Nach ZF plant auch der Luftfahrtkonzern Airbus eine Neugestaltung seiner Betriebsrenten. SÜDKURIER-Informationen zufolge ist das Unternehmen, das in Immenstaad 2270 Mitarbeiter der Airbus-Division Defence and Space beschäftigt, sogar schon einen Schritt weiter als der Automobilzulieferer aus Friedrichshafen. Während bei ZF das Management und der Betriebsrat noch um die Ausgestaltung der künftigen Betriebsrente ringen, liegt bei Airbus ein fertiges Konzept unterschriftsreif auf dem Tisch. Schon nächste Woche könnte es zu einer Einigung kommen.
Einer internen Mitteilung zufolge, die dem SÜDKURIER vorliegt, garantiert Airbus demnach künftig nicht mehr wie bisher eine feste Verzinsung der Beiträge. Vielmehr solle sich die Verzinsung künftig an den Zinsen der Kapitalmärkte orientieren, schreibt Personalchef Lars Immisch in einer E-Mail an die Belegschaft. Als Grund für die Neugestaltung der Betriebsrenten gibt Immisch die "lang anhaltende Niedrigzinsphase und die damit verbundenen bilanziellen Auswirkungen" an. Im Klartext: Aufgrund der Nullzinsen ist das bisherige Betriebsrentenmodell bei Airbus nicht mehr finanzierbar.
Wie ZF auch habe Airbus die bisherige Betriebsvereinbarung zum Jahresende gekündigt, um für ein neues Modell Platz zu schaffen. Mit der Zustimmung des Konzernbetriebsrats in seiner nächsten Sitzung am 12. Dezember sei zu rechnen, heißt es in dem Schreiben weiter.
Orientierung am Kapitalmarkt
Bisher galt bei Airbus der sogenannte "Persönliche Pensions Plan". Demnach zahlt der Arbeitgeber 1,75 Prozent des Bruttolohns auf ein sogenanntes Basiskonto ein. Bei einem Jahresverdienst von 50 000 Euro wären dies 875 Euro. Dieser Betrag wird mit einem Altersfaktor, der eine garantierte Verzinsung von 5,5 Prozent erhält, multipliziert. Je jünger der Arbeitnehmer, desto höher der Altersfaktor. Das Ergebnis ist ein Kapitalbaustein der Betriebsrente.
Zusätzlich kann der Arbeitnehmer auf einem sogenannten Aufbaukonto weiteres Renten-Kapital aufbauen, indem er auf einen Teil seines Bruttogehalts (zum Beispiel auf 50 Euro pro Monat) zugunsten von Versorgungsleistungen verzichtet. Auch diese Beträge werden wie beim Arbeitgeber-Anteil mit einem Altersfaktor multipliziert. Aus dem Arbeitgeber-Anteil und dem Arbeitnehmer-Anteil ergibt sich das Versorgungsguthaben.
Im neuen Modell gibt es statt des Aufbaukontos ein sogenanntes Zusatzkonto. Dieses arbeitet jedoch nicht mit einer Festverzinsung wie bisher. Vielmehr orientiert sich die Verzinsung am Kapitalmarkt. Übergangsweise soll es 2019 noch eine Garantieverzinsung von 5 Prozent (statt bisher 5,5 Prozent) geben. Ab 2020 gilt dann die Kapitalmarktregelung. Angesichts der derzeitigen Niedrigzinsen, die auch bis 2020 nur minimal steigen dürften, ist die Neuregelung eine faktische Rentenkürzung, allerdings von einem sehr hohen Niveau kommend. Theoretisch könnten die Arbeitnehmer eines Tages von der Neuregelung sogar profitieren, wenn die Kapitalmarktzinsen über 5,5 Prozent steigen. Doch dieses Szenario ist – Stand heute – äußerst unrealistisch.
Anwartschaft bleibt erhalten
Alle bisher erworbenen Anwartschaften bleiben erhalten, sodass die heutigen Airbus-Rentner nicht von der Neuregelung betroffen sind. Auch wer bereits am Ende seiner Karriere steht, dürfte nur minimale Abschläge in Kauf nehmen müssen. Für Berufsanfänger und junge Arbeitnehmer dürfte sich die faktische Senkung der Verzinsung allerdings auf dem Rentenkonto bemerkbar machen, zumal der Zinseszinseffekt bei niedrigerer Verzinsung weniger stark ausfällt.
Der Airbus-Betriebsrat zeigte sich auf SÜDKURIER-Nachfrage zurückhaltend. Es gebe bei der Betriebsrente noch Klärungsbedarf, hieß es aus Betriebsratskreisen. Auch für Christian Birkhofer, Betriebsratsvorsitzender Airbus Defence and Space, ist die Kuh noch nicht vom Eis. Er rechne erst Anfang 2019 mit einem Abschluss der Verhandlungen. Erst danach könne er inhaltlich dazu Stellung nehmen. Auch der Airbus-Konzern wollte sich mit Rücksicht auf die laufenden Verhandlungen nicht zu der Vereinbarung äußern.
Derweil hieß es bei ZF aus Betriebsratskreisen, dass man kein Sparpaket bei der Betriebsrente akzeptieren werde. Man strebe ein "wertgleiches" Modell an. Am morgigen Donnerstag verhandeln Arbeitnehmer und Arbeitgeber erneut über die Zukunft der Betriebsrente bei ZF.
Airbus
Airbus ist ein deutsch-französischer Luft- und Raumfahrtkonzern mit Sitz in Toulouse. Das Unternehmen erwirtschaftete zuletzt mit 130 000 Mitarbeitern einen Umsatz von 67 Milliarden Euro und ist damit der Marktführer der europäischen Luftfahrtbranche. (sk)