"Die CSU war immer Motor der europäischen Einigung." Die Botschaft auf dem Kleinen Parteitag der CSU in Nürnberg kam von der Videoleinwand und war 40 Jahre alt – ausgesprochen von Franz Josef Strauß. An diese proeuropäische Tradition knüpfte die Partei in der jetzt beginnenden heißen Phase des Europawahlkampfs bewusst an. Wohl wissend, dass dazwischen einige Jahrzehnte lagen, in denen man diese Mahnung von Strauß vergessen hatte.
Von Europa-Skepsis war in Nürnberg jedenfalls nichts mehr zu spüren. Einstimmig beschlossen die Delegierten das gemeinsam mit der Schwesterpartei CDU entworfene Unions-Wahlprogramm. Über die jahrelang angeprangerten Fehler der Brüsseler Eurokratie sieht das Programm großzügig hinweg. "Jetzt ist alles anders", verkündete Bayerns Ministerpräsident und CSU-Parteichef Markus Söder. Die Wahl des Europäischen Parlaments sei nicht irgendeine Wahl. Es gehe um nicht weniger als um die Frage, ob Europa "in das Zeitalter der Duodezfürsten und der Kleinstaaterei" zurückfalle.
Juncker wirbt für Weber
Dementsprechend bemühten sich Söder und CSU- und EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber um einen verbal kraftvollen Aufschlag zum Europawahlkampf. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warb in einer Videobotschaft für Weber als seinen Nachfolger. Der werde "ein guter Kommissionspräsident sein", zeigte sich der Luxemburger in dem von ihm gewohnten Plauderton überzeugt. Ob es soweit kommt, hängt allerdings von vielen Dingen ab. Erst einmal müssen die Europäischen Volksparteien, als deren gemeinsamer Kandidat Weber in Helsinki gekürt wurde, stärkste Kraft im neuen Europaparlament werden. Dann müssten die Konservativen in Brüssel noch bei anderen Fraktionen um Unterstützung ihres Kandidaten werben, denn mit einer absoluten Mehrheit der Parlamentssitze ist nicht zu rechnen.
Anders als früher wurde in Nürnberg über die Schwächen der EU – die Probleme mit der Euro-Währung und das leidige Bürokratieproblem – großzügig hinweg gesehen. "Es klappt auch nicht alles in Berlin und keiner kommt auf die Idee, Deutschland abzuschaffen", argumentierte Söder. Weber versprach, als Kommissionspräsident etwas gegen die Geißel der Bürokratie zu unternehmen. Die EU brauche einen Normenkontrollrat, der europäisches Recht auf dessen Folgen abklopfe, ehe es in Kraft trete. Und die EU-Agrarbürokraten möchte Weber verdonnern, "mal mit den Bauern aufs Feld 'rauszufahren".
Auch politische Gegner im Blick
Wie es sich bei einem Wahlparteitag gehört, bekamen auch die politischen Gegner jenseits der "Extremisten, Populisten und Kommunisten" ihr Fett weg. Die SPD sei in ihrer "nostalgisch-romantischen" Phase bestrebt, zusammen mit den anderen sozialistischen Parteien immer neue Umverteilungstöpfe einzurichten, wetterte Söder. Die Grünen wiederum seien "gefährlich unilateral" geworden und wollten dem Rest der Gesellschaft vorschreiben, was moralisch richtig sei und was nicht.
"Stammtisch und Cloud"
Und dann wurde Söder noch etwas grundsätzlich und nachdenklich. "Unser Versagen könnte vielleicht historisch sein", warnte er, wobei er offenließ, wer sich hinter "unser" verbirgt. Es genüge nicht, gute Zahlen abzuliefern und sich als perfekte Pragmatiker zu präsentieren, sondern es brauche auch eine Idee, wie die Zukunft gestaltet werden solle. Die Lufthohheit über den Stammtisch, welche die CSU seit vielen Jahren zu erobern trachtete, ersetzte Söder durch eine "Cloud". Die CSU müsse "Stammtisch und Cloud" vereinen.
Zur Person
Manfred Weber ist seit 2014 Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament. Bei der Europawahl im Mai tritt er als EVP-Spitzenkandidat für das Ant des EU-Kommissionspräsidenten an. Der 46-Jährige ist Mitglied der CSU und gehört dem Präsidium und dem Vorstand der Partei an. Der ausgebildete Ingenieur ist verheiratet und gilt als wertkonservativ. (sk)