Herr Voss, im ZDF sind Sie seit Jahren als Sportmoderator im Einsatz, präsentieren seit einer Weile aber auch True-Crime-Formate. Achten Sie seitdem mehr auf Ihre eigene Sicherheit?
Sven Voss: Durch den Kontakt mit den Ermittlern habe ich schon eine ganze Menge gelernt. Ich habe zwar nicht mehr Angst als früher, durch die Stadt zu gehen, ich habe auch nicht mehr Angst um meine Kinder. Aber ich bin wachsamer geworden und versuche, meine Umgebung genauer zu beobachten. Da rede ich nicht nur von Verbrechen. Wenn ich etwa an einer Bushaltestelle einen Obdachlosen sehe, schaue ich genau hin, ob die Person Hilfe benötigt. Wir sollten alle aufmerksamer für unsere Umgebung und unsere Mitmenschen sein, das haben wir in den letzten Jahren vielleicht ein wenig verlernt.
Aber ein ängstlicher Typ sind Sie nicht?
Voss: Nein, ich bin kein ängstlicher Typ. Ich weiß, dass es Verbrechen gibt, und ich weiß, dass man zur falschen Zeit am falschen Ort sein kann. Aber ich gehe normal durch die Welt und ich packe auch meine Kinder nicht in Watte. Es gibt ja Kinder, die werden zum Beispiel jeden Morgen mit dem Auto zur Schule gebracht und wieder abgeholt. Ich versuche, meinen Kindern eine gewisse Normalität zu signalisieren. Klar, wenn meine Tochter abends unterwegs ist und mir eine Nachricht schickt, dass alles okay ist, dann bin ich beruhigt. Aber ich weiß ja auch, dass Verbrechen nicht sekündlich passieren.
Haben Sie sich denn gefürchtet, wenn Sie als Kind „Aktenzeichen XY … ungelöst“ geschaut haben?
Voss: Als ich mit zwölf, 13 Jahren zum ersten Mal von der Sendung hörte, fand ich es faszinierend, dass man der Polizei helfen kann. Ich hatte schon früh einen starken Gerechtigkeitssinn und einen Kompass für Gut und Böse. „Aktenzeichen XY“ durfte ich eigentlich nie gucken, aber wenn meine Eltern weg waren, habe ich natürlich doch eingeschaltet. Das habe ich oft bereut. In einer Folge wurde ein Pärchen in einer Gartenlaube überfallen und die Verbrecher wollten den goldenen Ring, den die Frau trug. Vor Aufregung bekam sie den aber nicht vom Finger – dann kam der Schnitt auf die Gartenschere. Mehr hat man nicht gesehen, aber den Rest konnte man sich denken, und das hat mich nachhaltig traumatisiert.
In der neuen Staffel der Doku-Reihe „XY gelöst“ präsentieren Sie Verbrechen, die nach langer Zeit aufgeklärt werden konnten. Der älteste Fall war 1995 und ist ziemlich spektakulär.
Voss: Ja, das war ein spektakulärer Bankraub mit Geiselnahme in Berlin. Die Polizei dachte, es gehe den Räubern darum, Geld zu erpressen. In Wahrheit hatten die über Jahre hinweg ein Tunnelsystem gegraben und mussten nur noch Zeit gewinnen, um den Tunneldurchbruch zu schaffen – irgendwann waren dann die Täter weg und die Geiseln alleine in der Bank. Der Masterplan war also durchaus beeindruckend. Aber man muss aufpassen, dass man nicht zu sehr den Hut zieht vor den Gangstern, im Endeffekt ist es trotzdem ein schlimmes Verbrechen. Eine der Geiseln, denen die Bankräuber ja 16 Stunden lang die Pistolen an die Köpfe gehalten haben, hat sich später das Leben genommen, weil das Erlebnis so furchtbar war.

True-Crime-Formate sind in Mode, geraten aber bisweilen in die Kritik, wenn sie die Täter zu sehr in den Mittelpunkt stellen und die Opfer aus dem Blick verlieren. Wie sehen Sie das?
Voss: Mich stört es, wenn die Täter in solchen Formaten heroisiert werden. Wenn wir über Fiktion reden, ist das ja keine Frage. Ein James-Bond-Bösewicht muss einfach fies sein, der muss auch brutal sein. Aber bei True Crime sehe ich es anders. Die eiserne Regel ist, dass man die Dinge so darstellt, wie sie wirklich passiert sind, und auch die Warte der Opfer nicht vergisst. Ich sehe es auch kritisch, wenn man zu spät aus einer Gewaltszene rausgeht. Wir haben in „XY gelöst“ ja sogenannte Reenactments, in denen wir mit Schauspielern schildern, wie sich das Verbrechen abgespielt hat. Aber da muss man nicht explizit zeigen, wie bei einem Mord das Messer in den Körper eindringt, man kann da auch vorher abbrechen.
„XY gelöst“ ist ein Ableger des Klassikers „Aktenzeichen XY … ungelöst“. Wie hoch ist die Aufklärungsquote?
Voss: Eine genaue Quote wurde in den bald 60 Jahren nie erhoben, aber die Jagd nach Verbrechern im Fernsehen ist erfolgreich. Dieser Aufruf von Rudi Cerne, „Wer hat was gesehen? Wer kann wichtige Hinweise beisteuern?“, und die Anwesenheit der Kommissare und Kommissarinnen im Studio, das wirkt.
Sie sind im ZDF der Mann für Mord und Sport, im Juli sind Sie bei der Frauen-Fußball-EM der Frauen. Freuen Sie sich?
Voss: Ich freue mich total. Deutschland in der Rolle des Herausforderers, das finde ich superspannend. England ist Europameister, Spanien ist Weltmeister. Wenn die deutschen Frauen da auf Augenhöhe mit um den Titel spielen könnten, das wäre wirklich was Tolles. Ich würde es den Deutschen gönnen, da sind Frauen dabei, die eine neue Generation an Fußballerinnen verkörpern.