Wundertüte, Rätsel, Streich‘sche Prophezeiung? Versuchen wir es mal so: Der SC Freiburg spielt in dieser Saison bisher mit zwei Mannschaften. Jeder sieht es, aber kaum einer versteht es.
Jüngstes Beispiel: die 1:2-Niederlage in der Europa League gegen West Ham United, eine gut organisierte Mannschaft, die in der englischen Premier League Rang sieben belegt und einen prima Fußball spielen kann – und gegen die der SC Freiburg trotzdem nicht hätte verlieren müssen.
Die erste Halbzeit kickte der Sport-Club unterirdisch schlecht und war mit dem 0:1-Rückstand noch gut bedient, im zweiten Durchgang war er überlegen und hätte gut und gerne gewinnen können.
Die Knackpunkte: Die versemmelte Riesenchance von Lucas Höler, der in der 55. Minute und damit nur sechs Minuten nach dem 1:1-Ausgleich durch Roland Sallai den Ball aus Nahdistanz über den Balken drosch.
Das Luftloch, das Lukas Kübler zehn Minuten später nach Vorarbeit von Vincenzo Grifo und Nicolas Höfler fünf Meter vor dem Tor produzierte. Und natürlich der schlimme Fehler, den sich Torwart Noah Atubolu leistete, als er mit einem verlorenen Luftkampf gegen Nayef Aguerd West Ham das Siegtor (66.) schenkte.
Mit Doan kommt frischer Schwung
Wie ist das möglich, 45 Minuten pfui und 45 Minuten hui? Das schnelle 0:1 (8.) durch Lucas Paquetá habe die vorhandene Nervosität noch gesteigert. „Wir fanden keine Mittel, auf dem Platz konnten wir das nicht korrigieren“, sagte Maximilian Eggestein. Tatsächlich hätten sie frühzeitig der Halbzeitpause entgegen gefiebert, „da kannst du dich dann sammeln und Probleme klären“.
Mit Ritsu Doan für Junior Adamu, der bei seinem Startelf-Debüt gegen die „Abwehrmonster von West Ham“ (SC-Trainer Christian Streich) auf verlorenem Posten stand, kam Schwung. Der Japaner übernahm die rechte Außenbahn, Sallai wechselte auf die Zehnerposition, schon lief es so viel besser, dass es ohne die individuellen Fehler auch zum Sieg hätte reichen können.
Wenn schon seine Kicker die unterschiedlichen Halbzeiten nicht erklären konnten, tat dies der Trainer, der schon vor dieser Spielzeit darauf verwiesen hatte, dass es Probleme geben könne. „In der vergangenen Saison wäre der Schuss vom Luci rein gegangen und das hätte dann gereicht“, sagte Streich.
Die Pleite passt ins Gesamtbild
„Auch hatten wir nicht dieses Verletzungspech wie mit Christian Günter, dessen Geschwindigkeit und Tiefe uns massiv fehlen. Oder jetzt die kurzfristigen Ausfälle von Gregoritsch und Keitel.“ Die Niederlage gegen West Ham passe ins Gesamtbild. „Unglaublich nach der zweiten Halbzeit, über 90 Minuten betrachtet vollkommen verdient.
Und nun geht es in der Bundesliga zu den Bayern. „Dort haben wir ja selten gewonnen, genau genommen nur einmal.“ Aber man fahre nach München, um zu gewinnen.
„Wenn wir gut spielen wie in der zweiten Halbzeit, haben wir eine Chance“, sagte Streich, „wenn wir so spielen wie in der ersten Halbzeit, werden wir uns einige Tore einfangen.“ Man werde, wie der Trainer leise ergänzte, „im Rahmen unserer Möglichkeiten spielen“. Die dürften für München eher nicht reichen. Aber man weiß ja nicht so recht: Wundertüte, Rätsel?