Dinge bewegen, dass Männer Frauen unterstützen. Es funktioniert nur gemeinsam. So ist auch „WoMen On Top“ entstanden, weil wir gesagt haben, Gleichberechtigung geht nur zusammen, das heißt, wir müssen Männer mit an den Tisch holen und sie nicht explizit ausladen. Es gibt viele großartige Männer, die Feministen sind, die Frauen unterstützen, die Türen öffnen und helfen.
Wie weit ist der Weg bis zur echten Gleichberechtigung?
Um ehrlich zu sein, da ist noch einiges zu tun. Aber ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg.
Ihre Serien-Figur Larissa soll ihr Erbe nur unter der Bedingung antreten dürfen, dass sie heiratet. Was sagt die Feministin in Ihnen dazu?
Das ist ganz furchtbar, ein absolutes Horrorszenario! Dass einer Frau nicht zugetraut wird, ein Unternehmen zu leiten, nur weil sie keinen Mann hat – das ist völlig absurd. Deswegen fand ich die Rolle so großartig, weil Larissa sagt: Das ist mir völlig egal. Sie will es allein hinbekommen. Sie möchte die Firma leiten und sie weiß auch, dass sie das kann. Wenn dann vielleicht trotzdem die große Liebe ins Spiel kommt, ist das natürlich der Sechser im Lotto. (lacht)
Wie gut kennen Sie als gebürtige Karlsruherin eigentlich Schwarzwald und Bodensee?
Am Bodensee war ich tatsächlich schon das eine oder andere Mal, allerdings noch nie auf der Schweizer Seite. Ich war überhaupt noch nie in der Schweiz, obwohl mir alle sagen, dass es dort wunderschön ist. Die ganze Region rund um den Bodensee ist ein absoluter Traum, allein wegen der Natur. Es steht auch sehr weit oben auf meiner Bucket List, dort bald mal wieder hinzufahren. Eine gute Freundin von mir ist nämlich gerade nach Konstanz gezogen.
Und was würden Sie dann so machen am Bodensee?
Ich würde vielleicht spazieren gehen oder wandern. Aber ich liebe es auch, auf dem Wasser zu sein, zum Beispiel beim Segeln, das finde ich ganz toll. Oder einfach in der Sonne sitzen und ein leckeres Getränk genießen. Das sind Dinge, die mich glücklich machen, und ich glaube, das kann man am Bodensee sehr gut machen. Die Lebensqualität dort soll ja großartig sein!