Die Schwenninger Eishockey-Fans sind seit je her sehr freigiebig mit ihrer Zuneigung. Immer wieder gab es Profis, die eben damit geradezu überschüttet wurden. Einer, der diese große Liebe erfahren durfte, ist heute noch ein wichtiger Teil des Vereins. Wayne Hynes war sechs Saisons für die Wild Wings auf dem Eis und ist nun bereits seit 14 Jahren für sie an der Bande und am Schreibtisch tätig.
Die Liebe zwischen Hynes und Schwenningen begann vor genau drei Dekaden. Vier Jahre zuvor kam der Collegeabsolvent nach Deutschland, ins 15.000 Einwohner-Städtchen Grefrath bei Düsseldorf. Nicht gerade der Nabel der Eishockeywelt, aber mit einem damals ambitionierten und finanziell gut gestellten Zweitligisten ausgestattet.
Der Wechsel nach Europa war zu jenen Zeiten eine spannende Angelegenheit, denn Informationen flossen eher spärlich per Telefon. „Ich wollte für etwa zwei bis drei Jahre in Deutschland spielen, um ein bisschen Geld zu verdienen“, erinnert sich Wayne Hynes.
Zuvor hatte der damals 21-Jährige seinen Collegeabschluss an der Universität seiner Geburtsstadt Calgary gemacht, hatte einen Studienplatz für Internationales Management sicher. „Der Dekan mochte mich sehr und hat mir gesagt, dass er den Platz für fünf Jahre frei hält. Das war also der Plan, maximal fünf Jahre als Profi zu spielen und dann zu studieren“, erzählt der ehemalige Stürmer.
Der Fünfjahresplan
Es kam gänzlich anders. 1993 kontaktierten ihn die Wild Wings, „parkten“ ihn für ein Jahr beim TuS Geretsried und holten ihn dann in die DEL. An sich hatte der Student-auf-Abruf ja zu diesem Zeitpunkt bereits über die Rückkehr nach Kanada nachgedacht, aber „ich war ja immer noch in meinem Fünfjahresplan“, so Hynes.
Das Bosman-Urteil hatte Profis und Klubs zu diesem Zeitpunkt neue Möglichkeiten eröffnet, der Nordamerikaner spielte nun dank der Vorfahren des Vaters mit irischem Pass. Seine erste Saison in der höchsten deutschen Spielklasse war – wie auch die folgenden elf – richtig gut.
Der überragende Bullyspieler verzeichnete für Schwenningen in diesen fünf Jahren 259 Punkte in 245 Partien – ein unfassbarer Wert. „Ich habe mich von Anfang im Team und der Stadt wohlgefühlt. Es war ein ganzer Haufen Kanadier hier und dazu noch Bob Burns als Trainer“, berichtet Hynes von den gänzlich anderen Zeiten.
Denn, nicht nur auf Grund seiner Tore und Vorlagen wurde der immer etwas pummelig wirkende Angreifer ganz schnell zum Liebling am Bauchenberg. Der Spieler mit der Rückennummer 16 lebte einfach in der Doppelstadt, war viel unterwegs und lernte schnell die Menschen vor Ort kennen.
Generell waren die Profis in jenen Tagen vielleicht nicht ganz so fokussiert, machten diverse Bars und Kneipen in der Stadt unsicher. „Wir waren mehr in Kontakt mit den Fans“, umschreibt es Wayne Hynes mit einem Lachen.
Hochzeit mit Ulrike
Besonders gut kennen lernte der damals 25-Jährige eine junge Dame namens Ulrike. So gut, dass wenig später geheiratet wurde und der erste Sohn zur Welt kam. „Das ging vielleicht ein bisschen schnell und war natürlich auch nicht geplant“, sagt Hynes mit einem breiten Grinsen. „Aber ich habe mich ja hier eh wohlgefühlt.“ Verheiratet sind die beiden im Übrigen heute noch, die Söhne Jonah und Justin leben in Ludwigsburg beziehungsweise Spartanburg in den USA.
Damit war Hynes quasi auch schon ein halber Schwenninger und als ein Jahr später sein Bruder Gord bei den Wild Wings anheuerte, war der Neckarursprung dann so richtig Heimat. Drei Jahre später stand der inzwischen zweifache Familienvater erneut vor der Wahl: Gehen oder Bleiben?
Die fünf Jahre waren ohnehin längst um, dem freundlichen Dekan der Uni Calgary hatte er schon zuvor abgesagt. Vom kleinen Club in Schwaben ging es nach München, die seinerzeit noch Barons hießen, und von dort weiter nach Mannheim. Vermutlich die einzige Tat, die die SERC-Fans ihrem „Kleines, dickes Wayne“ ein bisschen übel nahmen.
„Meinen besten sportlichen Moment habe ich aber in Mannheim erlebt. Ich durfte 2001 gemeinsam mit meinem Bruder die deutsche Meisterschaft feiern“, sagt Hynes. Mittlerweile war er Deutscher und nach WM-Teilnahmen, den Olympischen Spielen in Salt Lake City sowie einer weiteren Saison in der Kurpfalz und zweien in Hamburg und Hannover, kehrte Familie Hynes nach Schwenningen zurück.
Die Wild Wings spielten in Liga zwei, der Rückkehrer ließ es mit 67 Punkten in 63 Spielen noch mal richtig krachen. Seine letzte Saison als Spieler verbrachte er anschließend in Kassel, hatte dabei aber auch den Trainerschein längst in der Tasche. Der Übergang in den Job hinter der Bande war fließend, bereits in der nächsten Spielzeit trat er seinen ersten Trainerposten in Regensburg an.
Mehr und mehr aber spürte der Vater, dass die Söhne ihn nun brauchten. „Es war für die Kinder und meine Frau schwierig. Ich war weg und die Jungs in der Pubertät. Also haben wir überlegt, wie es weiter geht und da gab es wieder das Angebot aus Schwenningen“, erinnert sich Hynes an den schließlich entscheidenden Schritt. Seit 2010 arbeitet der heute etwas korpulentere Ex-Profi als Nachwuchstrainer, ist inzwischen auch Sportlicher Leiter der Wild Wings Future.
Sein Engagement für die Jugendlichen und Junioren ist dabei mindestens so groß, wie zu seinen Zeiten als Spieler für sein Team. Nicht wenige haben den Cheftrainer der U20 bei Spielen in der Deutschen Nachwuchs Liga (DNL) schon ordentlich aufdrehen sehen.
„Ich kann einfach nicht verlieren. Das war früher schon so und das werde ich wohl auch nicht mehr lernen“, sagt Wayne Hynes grinsend. Der Deutsch-Kanadier gibt aber eben auch alles für seinen Verein: „Ich liebe diesen blau-weißen Club. Es geht nur um diesen Verein. Er hat mir damals geholfen, jetzt helfe ich ihm.“
Und so sind nicht nur die Wild Wings mittlerweile seine Heimat geworden, auch die Stadt „ist für mich mehr erste Heimat als zweite“, so Hynes. Der heute 55-Jährige wird in der Helios Arena natürlich immer noch erkannt, aber niemals wie ein Star behandelt. Denn, das war Wayne Hynes ohnehin nie: „Ich war einfach ein ganz normaler Mensch.“