Sehen so leidende Männer aus? Ehe die Airbus-Jahrespressekonferenz im südfranzösischen Toulouse beginnt, strahlen die drei Manager für die Fotografen, ja sie umarmen sich, so als wollten sich die Chef des Luftfahrtkonzerns an dem Tag, an dem sie das Mega-Flugzeug A380 beerdigt haben, zusammenscharen.

Enders geht, ein Franzose kommt
Die beiden Deutschen, der scheidende Airbus-Boss Tom Enders und sein Finanz-Experte Harald Wilhelm, der zu Daimler geht, nehmen den deutlich kleineren 50-jährigen Franzosen, Guillaume Faury, in die Mitte. Letzterer wird im April die Geschäfte seines mit 60 Jahren abtretenden Vorgängers übernehmen.

Enders erweist dem Kollegen vor dessen Einstand auf dem Vorstandsposten einen kollegialen Dienst. Denn es ist der Deutsche, der den Mut aufbringt, einen europäischen Traum zu begraben. Der Name des großen, hageren Managers wird auf Dauer mit dem Ende des A380 verbunden sein.

Der sonst an diesem Tag befreit wirkende Enders schaltet das Lächeln aus, als er auf den A380 zu sprechen kommt. Die Entscheidung habe ihm Schmerzen bereitet, räumt er ein. Tausende Mitarbeiter hätten Fleiß, Schweiß und Geld in den Jet gesteckt. „Aber Entscheidungen dürfen nicht auf Emotionen, sondern müssen auf Fakten gründen“, sagt Enders auf Englisch, der Geschäftssprache des Unternehmens.
Dicker Brummer, dickes Problem
Die Fakten sprechen schon länger gegen eine weitere Produktion des A380. Denn der dicke Euro-Brummer wurde für Airlines zu einem dicken Problem. So drängte etwa der größte A380-Kunde, die Fluglinie Emirates, darauf, dass neue Maschinen des Typs weniger Sprit verbrauchen. 162 Stück des A380 hat Emirates bestellt, 109 sind ausgeliefert.

Der Preiskampf unter den Airlines ist brutal. Da kommt es auf jeden Euro pro Sitzplatz an, der sich einsparen lässt. Daher haben die Emirates-Scheichs den Triebwerkshersteller Rolls Royce unter Druck gesetzt, eine sparsamere Turbine zu bauen. Doch nach Informationen dieser Redaktion kamen die Scheichs und die Briten nicht auf einen Nenner. Dadurch geriet aber wiederum Airbus unter Druck.
Scheichs kaufen kleinere Airbus
Denn es war schnell klar, dass Emirates ihre A380-Bestellungen von 162 auf 123 Maschinen herunterschrauben wird. Weil aber Emirates der bei weitem wichtigste Kunde für das Flugzeug ist, wird dieser Beschluss als Todesstoß für die Maschine gedeutet. Denn die Scheichs hatten zugleich signalisiert, statt noch ausstehender A380-Bestellungen lieber kleinere Flugzeuge der Europäer kaufen zu wollen.
Da zuvor die australische Fluglinie Qantas einen Auftrag über acht der großen Maschinen zurückgezogen hatte, war klar, wohin die Reise geht. Der A380 erleidet damit ein ähnliches Schicksal wie das Überschall-Flugzeug Concorde: Die Maschine wird eingestellt. Alle Komfort- und Sicherheits-Argumente halfen dem A380 nicht. Das Flugzeug scheitert an ökonomischen Fakten, auch wenn es für Airbus im Gegensatz zu früher zumindest keine Verluste mehr produziert.
Diese Zahlen sind erfreulich
Auch ansonsten wartet Airbus mit erfreulichen Zahlen für 2018 auf. Weil die Nachfrage nach kleineren zivilen Flugzeugen gut ist und sich auch die Airbus-Militärsparte im Aufwind sieht, zog der Umsatz um acht Prozent auf 63,7 Milliarden an. Der Gewinn nahm sogar deutlich Fahrt auf, nämlich um 29 Prozent auf etwa 3,1 Milliarden Euro. So sollen die Aktionäre eine Dividende von 1,65 Euro im Gegensatz zu 1,50 Euro im Vorjahr erhalten.

Und was passiert mit den Mitarbeitern? Konzernweit ist die Zahl um drei Prozent auf 133 671 gestiegen. Aber im A380-Bereich droht Unruhe auszubrechen. Schließlich sprach Enders davon, dass man mit den Gewerkschaften sprechen wolle. Es geht um 3000 bis 3500 Jobs rein im Airbus-Reich, die von der Einstellung des A380 in den nächsten drei Jahren betroffen sein könnten. Dabei sind Stellen bei Zulieferern auch in Bayern nicht mitgezählt.
Beschäftigte werden wohl wechseln
In Toulouse spricht aber kein Manager von betriebsbedingten Kündigungen. Es besteht die Hoffnung, dass Beschäftigte aus dem A380-Bereich in andere Programme wechseln können, ob in Hamburg oder auch beim Airbus-Zulieferer Premium Aerotec in Augsburg. Die Auftragslage ist ausgezeichnet. Rein rechnerisch sind die Fabriken bis zu zehn Jahre ausgelastet.
Was beim A380 schief lief
- Der Hammer fällt: Das letzte Exemplar des A380 soll 2021 ausgeliefert werden. Bis Ende Januar hat Airbus 234 Riesenflieger ausgeliefert. Bestellt waren einmal 313 Flugzeuge des Typs, wobei der größte Abnehmer Emirates seine Aufträge um 39 Maschinen reduziert hat. Anfangs hatte Airbus mit einem Verkauf von 400 bis 500 Maschinen gerechnet. Zum Vergleich: Der Jumbo von Boeing wurde seit 1969 mehr als 1500-mal gebaut.
- Die falschen Annahmen: Als man Mitte der 90er-Jahre beschloss, den A380 zu bauen, ging man von folgender Überlegung aus: Von sehr großen Flughäfen ("Hubs", sprich: Happ) aus sollte der A380 auf Langstrecke gehen (mehr als 10 000 Kilometer) und viele hundert Fluggäste an einem anderen Hub absetzen. Von dort würden sie mit kleineren Jets weiterkommen.
- Wie es dann kam: Zwar gibt es große Hubs wie Frankfurt/Main oder Zürich-Kloten. Aber inzwischen können auch viel kleinere zweistrahlige Jets (etwa der A330) praktisch nonstop um die halbe Welt fliegen. Sie sind gut ausgelastet und bringen die Passagiere genau und ohne Umstieg an einem Hub an den Zielflughafen. Zudem verbrauchen sie mit zwei Triebwerken weniger Sprit. Die neuesten Turbinen (etwa beim A350) sind auch deutlich sparsamer als die des A380.
- Wozu es nie kam: Eine Lang-Version des A380 wurde nie gebaut. Diese hatte 1000 Passagiere von Mega-Cityx zu Mega-City befördern können. Die Tragflächen des Normal-A380 waren an diese Version im voraus angepasst. Daher sind sie für die Normal-Version zu schwer, was den Spritverbrauch zusätzlich nach oben treibt.
- Rekorde, die bleiben: Der A380 ist mit 24 Metern so hoch wie ein achtstöckiges Haus. Jeder Flügel ist 845 Quadratmeter groß und böte 70 Autos einen Parkplatz. Beim Start wiegt der Riesenvogel bis zu 560 Tonnen, so viel wie 112 afrikanische Elefanten. Vier Triebwerke hieven ihn mit der Kraft von 2500 Mittelklasse-Limousinen in den Himmel. Mit knapp 400 Millionen Euro Listenpreis kostet der Riesenvogel so viel wie 4000 Porsche 911.