Lukas von Hoyer

Die Lage in der Pflege könnte prekärer sein als bislang angenommen. Der Grund: Ein milliardenschweres Finanzierungsloch bei der Pflegeversicherung, das nun skizziert wurde. Der Bundesrechnungshof (BRH) schlug Alarm und schickte einen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages. Er fordert eine Reform, ohne die das Defizit nicht ausgeglichen werden könne.

Pflege: In der Pflegeversicherung sollen bald Milliarden fehlen

12,3 Milliarden Euro. Diese Summe soll bis 2029 in der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) fehlen, wie aus dem Bericht des BRH hervorgeht, von dem zuerst die Bild am Sonntag berichtete. Im Jahr 2026 könnte das Defizit demnach bereits 3,5 Milliarden Euro betragen. Die Berechnung stützt sich laut dem BRH auf eine Prognose des Bundesgesundheitsministeriums. Gründe für das Milliardenloch sind demnach vor allem die Deckelung des Eigenanteils bei Pflegeleistungen in Heimen und der „unerwartet starke“ Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen. Im BRH-Bericht ist von 5,6 Millionen pflegebedürftigen Mitgliedern der Sozialen Pflegeversicherung im Jahr 2024 die Rede. Ein Anstieg um 400.000 im Vergleich zum Vorjahr.

Der Bericht trudelte im Haushaltsausschuss rechtzeitig zu einer Etatberatung im Bundestag am Montag, 7. Juli 2025, ein. In diesem Zuge tagte laut Bild auch eine Arbeitsgruppe von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Der BRH kritisiert die Politik scharf: Die Ursachen der Krise seien „lange bekannt“ und „zahlreiche Reformvorschläge“ würden auf dem Tisch liegen. „Es fehlt nicht an Erkenntnissen, sondern am Willen zur Umsetzung“.

Pflegeversicherung: Bundesrechnungshof fordert Reform

Für die neue Koalition aus Union und SPD hat der BRH klare Forderungen formuliert: „Die Finanzlage muss zügig stabilisiert, die Reform der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) in dieser Legislaturperiode endlich umgesetzt werden.“ Es müssten außerdem „Antworten auf den rapiden Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen gefunden werden“.

Derzeit hat Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) den Pflegekassen laut dem Spiegel ein Darlehen von 0,5 Milliarden Euro für 2025 und 1,5 Milliarden für das kommende Jahr in Aussicht gestellt. Dieses würde die Finanzprobleme aber nicht lösen, mahnt der Bundesrechnungshof. Im Bericht wird das Fazit gezogen: „An einer durchgreifenden Reform der SPV führt kein Weg vorbei.“

Andreas Storm, Vorstandschef der Krankenkasse DAK-Gesundheit, begrüßte den Bericht. Dieser würde zeigen, dass „die Lage in der Pflegeversicherung dramatischer als bisher eingeräumt“ sei, zitiert ihn das Deutsche Ärzteblatt. Die Pflegeversicherung sei, genau wie die Krankenversicherung, ein „Notfallpatient“, der unbedingt auf der Intensivstation behandelt werden müsse.

Das Gesundheitsministerium gab bekannt, dass ein „Zukunftspakt Pflege“ von einer Bund-Länder-Kommission entwickelt werden soll. Dabei gebe es „keine Denkverbote“, versicherte Warken. Das Zusammenkommen der Arbeitsgruppe war wohl ein erster Schritt. Ein Zeitplan wurde zunächst nicht bekannt.

Auch interessant: In der Pflege wurden zum Januar 2025 Leistungen erhöht. Außerdem wird eine Lücke zwischen Pflegekräften und Bedarf erwartet. In Österreich wurde Pflege als „Schwerarbeit“ eingestuft.