Temperaturen von nahezu 40 Grad, Ende Juni 2025 ächzte Deutschland unter einer Hitzewelle. Besonders bei der Arbeit macht vielen Menschen die Hitze zu schaffen. Enorm warme Büros können zur Belastung werden, körperliche Arbeit im Freien wird bei hohen Temperaturen zu einem noch deutlich größeren Problem. Daher sorgt die Hitzewelle nun für eine Diskussion um ein „Hitzegeld“.
Die Linke fordert Hitzegeld: Was steckt hinter der Idee?
Im Baugewerbe gibt es das sogenannte „Schlechtwettergeld“. Dieses wird ausgezahlt, wenn es bei Kälte, Eis oder Schnee zu Arbeitsausfällen kommt. Finanziert wird das Schlechtwettergeld von der Bundesagentur für Arbeit (BA), also letztlich von Steuergeld. Auf einem solchen System könnte auch ein Hitzegeld funktionieren, wenn es nach dem Linken-Chef Jan van Aken geht.
„Bei über 30 Grad kann niemand normal arbeiten, nicht im Büro und schon gar nicht auf der Baustelle. Die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von hitzebedingten Ursachen wie Hitzeerschöpfung und Sonnenstich am Arbeitsplatz steigen. Hitzetage werden immer häufiger, darauf müssen wir uns auch im Arbeitsrecht dringend einstellen“, wird van Aken in einem Bericht der Rheinischen Post zitiert. Höchste Zeit also, um ein Hitzegeld als Sicherung des Gehalts einzuführen, das von der BA finanziert wird, glaubt van Aken.
Eine Sommer-Variante des Schlechtwettergeldes gibt es bereits im Dachdecker-Gewerbe und wird als „Ausfallgehalt bei großer Hitze“ bezeichnet. Anders als das Schlechtwettergeld wird es aber nicht mit Steuergeldern finanziert, sondern von den Sozialkassen des Dachdecker-Handwerks getragen. „Alle Dachdeckerbetriebe zahlen eine Umlage an die Sozialkassen des Dachdeckerhandwerks (SOKA-DACH). Aus diesem Topf erhalten die Arbeitnehmer ein Ausfallgeld in Höhe von 75 Prozent ihres Stundenlohns, um die entstandenen Lohneinbußen durch die ausgefallenen Arbeitsstunden zu mindern“, wird im BauPortal BG Bau erklärt.
Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), sieht die Dachdecker als Vorreiter. „Das kann ein Vorbild für andere Branchen sein und muss am Tarifverhandlungstisch vereinbart werden, wenn es für die Branche sinnvoll ist“, sagte sie der Rheinischen Post.
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Hitzegeld und Hitzeschutz: Arbeitgeber in der Pflicht?
Unabhängig von einem Hitzegeld fordert van Aken von der Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), dass sie sich für den „Schutz der Beschäftigten bei Affenhitze“ starkmacht. Mit dieser Forderung ist er nicht allein, Gewerkschaften fordern seit Jahren einen besseren Hitzeschutz durch die Arbeitgeber. „Auf dem Papier reichen die bestehenden Regeln zum Hitzeschutz von Beschäftigten in den Büros und Werkhallen aus. In der Realität ignorieren aber zu viele Betriebe die erforderlichen Schutzmaßnahmen“, sagte Hans-Jürgen Urban, Sozialvorstand der IG Metall, der Rheinischen Post. Er wünscht sich in diesem Zuge schärfere Kontrollen und härtere Sanktionen. „Hier ist die zuständige Arbeitsschutzaufsicht und die Unfallversicherung gefordert“, erklärte Urban seine Sicht der Dinge.
Markus Nöthen, Leiter Arbeits- und Gesundheitsschutz bei Verdi, sieht das nicht ganz so. „Um die Situation für Arbeitnehmer allgemein bei großer Hitze zu verbessern, ist eine gesetzliche Nachschärfung, insbesondere bei der Arbeitsstättenverordnung, sinnvoll“, sagte er der Rheinischen Post. Es gibt hierbei viele Ansätze für Arbeitgeber, beispielsweise die Verstärkung eines Sonnenschutzes, die Entfernung von Wärmequellen, die Bereitstellung von Getränken und die Anpassung von Arbeitszeit und Kleiderordnung. Das Problem ist laut Piel nicht die Ermangelung an Möglichkeiten, sondern das Verhalten der Arbeitgeber und die Bereitschaft zur Kontrolle durch Behörden. „In Behörden gibt es leider chronisch zu wenig Personal, um vor Ort zu kontrollieren. Das muss sich ändern, weil es durch den Klimawandel schon jetzt längere und heftigere Hitzeperioden gibt. Arbeitgeber müssen konsequent Hitzeschutz vorhalten, und Behörden brauchen mehr Personal, um regelmäßig zu überprüfen“, wird Piel von der Rheinischen Post zitiert.
Die Lösungen von Arbeitgebern müssen individuell sein, denn in den verschiedenen Branchen führt Hitze zu unterschiedlichen Problemstellungen. „Es macht einen Unterschied, ob man im Büro, draußen auf dem Bau, in der Pflege, am Hochofen oder am Band arbeitet. Deshalb müssen Arbeitgeber für unterschiedliche Arbeitsplätze passgenaue Maßnahmen bereithalten, wenn es zu heiß wird“, mahnt Piel.
Eines scheint bei den Diskussionen klar: Im Zuge des Klimawandels dürften sie sich nicht abkühlen, bis Lösungen gefunden sind.